Online Werbung als potentielles Verlustgeschäft

Daniela Jochim und Emily Sullivan erläutern, wie Marken ihre Werte auch im Zusammenhang mit Online-Werbung schützen können

Brand Safety ist das Thema, welches Marketingabteilungen seit Ewigkeiten beschäftigt. Marken sind Vermögenswerte und müssen als solche – genau wie Bar- und Anlagevermögen – vor betrügerischen Handlungen geschützt werden. Dass uns das Internet in diesem Bereich eine schier unendliche Anzahl an Türen geöffnet hat, erscheint in diesem Zusammenhang eher Fluch als Segen. Oft wird die (scheinbare) Anonymität des Internets genutzt, um sich mit unlauteren Mitteln Wettbewerbsvorteile zu verschaffen und Wettbewerbern zu schaden.

Es ist daher unverzichtbar, sich gegen betrügerische Methoden des Werbebetrugs („Ad-Fraud“) zu wappnen, damit die eigenen Marken nicht an Marketingkraft verlieren.

I. Beliebte Formen des Werbebetrugs

Viele Unternehmen werben inzwischen überwiegend (oder sogar ausschließlich) online. Eine vielverwendete Form der Onlinewerbung ist die Pay-per-click-Werbung. Webseitenbetreiber (wie u. a. Google) bieten bestimmte Bereiche auf ihrer Homepage für Werbung an. Werbende können sich virtuelle Anzeigenplätze im Werbebereich der Webseite kaufen. Pro Klick auf die Anzeige wird dann eine Gebühr für den Seitenbetreiber fällig. Wer bereit ist, einen höheren Preis für jeden Klick zu zahlen, erscheint dafür an einer prominenteren Stelle im Anzeigenbereich. Zur Kostenkontrolle können Grenzwerte festgelegt werden, wie Budgets für bestimmte Zeitabschnitte oder Schlüsselwörter.

Diese Form der Online-Werbung birgt jedoch erhebliches Betrugspotential.

Um Werbetreibende zu schädigen oder um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen, klicken Schädiger mehrmals – oft mehrere hunderte Male – auf Werbeanzeigen. Dieser Klick-Betrug geschieht entweder manuell oder mithilfe eines sogenannten Bots. So entstehen hohe Werbekosten, ohne dass die Werbung jemals einen potenziellen Kunden erreicht. Obwohl die Schaltung der Werbung für den Werbetreibenden so völlig sinnlos wird, fließen die vereinbarten Klick-Kosten dennoch an den Webseitenbetreiber. Je nach Einstellung kann dies dazu führen, dass das von vornherein festgesetzte Werbebudget vollständig aufgebraucht und die Werbung dann insgesamt abgeschaltet wird.

Doch damit nicht genug. Neben dem Klick-Betrug existieren noch diverse andere Formen des Werbebetrugs, beispielsweise der Anzeigenbetrug. Bei dieser Form des Betruges veröffentlicht der Schädiger eine Internetseite, in der Regel gespickt mit Keywords, welche von dem Algorithmus der Suchmaschinen als gut bewertet werden. Aufgrund der guten Bewertung des Algorithmus erscheint diese Seite dann sehr weit oben in den Suchergebnissen. Bietet der Betreiber dieser Webseite nun seinerseits einen Werbeplatz auf dieser Seite an, kann er hierfür auch entsprechendes Geld verlangen. Echte Besucher wird diese Lockvogelseite aber nie haben, sodass die Werbung nie wirklich „an den Mann kommt“.

Eine andere gängige Methode des Werbebetrugs ist das Domain Spoofing. Hier trifft der Schädiger Maßnahmen, wodurch es so aussieht, als ob er ein renommierter Webseitenbetreiber wäre. So gelingt es, höhere Provisionen zu vereinbaren, ohne dass die Anzeige den gewollten Kundenkreis tatsächlich erreicht.

Letztlich sind auch diverse Methoden zum Fälschen des Zählsystems der Klicks – wie Ad Stacking oder Pixel Stuffing – sehr beliebt. Schädiger erstellen wie beim Anzeigenbetrug Webseiten und verkaufen hierauf Werbeflächen. Für jeden Klick wird dann abgerechnet. Viele verschiedene Werbeanzeigen diverser Werbender werden jedoch übereinandergestapelt bzw. die Werbung wird nur mit einer Größe von 1×1 Pixel geschaltet. So wird für jeden Nutzer, der die Seite aufruft oder auf die Anzeige klickt, abgerechnet, unabhängig davon, ob er die Werbung tatsächlich wahrnehmen konnte oder nicht.

II. Rechtliche Beurteilung von Werbebetrug

Ob die oben erläuterten Verhaltensweisen im Einzelfall ein rechtlich relevantes Verhalten darstellen, muss je nach Konstellation geprüft werden. Denn obwohl dieses Verhalten umgangssprachlich als „Betrug“ betitelt wird, liegt aus juristischer Sicht nicht zwingend ein Betrug vor. Strafrechtlich relevante Tatbestände, die hier in Frage kommen, sind insbesondere der Betrug (§ 263 StGB) und der Computerbetrug (§ 263a StGB). Aus strafrechtlicher Sicht liegt ein Betrug vor, wenn jemand in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen durch Vorspiegelung falscher Tatsachen schädigt.

Für Klick-Betrug wurde der Betrugstatbestand in einem Gerichtsverfahren bereits bejaht. In der Regel wird der Werbende für jeden, von „echten“ Nutzern durchgeführten Klick zu einer Vermögensverfügung verpflichtet. Indem der Schädiger vortäuscht, ein „echter“ Nutzer zu sein, täuscht er den Werbenden und verleitet ihn damit zu einer Vermögensverfügung. Dies stellt Betrug (oder, je nach Konstellation, Computerbetrug) im Sinne des Strafrechts dar, der mit Geldstrafe oder sogar Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren geahndet werden kann (vgl. LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 10.01.2005, Az. 12 O 294/04).

Werbebetrug in seinen verschiedenen Formen stellt darüber hinaus auch ein wettbewerbswidriges Verhalten dar. Indem systematisch die Werbeanzeigen von Mitbewerbern geklickt werden, liegt eine gezielte Schädigung und Behinderung des Mitbewerbers vor (§§ 3, 4 Nr. 4 UWG). Dieses Verhalten ist rechtswidrig und führt sowohl zu Unterlassungs- als auch zu Schadensersatzansprüchen des geschädigten Werbetreibenden (vgl. Beschluss des LG Hamburg vom 09.11.2009, 312 O 971/09).

Selbst wenn man im einen oder anderen Fall aus rein rechtlicher Betrachtung zu dem Ergebnis kommt, dass z.B. ein strafrechtlicher Tatbestand erfüllt ist, heißt dies noch lange nicht, dass der Täter auch zur Verantwortung gezogen werden kann. Obwohl den Geschädigten des Werbebetrugs oft hohe Schäden entstehen, heißt hier „Recht haben“ noch lange nicht „Recht bekommen“. In der Regel wird es nicht gelingen, den Urheber der Klicks ausfindig zu machen. Kann man den Schädiger z.B. mittels IP-Adresse tatsächlich einmal aufspüren, so sitzt er meist nicht in Deutschland, so dass sich eine gerichtliche Durchsetzung wirtschaftlich kaum lohnt.

III. Online-Werbung proaktiv gegen Betrug schützen

Da sich eine Rechtsverfolgung oft schwierig gestaltet, ist es umso wichtiger, vorbeugende Maßnahmen zu treffen, um seine Online-Werbung gegen betrügerisches Verhalten abzusichern.

Beispielsweise kann dies durch spezielle Software erfolgen. Software gegen Klickbetrug erkennt von einer bestimmten IP-Adresse stammende wiederholte Klicks auf eine Werbeanzeige und sperrt diese. Die Software verhindert damit weitestgehend automatisch eine auffällige Überzahl an Klicks. Bestimmte Skripts wie ads.txt können zudem andere Betrugsvarianten wie Domain Spoofing erschweren und verhindern, dass Käufer über die Domain getäuscht werden, auf der sie sich befinden.

Auch durch geschickte Vertragsgestaltung mit Anbietern von Onlinewerbung können die Risiken von Werbebetrug verringert werden. Beispielsweise kann mit dem Werbeprovider eine Vereinbarung über die für die Vergütung anzuwendende Metrik getroffen werden. Statt sich auf Klicks auf eine Werbeanzeige zu beziehen, können als Metrik auch sog. „Conversions“ – also Käufe oder längere Webseitenaufenthalte – gewählt werden, sodass ein einfaches Klicken auf die Anzeige nicht mehr ausreicht.

IV. Ausblick und Fazit

Die Bedeutung des Themas Werbebetrug wächst weiter, genauso wie der Werbemarkt im Internet. Manche Länder, wie Indien oder die USA haben bereits speziell gemünzte Gesetze gegen die verschiedenen Facetten des Werbebetrugs erlassen. In Deutschland sind solche Gesetzesvorhaben hingegen bislang nicht in Sicht.

Unabhängig von der jeweiligen Rechtsgrundlage bleibt das eigentliche Problem einer Verfolgung der Verstöße die effektive Rechtsdurchsetzung. Diese bleibt aufgrund der Anonymität des Internets schwierig. In der Praxis sollte daher präventiv gehandelt und auf eine vorausschauende Vertragsgestaltung sowie technische Lösungen gesetzt werden, um keinen Raum für derartige Schikanen zuzulassen. Diese Möglichkeiten können – mit taktischem Geschick – oft gute Ergebnisse erzielen.

Autorinnen

Daniela Jochim, LL.M.,Rechtsanwältin und Partnerin bei Rödl & Partner ist im Geschäftsbereich Geistiges Eigentum / Informationstechnologie tätig. Sie berät vorwiegend nationale und internationale Unternehmen und unterstützt diese bei der Registrierung und Verteidigung von Schutzrechten auf nationaler und internationaler Ebene. Zudem erstreckt sich ihre Beratungstätigkeit auf vertrags- und haftungsrechtliche Fragestellungen im Vertrieb sowie auf IP-Due Diligence-Prüfungen bei Unternehmenstransaktionen.


Emily Sullivan ist Rechtsanwältin bei Rödl & Partner und im Geschäftsbereich Geistiges Eigentum tätig. Sie berät nationale und internationale Unternehmen und unterstützt diese bei der Registrierung und Verteidigung von Schutzrechten. Ferner unterstützt sie Mandanten bei der Durchsetzung von wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen im In- und Ausland.


Weitere Informationen unter:
https://www.roedl.de/