Die Digitalisierung – ein Auslaufmodell!?

Dies ist ein Gastbeitrag von Toby Martin, Chief Executive Officer bei Extensis

Die Digitalisierung gilt als DIE Herausforderung, der sich die Unternehmen branchenübergreifend stellen müssen. Dabei zeigt sich längst, dass sich viele der hochfliegenden Erwartungen an die Digitalisierung nie erfüllen werden – Digitalisierung um der Digitalisierung willen hat sich überlebt. Gefragt ist ein neuer Blickwinkel.

Der digitale Wandel ist in vollem Gange. Er betrifft alle Branchen und alle Sektoren der Wirtschaft, bietet Chancen für neue Angebote und wirkt sich massiv auf die Arbeitswelt aus – in Deutschland ist, glaubt man einer OECD-Studie, jeder fünfte Arbeitsplatz gefährdet. Angesichts dieser enormen Bedeutung lohnt es sich, sehr genau hinzusehen und den Sinn zu hinterfragen: Was nützt es, Millionen oder gar Milliarden einzelner Daten zu bevorraten, wenn sie sich nicht sinnvoll miteinander verknüpfen lassen, die Rechtslage der Datennutzung immer komplexer wird oder die Suche – zum Beispiel nach einem Foto – viel zu lange dauert?

Verschärfte Rahmenbedingungen

Vor dem Hintergrund deutlich gestiegener gesetzlicher wie gesellschaftlicher Anforderungen zum Schutz persönlicher Daten vor unbefugten Zugriffen oder gar Missbrauch für rechtswidrige Zwecke ist ein Umdenken angesagt. Der Transformationsprozess an sich interessiert niemanden mehr. Heute ist das „Warum?“ gefragt; der Nutzen muss im Zentrum der Überlegungen stehen – also die Frage, welchen Mehrwert die Kunden eines Unternehmens oder das Unternehmen selbst haben, wenn eine neue Technologie – also z. B. eine neue Software – eingeführt wird. Unternehmen sollten sich daher vorab folgende acht Fragen stellen:

  1. Gibt es einen echten Bedarf?
    Messbare Verbesserungen durch die neue Technologie bei ähnlicher Ausgangslage sind ein starkes Argument für deren Einführung.
  2. Verbessern oder verschlechtern sich mit der neuen Technologie bestehende oder neue Geschäftsbeziehungen?
    Die Orientierung an den Kunden- und Partnerbedürfnissen ist für den mittel- und langfristigen Geschäftserfolg wichtiger als die eigene Kostenoptimierung.
  3. Kommt es unter dem Strich zu einer Zeitersparnis – einschließlich der nötigen Einarbeitungszeit für die Mitarbeiter?
    Lassen sich lästige Routineaufgaben stark automatisieren und der Workflow verbessern, lohnt sich eine neue Technologie fast immer. Hier eröffnet sich auch ein wichtiger Einsatzbereich für Künstliche Intelligenz – selbstlernenden Systemen gehört die Zukunft.
  4. Wie robust, fehlertolerant und sicher vor Fehlbedienungen ist die Technologie?
    Wo Menschen tätig sind, passieren Fehler. Wie bei der alten Regel gilt auch hier: „Müll rein, Müll raus“. Wenn also die Annahmen fehlerhaft sind, dann werden die Ergebnisse folgen.
  5. Trägt die Einführung der Technologie zur Compliance bei?
    Rechtsverletzungen können dramatische wirtschaftliche Nachteile nach sich ziehen, die sich mit der richtigen Technologie leicht vermeiden lassen. Beispielsweise schützt der Universal Type Server vor dem unrechtmäßigen Einsatz von Schriften, indem er Schriften und deren Hersteller eindeutig identifiziert. Auch die Rechte der Schriftnutzung lassen sich so zweifelsfrei klären – es macht einen Unterschied, ob Sie eine Schrift an Kunden z. B. gar nicht oder uneingeschränkt weitergeben dürfen, oder Sie diese wenigstens legal in ein Dokument einbetten können.
  6. Lässt sich die Technologie bei Bedarf skalieren?
    Offene Schnittstellen und die Option, Technologien gemeinsam weiterzuentwickeln, sind heute wichtiger denn je – die verwendeten Technologien sollten mit dem Unternehmen mitwachsen können. Wenn dies nicht der Fall ist, sollte dies als ein Schlag gegen die Technologie angesehen werden, da heute vor allem alle Anwendungen neben anderen koexistieren müssen und keine wirklich, völlig eigenständig ist.
  7. Wie sicher ist die Investition auch auf längere Sicht?
    Wer auf Lösungen etablierter, marktführender Firmen setzt, kann eher damit rechnen, dass es diese auch noch in fünf oder zehn Jahren gibt – und zwar auf einem aktuellen Stand der Entwicklung. Ein guter Indikator ist eine starke Community, die eine Technologie begeistert einsetzt, zur Weiterentwicklung beiträgt und sich bei Fragen gegenseitig hilft.
  8. Wie einfach ist die Technologie in der täglichen Anwendung?
    Auch auf Technologie-Entscheidungen lässt sich Ockhams Rasiermesser übertragen – der Erklärungsansatz, der die wenigsten Annahmen erfordert, ist im Zweifel richtig. Andere sprechen vom KISS-Prinzip – „Keep it simple, stupid!“. Lässt sich beispielsweise eine Software intuitiv bedienen, oder erst nach langer Einarbeitungszeit? Je schneller eine Technologie produktiv eingesetzt werden kann, desto größer ist die Rentabilität der Investitionen in Zeit, Ausbildung, Ausstattung und Personal.

Wer als Unternehmen alle oder die meisten dieser Fragen mit einem „Ja“ beantworten kann, sollte die in Betracht gezogene Technologie zügig einführen – wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

Organisationen und Unternehmen in der EU haben ohnehin seit der Einführung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) keine Wahl: Die DSGVO schreibt insbesondere umfassende Auskunftspflichten und den Schutz personenbezogener Daten nach dem Stand der Technik vor unbefugten Zugriffen vor. Viele der Vorgaben sind – genau betrachtet – nicht neu. Neu ist, dass bei Verstößen saftige Sanktionen drohen. Dadurch zwingt der Gesetzgeber dazu, sich eine leistungsfähige Technologie zu leisten, mit der sich auf einfache Weise feststellen lässt, über welche personenbezogenen Daten diese verfügen – sei es in Datenbanken, Präsentationen, Fotos, Videos und vielem mehr. In der Praxis kommt damit kein größeres Unternehmen mehr an einer Asset-Management-Lösung vorbei.

Die Digitalisierung alten Stils ist tot – es lebe die Digitalisierung 4.0!

Über den Autor

Toby Martin ist seit August 2019 der Chief Executive Officer von Extensis. Die Softwarefirma mit Hauptsitz in Portland, Oregon, zählt zu den Marktführern von Asset Management-Lösungen und ist einer der führenden Anbieter von Schriftverwaltungs-Software.

Weitere Informationen unter:
www.extensis.com