Deutsche IT-Unternehmen in China: So gelingt die Standortgründung

Peter Wohlfahrth, Geschäftsführer von Theobald Software, schreibt über die Herangehensweise, wie deutsche IT-Unternehmen die Chancen auf Erfolg in China „Fuß zu fassen“ enorm steigern können. Man sollte nur drei einfache Grundsätze beherzigen.

In China herrschen andere kulturelle und wirtschaftliche Rahmenbedingungen als in Deutschland. Das kann zu Missverständnissen und generell einer ineffektiven Kommunikation führen. Ein gutes Verständnis des Gegenübers und der Strukturen vor Ort ist notwendig für eine erfolgreiche Unternehmensgründung.

Im März 2021 hat der chinesische Nationalkongress seinen 14. Fünfjahresplan veröffentlicht, der als Leitfaden zur wirtschaftlichen Entwicklung dient. Demnach ist China fest entschlossen, in die vordersten Reihen der innovativsten Länder aufzusteigen und seine Abhängigkeit von ausländischer Technologie und Nachfrage zu reduzieren. Die neuen Richtlinien werden es ausländischen Firmen also schwerer machen, in China Fuß zu fassen. Dementsprechend wird es für deutsche IT- Unternehmen künftig noch wichtiger, sich mit den kulturellen und geschäftlichen Gepflogenheiten der Chinesen auseinanderzusetzen, damit sie zu der Gruppe ausländischer Unternehmen gehören, die von den Reformen profitieren. Denn die neuen Leitfäden bedeuten keineswegs, dass China auf die technologische Innovationsfähigkeit aus dem Ausland verzichten möchte. Aber ein härterer Konkurrenzkampf um die begehrten Plätze wird kaum vermeidbar sein. Im Falle einer falschen Herangehensweise können sich für Unternehmer bereits früh die Türen verschließen.
Wer jedoch drei einfache Grundsätze beherzigt, steigert seine Chancen auf Erfolg enorm.


Über den Autor

Peter Wohlfarth ist Geschäftsführer von Theobald Software. Wohlfarth blickt auf jahrelange Erfahrung in Vermarktung und Vertrieb von erklärungsbedürftigen Software-Produkten zurück – sowohl auf unternehmerischer Seite als auch in der Zusammenarbeit mit der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Seit 2010 ist er in dieser Funktion für Theobald Software tätig.


 

1. Synergieeffekte durch den richtigen Standort erzeugen

Der Erfolg beginnt bereits bei der Wahl des Standortes. Empfehlenswert sind wirtschaftsstarke Regionen, die auf die eigene Branche abgestimmt sind, da in diesen auch mehr potenzielle Kunden anzutreffen sind und ihr Prestige auf das zunächst unbekannte Unternehmen abfärbt. Die Wirtschaftszentren Shanghai, Peking oder Guangdong bieten mit ihren Industrieparks eine Infrastruktur, in der sich bereits zahlreiche deutsche und westliche Firmen angesiedelt haben. Die daraus entstehenden Synergieeffekte sind für Firmen zusätzlich attraktiv. Durch das Zusammenwirken unterschiedlichen Knowhows können nationale wie internationale  Unternehmen profitieren. Eine WinWinSituation für alle Parteien.

2. Auf lokale Partner und Angestellte setzen

Eine Herausforderung bildet die teils schwer durchschaubare chinesische Verwaltung. Daher ist ein kompetenter Partner vor Ort unerlässlich, der bei den bürokratischen Herausforderungen hilft.Dieser sollte nicht nur bei der Standortgründung zur Seite stehen, sondern auch in der Zeit danach, da administrative Aufgaben wie zum Beispiel Behördenkommunikation oder Jahresabschlüsse komplexe Anforderungen erfüllen müssen.

Darüber hinaus ist kompetentes einheimisches Personal hilfreich, da die chinesische Kultur und ihre Arbeitswelt sich fundamental von der deutschen unterscheiden. Die richtigen Mitarbeiter können sowohl sprachlich als auch kulturell eine Brückenfunktion im Unternehmen wahrnehmen und Konflikten oder Misskommunikationen zuvorkommen. Zudem steigern sie das Image eines ausländischen Unternehmens, da in China heimische Waren, Dienstleistungen und Angestellte gerne gesehen sind.

Wer sich einen weiteren Vorteil verschaffen möchte, sollte sich ein wenig mit der chinesischen Sprache und Kultur befassen. In geschäftlichen oder sozialen Situationen können bereits einige chinesische Redewendungen Wohlwollen beim Gegenüber auslösen. Des Weiteren profitiert ein Markenname davon, wenn Chinesen ihn leicht aussprechen und erinnern können. Hierfür sollten Unternehmer die Hilfe von spezialisierten Agenturen suchen, die die Marke optimal übersetzen. Ein guter, konfliktfreier Name bietet nicht nur einen Wiedererkennungswert, sondern bringt auch Sympathiepunkte bei Partnern und Kunden. Bei einer inhaltlichen Übersetzung entspricht der chinesische Markenname der ursprünglichen Bedeutung des Originals. Im Falle einer phonetischen reiht man chinesische Silben so aneinander, dass sie ausgesprochen so ähnlich klingen wie das Original. Wichtig ist dabei aber, dass der neue chinesische Name in seinen Einzelsilben positiv wahrgenommen wird.

Theobald Software, spezialisiert auf die automatisierte Integration von SAP-Daten per Schnittstelle, ist seit Jahren in China etabliert und hat die anfänglichen Herausforderungen der Standortgründung ebenfalls durchlaufen. Bei der Übersetzung des Markennamens hat die Firma eine phonetische Übersetzung gewählt. Ausgesprochen klingt der chinesische Name ähnlich wie der deutsch ausgesprochene Originalname und die drei einzelnen Schriftzeichen (德易普) haben eine positive Bedeutung: Deutschland/Tugend, einfach/Einfachheit, verbreitet/populär.

3. Geschäftsbeziehungen durch respektvolles Verhalten fördern

Zahlreiche Business-Knigge zu China zeigen: In China gelten andere Normen für angemessenes Verhalten. Unternehmer müssen natürlich nicht alle Umgangsformen der dortigen Kultur beherrschen, jedoch führt eine grundsätzliche Vertrautheit mit den chinesischen Gepflogenheiten zu einem besseren Verhältnis mit Partnern und Kunden. Vollkommene Unkenntnis oder Nichtbeachtung erzeugen bei Chinesen den Eindruck von Respektlosigkeit. Beispielsweise gilt in Deutschland der Augenkontakt als Zeichen von Interesse und Aufrichtigkeit, in China hingegen sollte solch ein längererBlick möglichst vermieden werden, da dies schnell als Provokation verstanden wird. Ähnlich verhält es sich mit der Gestik. Umarmungen und manchmal sogar Küsse sind hierzulande – zumindest außerhalb von Pandemiezeiten – Merkmale einer guten Freundschaft oder eines nahen Verhältnisses. Chinesen hingegen werten gerade das Vermeiden von körperlichem Kontakt als ein Zeichen von Höflichkeit und Respekt gegenüber dem anderen.

Für chinesische Geschäftsleute haben persönliche Beziehungen und Termine einen hohen Stellenwert. Diese entstehen in der Regel bei einem Kaffee mit viel Smalltalk und dem Austausch von Visitenkarten. Zu beachten ist hier, dass, anders als in Deutschland, im chinesischen der Nachname an vorderster Stelle steht und darauf der Vorname folgt. Auf der Rückseite steht der Name gewöhnlich nochmal in englischer Sprache und dieser wiederum in der im Westen üblichen Reihenfolge. Unternehmer sollten darauf achten, die Visitenkarte mit beiden Händen entgegenzunehmen und die Karte aufmerksam zu studieren. Ein Überspringen des Lesens der Karte oder das Einstecken in die Gesäßtasche gelten in der chinesischen Kultur als beleidigend und können die Chancen auf erfolgreiche Geschäfte reduzieren. Der Smalltalk sollte zudem keine geschäftlichen oder beruflichen Bezüge haben, da diese das harmonische Miteinander stören können. Anstelle dessen werden andere Themen wie Freizeitbeschäftigungen oder persönliche Interessen als angenehmer empfunden. Derartige Meetings zielen in erster Linie nicht auf das gemeinsame Business, sondern dienen dem Aufbau von Beziehungen zwischen den Teilnehmern – in China eine Mindestvoraussetzung für erfolgreiche Geschäftspartnerschaften.

Kundenzufriedenheit als höchstes Ziel

Bei allen Unterschieden sind zwei Eigenschaften in China genauso unabdingbar wie anderswo: Demut und das Streben nach Kundenerfolg. Unternehmen müssen sich vor Augen halten, dass der Markt im Zweifel nicht auf genau sie gewartet hat. Konkurrierende Hersteller sowie eine andere Einstellung des Marktes führen dazu, dass trotz eines besseren Produktes die Geschäfte nicht immer gemäß den Erwartungen verlaufen. Ein ständiges Hinterfragen der eigenen Strategie hilft nicht nur, den Markt besser zu verstehen, sondern auch das eigene Produkt an die Nachfrage anzupassen. So ziehen erfolgreiche Kunden weitere an und das erhöht die Chance, sich auf dem Markt zu etablieren.


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