Die Revolution des Kaufens
Die zunehmende Vernetzung und der Vormarsch internetfähiger Geräte verändert nicht nur die technische Ausstattung des täglichen Lebens. Mit dem Komfort, der sich durch vernetzte Geräte etabliert hat, ist auch eine neue Mentalität bei Verbrauchern entstanden, die ihre Erwartungshaltung an Services und Produkte verändert hat. Für Unternehmen kristallisiert sich daher seit einiger Zeit ein neues Geschäftsmodell heraus – die Subscription Economy. Frank Unger, VP Sales DACH von Zuora erklärt den Wandel.
Im Jahr 2000 erhielt der Videoverleih-Gigant Blockbuster Video das Angebot, den damaligen Online-DVD-Verleiher Netflix für 50 Millionen Dollar zu kaufen. CEO John Antioco schlug das Angebot aus, da es sich nur um einen „Nischenmarkt“ handelte. Der weitere Verlauf ist bekannt: Während Blockbuster nach und nach sämtliche Filialen schließen musste, entwickelte sich Netflix zum Video-On-Demand-Vorreiter.
Da Netflix damals noch durchgehend Verluste machte, war die damalige Entscheidung vom wirtschaftlichen Standpunkt aus sinnvoll. Allerdings ist es eines der markantesten Beispiele, was Unternehmen blüht, die die Zeichen der Zeit nicht erkennen und durch ein Festhalten an veralteten Geschäftsmodellen zugrunde gehen. Ähnlich erfolgreich gestaltet der Sport-Streaming-Dienst DAZN sein Geschäft. Sie profitieren davon, keine Produkte mehr anzubieten, sondern diese als Service zur Verfügung zu stellen und machen sich die datengetriebenen Einblicke zunutze, die während der Nutzung kreiert werden.
Das neue Konsumverhalten
Mit der fortschreitenden Vernetzung hat sich auch ein Wandel im Konsumverhalten eingesetzt. Nutzer kaufen keine Filme mehr, sondern streamen. Statt sich Autos zu kaufen, buchen Sie per App einen Uber-Fahrer oder nutzen eines der zahlreichen Car-Sharing-Angebote. Andere lassen sich regelmäßig Öko-Kisten nach Hause liefern, um selbst weniger einkaufen zu müssen. Der Grund liegt auf der Hand: Es ist schlicht und einfach angenehmer. Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass die „Customer Experience“ darüber entscheidet, welche Angebote sich bei Verbrauchern durchsetzen. Wo eine App reicht, um zum Ziel zu kommen, sparen sie sich gerne den Weg zu einem Händler, um etwas zu kaufen.
Für Unternehmen bedeutet das, ihre Kunden stärker binden und besser verstehen zu müssen, um ihnen die bestmöglichen Services anbieten zu können. Im Zuge dessen verändert sich auch das Geschäftsmodell. Der rein produktzentrierte Ansatz aus der Industrialisierung sieht vor, ein Produkt zu entwickeln und so viele identische Einheiten wie möglich davon zu verkaufen. Informationen zum Nutzungsverhalten oder zur Kundenzufriedenheit erhält man nur anhand der Verkaufszahlen. Die heutigen technischen Möglichkeiten machen es jedoch möglich, anhand der unzähligen Nutzungsdaten, ein detailliertes Bild davon zu erhalten, was den Nutzern gefällt und ihr Angebot dementsprechend auszurichten. Daher muss der Fokus darauf liegen, Kunden langfristig zu binden. So können Anbieter deren Präferenzen lernen und basierend auf dem Nutzerverhalten ihr Angebot und dadurch die Nutzererfahrung laufend verbessern.
Abonnement statt Besitz
Eine Abkehr vom traditionellen Kaufmodell hin zu einem Abonnement-Modell zur Stärkung der Kundenbindung bedeutet, seine Produkte nicht mehr zu verkaufen, sondern vielmehr als Service bereitzustellen. Indem Unternehmen Produkte nicht aus der Hand geben, sind sie in der Lage, deren Nutzungsdaten auszuwerten, um diese für sich zu nutzen und näher am Kunden zu operieren.
Wo bisher die physischen Objekte im Zentrum der Aufmerksamkeit standen, sind Anbieter nun in der Lage, den Kunden in den Mittelpunkt zu rücken. Indem sie ihre Produkte in Services verwandeln, die sich an das Nutzerverhalten anpassen und dadurch lernen, sind sie erst in der Lage, wirklich personalisierte Angebote bereitzustellen.
In den USA ist die Subscription Economy bereits als fester Bestandteil der Wirtschaft etabliert. Allein im E-Commerce wuchsen Subscription-Modelle in den letzten fünf Jahren jedes Jahr um 100 Prozent und steigerten den Umsatz seit 2011 von 57 Millionen auf 2,6 Milliarden im Jahr 2016.
Hierzulande nimmt dieses Geschäftsmodell gerade erst Fahrt auf. Der Versandhändler Otto bietet beispielsweise mit Otto Now ein Mietmodell an und Volvo hat mit Care by Volvo ein Abonnement-Modell im Angebot, das Autofahrer durch ein All-inclusive-Paket mit monatlicher Rate überzeugen will. Der schwedische Hersteller geht sogar davon aus, dass dieses Angebot bald sogar ein Fünftel des Gesamtumsatzes ausmachen wird. Auch andere Automobilhersteller testen bereits Mobility-as-a-Service (MaaS)-Angebote unterschiedlicher Art: Ford beispielsweise hat mit seinem Chariot-Angebot einen Shuttle-Service gestartet, der nach monatlicher Gebühr oder „pay-as-you-go“-Prinzip abrechnet. Auf diese Weise kommt der Nutzer regelmäßig von A nach B, ohne sich ein Auto kaufen zu müssen. Gleichzeitig bleibt er der Marke langfristig erhalten. Zudem fällt der Transport wesentlich komfortabler aus und das Modell beugt bei größerer Adoption Staus vor – aufgrund der großen urbanen Bevölkerungsdichte ein nicht zu unterschätzender Faktor.
Abonnement-basierte Geschäftsmodelle gehen heute weit über die ursprünglichen Bereiche heraus: Im industriellen Umfeld ist es für Kunden wesentlich effizienter, schwere Maschinen nutzungsbasiert vom Hersteller zu mieten (beispielsweise ein Traktor, der nach der Größe der bearbeiteten Fläche abgerechnet wird), als sie für hohe Beträge zu kaufen und sie zeitweise ruhen zu lassen. Anbieter von Haushaltswaren können intelligente Thermostate und Glühbirnen auf Abonnement-Basis für das Smart Home anbieten und ihren Kunden somit die neuesten Upgrades zugänglich machen. Das Internet der Dinge ermöglicht die Vernetzung ganzer Städte, wodurch sich im Bereich Mobilität, Nahverkehr, Energie und Verwaltung neue Informations-Hubs auftun. Subscription-Modelle bieten das intelligente Rahmenwerk für die permanente Interaktion zwischen Stadtbewohnern und der sie umgebenden Technologie, die zu einem nachhaltigeren Leben in der Stadt beitragen. So bieten große Energiekonzerne beispielsweise schon Abonnement-Modelle für einen „smarten“ Energieverbauch an.
Selbst der klassische Einzelhandel profitiert von Subscription-Modellen. Verbraucher legen heutzutage immer mehr Wert auf Erlebnisse anstatt dem Eigentum der Produkte selbst. Sie möchten selbst entscheiden zu welchen Bedingungen sie Produkte und Dienstleistungen abrufen und zwar ungebunden von Geschäftsstandorten oder Öffnungszeiten. Die digitale Vernetzung unserer Welt macht all dies möglich. Durch Abonnement-basierte Geschäftsmodelle kann der Einzelhandel Kundenverhalten besser verstehen und den Service kontinuierlich auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden anpassen. Dadurch werden aus Gelegenheitskunden Stammkunden. Ein weiterer Vorteil ist zudem eine besser planbarere Finanzierung. Anstatt zu hoffen, dass eine gewisse Stückzahl an Einheiten verkauft wird, können Anbieter mit fortlaufenden Zahlungen der Kunden rechnen.
Kunden hingegen profitieren nicht nur von den auf sie zugeschnittenen Services. Statt eines einmaligen hohen Betrages müssen sie monatlich einen geringen Betrag aufwenden, was die Finanzierung für sie einfacher macht. Des Weiteren müssen sie sich nicht mit kaputten Produkten herumschlagen und können sich ein Bereitstellungsmodell aussuchen, das ihnen am besten passt.
Fazit: Abonnement gehört die Zukunft
Zeiten ändern sich. Das traditionelle und seit jeher gepflegte Tauschmodell „Geld gegen Ware“ steht kurz vor der Ablösung. In Zeiten unzähliger Angebote für vergleichbare Waren kann die Nutzererfahrung das Zünglein an der Waage sein, welcher Marke Verbraucher ihr Vertrauen schenken. Anbieter sind darauf angewiesen, noch näher am Kunden zu operieren und genau zu wissen, wie ihre Produkte ankommen. Die Vernetzung sämtlicher Geräte spielt ihnen dabei in die Hände und gibt ihnen Zugang zu wichtigen Daten, die sie zur Analyse heranziehen können. Dazu sind sie allerdings darauf angewiesen, ihr Geschäftsmodell zu überdenken. Denn wer nicht den Kunden ins Zentrum seines Geschäfts rückt, wird erst merken, dass dieser unzufrieden ist, wenn er weg ist.
Weitere Informationen unter:
www.zuora.com
Über den Autor:
Frank Unger ist seit dem 01.Mai 2017 Vice President für die DACH Region bei der Zuora Inc. Er verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung im IT Vertrieb und hatte dabei die Vertriebsverantwortung in unterschiedlichen Rollen bei Unternehmen wie Parametric Technology, Documentum/EMC oder Salesforce.