Atom und Erdgas: Eine Änderung der Taxonomie ist wahrscheinlich
Maren Schmitz kommentiert die aktuellen Bestrebungen der EU-Taxonomie in Bezug auf Nachhaltige Geldanlagen
Mit der EU-Taxonomie sollen Kapitalströme in nachhaltige Investitionen umgelenkt werden, was für „grüne“ Technologien ein Geldregen, für „braune“ Unternehmen dagegen die finanzielle Trockenlegung bedeuten würde. Mehr sogar: Laut EU-Aktionsplan könnte nicht-nachhaltigen Finanzprodukten in Zukunft nicht nur der Geldhahn zugedreht, sondern könnten ihnen auch finanzielle Sanktionen auferlegt werden. Nur verständlich, dass sich Frankreich um seine Kernkraftwerke und Deutschland um seine Erdgas-Verstromung sorgt, mit denen beide Länder jeweils den Brückenschlag in eine klimaneutrale Zukunft schaffen wollen. Und auch andere EU-Staaten sind auf die derzeit so umstrittenen Energieträger angewiesen, um ihre Klimabilanzen kurzfristig aufzubessern. Eine Ablehnung des neuen Taxonomie-Entwurfs, für den es die Unterstützung von etwa 20 Mitgliedsstaaten bräuchte, scheint deshalb unwahrscheinlich.
Wie die Finanzmärkte auf eine solche Ausweitung des „grünen“ EU-Labels reagieren würden, ist noch unklar. Sicher ist dagegen, dass ein „grünes“ Label allein nicht ausreicht, um über die Schwächen der beiden Technologien hinwegzutäuschen. So sind Kernkraftwerke schon heute der mit Abstand teuerste Energieträger und könnten ohne staatliche Subventionen und Unterstützung bei der Atommüllentsorgung kaum mehr am Markt bestehen. Zumindest nicht, wenn es um den Ausbau neuer Kapazitäten geht. Gleiches gilt für die Verstromung von Erdgas, die angesichts eines steigenden CO2-Preises ebenfalls ein stark risikobehaftetes Investment darstellt.
Für Anleger dürften Investitionen in Erneuerbare, die in den vergangenen zehn Jahren eine historische Kostendegression durchlaufen haben, also auch mit der Umwidmung die attraktivste Option darstellen, wenngleich das ESG-Label dafür sorgen würde, dass EU-Sanktionen bei Erdgas- und Atom-Investitionen auch in Zukunft ausbleiben. Das wiederum dürfte dazu führen, dass die Abwanderung von Kapital aus diesem Sektor sich zumindest verlangsamt und der Handlungsdruck im Change-Prozess für investierte Anleger deutlich abnimmt. Ein Effekt, der dem Gesetzeszweck der EU-Taxonomie eigentlich entgegensteht. Allerdings könnte genau hier auch eine Chance liegen, da „braune“ Unternehmen den Weg Richtung Dekarbonisierung nur mit einer finanziellen Unterstützung werden antreten können. Davon unabhängig ist allerdings auch klar: Wird das Label auf Kernkraft und Erdgas ausgeweitet, leidet die Glaubwürdigkeit am Markt.
Maren Schmitz ist Partnerin bei KPMG und leitet in Financial Service den Consulting Bereich für Banking, Asset Management und Real Estate in Deutschland. Sie ist Expertin für „Sustainable Finance“, „digital Assets“ und „digitale Transformation“ und bringt langjährige Expertise in der Prozessoptimierung mit. Mit Ihrer Future of Asset-Management- Story teilt sie nicht nur Ihre Vision von der Branche, sondern manifestiert auch ein klares Statement: „Zukunft gestalten!“