Neue Skills für neue Technologien

Die TREND-REPORT-Redaktion sprach mit Lorenz Berg, Head of Consulting Germany bei Aon’s Assessment Solutions (eh. cut-e), über den Einfluss der Digitalisierung auf das Recruiting.

„Ganze Geschäftsmodelle werden sich radikal verändern, wovon diverse Jobprofile betroffen sind, die sich stark wandeln bzw. ganz wegfallen“, beschreibt Lorenz Berg den Einfluss der digitalen Transformation auf die Arbeitswelt. Die schnelle Entwicklung führt dazu, dass vorhandene Skills und Fachwissen, insbesondere im technischen Bereich, einer zunehmend geringeren Halbwertszeit zum Opfer fallen werden. Dies hat zur Folge, dass Re- und Up-Skilling-Maßnahmen sowie das lebenslange Lernen massiv an Bedeutung gewinnen werden.

„Zukünftig wird es immer wichtiger, „in einer sich schnell ändernden Umwelt zurechtzukommen“.

Lorenz Berg

„Unternehmen sollten daher bereits im Recruiting darauf achten, dass sie Kandidaten einstellen, die die richtigen Voraussetzungen mitbringen, in einer sich schnell ändernden Umwelt zurechtzukommen“, empfiehlt Berg. Konkret bedeutet dies eine Abkehr vom Fokus auf technische Skills und Fachwissen, die einem schnellen Wan­del unterliegen, hin zu überfachlichen Fähigkeiten wie Lernbereitschaft, Agilität und Neugier. „Auch der kognitiven Flexibilität und den kognitiven Fähigkeiten kommen in einer Zeit, in der konstantes Lernen immer wichtiger wird, herausragende Bedeutung zu.“

Aon unterstützt Unternehmen bei dieser Neuausrichtung durch faire, objektive und valide Online-Assessment-Verfahren. So wird eine breite Palette an Tests zur kognitiven Leistungsfähigkeit und Flexibilität angeboten. „Aber auch zur Erfassung von Soft Skills wie der ‚Digital Readiness‘ mit den Dimensionen Neugier, Agilität und Lernbereitschaft bieten wir die passenden Verfahren an“, ergänzt Berg. „Und für Unternehmen, die ihre Kandidaten in strukturierten, aber digitalisierten Interviews besser kennenlernen wollen, haben wir mit unserem zeitversetzten Video-Assessment die passende Lösung in unserem Portfolio.“

Notwendige Skills der Zukunft

Im Zuge der aktuellen Ausgabe haben wir Lorenz Berg nach den notwendigen Skills der Zukunft gefragt.
Lesen Sie nachfolgend seine Antworten auf wichtige Fragen der HR:

Herr Berg, welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf das moderne Recruiting?

Die Prozessketten im Recruiting werden zunehmend digitalisiert und, wo (rechtlich) möglich, automatisiert. Hierfür werden Unternehmen ihr Recruiting zunehmend auf Cloud-basierte Lösungen umstellen. Von Bewerbermanagementsystemen über die Einführung von Online und Video Assessments. Durch die technische Integration verschiedener Systeme über Schnittstellen werden die Prozesse sowohl für Recruiter als auch für Bewerbernde zukünftig nahtloser und schneller. Ein weiterer wichtiger Trend, der sich durch den Wandel zum Bewerbermarkt ergibt, ist die Fokussierung vieler Unternehmen auf die Candidate Experience. Diese wird maßgeblich durch schnelle und reibungslose Prozesse, attraktive Benutzeroberflächen (UI/UX Design) sowie die Möglichkeit, im Recruiting-Prozess auch etwas über die Organisation und sich selbst zu lernen, beeinflusst. Damit wird das Recruiting der Zukunft eines auf Augenhöhe sein, das gegenseitige Kennenlernen steht im Fokus.

Wie können mittelständische Unternehmen gewährleisten, dass die richtigen Mitarbeiter an den richtigen Stellen eingesetzt werden, damit digitale Geschäftsmodelle etabliert werden können?

Mittelständische Unternehmen sollten aufgrund der zunehmend geringer werdenden Halbwertzeit von Wissen und technischen Skills, insbesondere im IT Bereich, weniger Wert auf die Erfassung dieser Fertigkeiten im Recruiting legen. Vielmehr sollten sie hingegen darauf achten, Personen einzustellen, die sich in schnell wandelnden Umwelten gut zurechtfinden. Das bedeutet, bereits im Recruiting auf überfachliche Fähigkeiten Wert zu legen. Die Konzepte sind dabei nicht unbedingt neu, erhalten aber immer stärkere Bedeutung: Neugier, Agilität und Lernbereitschaft. Auch der kognitive Flexibilität und den kognitiven Fähigkeiten kommen in einer Zeit, in der konstantes Lernen immer wichtiger wird, eine herausragende Rolle zu. Auch sollten sich mittelständische Unternehmen von tradierten Karrieremodellen verabschieden. Sie sollten Experten- und Führungskarrieren gleichwertig behandeln, cross-funktionale Entwicklungen fördern und unterstützen und Mitarbeiter beständig weiterentwickeln.

Welche Fähigkeiten / Skills sind in Zukunft gefragt? Und wie lassen sich diese im Vorfeld testen?

Überfachliche Fähigkeiten werden zukünftig enorm an Bedeutung gewinnen, da Wissen und Skills eine immer kürzere Halbwertzeit haben. Bei den überfachlichen Fähigkeiten wird es sich um eine Mischung aus „Hard Skills“ und „Soft Skills“ handeln. Von überragender Wichtigkeit werden die kognitiven Fähigkeiten sowie die kognitive Flexibilität sein, da diese die Grundlage guten und schnellen menschlichen Lernens darstellen. Kontinuierliches Lernen ist in der digitalen Welt das Gebot der Stunde. Neben diesem „Hard Skill“ werden auch bestimmte Aspekte der Persönlichkeit wichtiger. Dies sind vor allem die Lernbereitschaft, also die Motivation, sich neues Wissen und neue Skills anzueignen. Auch die Agilität, also die Fähigkeit und die Motivation sich auf neue Bedingungen einzustellen und beständig anzupassen, stellt eine Grundvoraussetzung in der digitalen Welt dar. Zu guter Letzt wird es auch zu einer Renaissance der Neugier kommen. Nur wer neugierig ist, setzt sich proaktiv und mit einer positiven Grundeinstellung mit Innovationen auseinander. Testen kann man diese Skills besonders gut mit validen und reliablen Online Assessments.

Wie können Unternehmen Ihre Talentstrategie im Kontext der digitalen Transformation anpassen?

Unternehmen müssen sich von tradierten Karrierewegen und -modellen verabschieden. Die rein hierarchischen Entwicklungsperspektiven haben längst ausgedient. Unternehmen müssen kreativ flexible Karrierewege und Talentmanagementprozesse definieren. Es geht in der Karriereentwicklung nicht mehr linear zu, sondern zunehmend „chaotisch“. Mitarbeiter wollen und müssen sich zukünftig immer mehr auch cross-funktional entwickeln können. Dies ist ganz im Sinne der zunehmend agilen Arbeitsweisen, in der Silos praktisch keine Rolle mehr spielen. Auch neue Führungsmodelle wie beispielsweise Führung auf Zeit wird sich stärker durchsetzen und an „Stigma“ verlieren. Dies bedeutet, dass Personen eine Führungsaufgabe für begrenzte Zeit übernehmen, dann aber auch ohne Gesichtsverlust wieder in eine Experten- oder Projektfunktion wechseln können. Selbstbestimmte und selbstorganisierte Karriereplanung werdend sich zum Mantra der Talentstrategie in der digitalen Transformation entwickeln.

Wie sollte das Recruiting in Zukunft aussehen, damit diese Leute ausgebildet und gehalten werden können?

Bereits im Recruiting sollte darauf geachtet werden, dass potenzielle Mitarbeit die Fähigkeit und den Willen mitbringen, ständig Neues zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Es geht auch darum, dass Organisationen bereits im Recruiting-Prozess ihre Kultur sichtbar machen und transparent darstellen. Bestandteil jeder modernen Unternehmenskultur sollte die Wert „Lernen“ und „Weiterentwicklung“ sein. Jedoch nicht als leere Worthülsen, sondern untermalt durch entsprechende Strukturen, Prozesse und Angebote der Organisation. Und auch nicht als gutgemeinter Goodie für Mitarbeiter, sondern aus dem Selbstverständnis heraus, dass nur eine lernende Organisation zukunftsfähig ist. Um in einer solchen Kultur florieren zu können, sollten Bewerber vor allem überfachliche Fähigkeiten mitbringen: Kognitive Fähigkeiten und Flexibilität, Neugier, Agilität und Lernbereitschaft. Wer diese Eigenschaften in hohem Maße mitbringt und auf eine Lernkultur trifft, wird florieren und sich auch in einer immer dynamischer werdenden Umwelt zurechtzukommen.

Wie können Sie bei dieser „Neu-Ausrichtung“ des Recruitings helfen?

Wir können Unternehmen bei dieser „Neu-Ausrichtung“ durch faire, objektive und valide Online Assessmentverfahren unterstützen, die ihren Fokus darauf legen, überfachliche Fähigkeiten zu erfassen. So bieten wir eine breite Palette an Tests zur kognitiven Leistungsfähigkeit und Flexibilität an. Im Übrigen der in einer über einhundertjährigen Forschungstradition nachgewiesenermaßen beste Prädiktor der (beruflichen) Lernleistung von Menschen. Aber auch zur Erfassung von Soft Skills wie der „Digital Readiness“ mit den Dimensionen Neugier, Agilität und Lernbereitschaft bieten wir die passenden Verfahren an. Und für Unternehmen, die ihre Kandidaten in strukturierten, aber digitalisierten Interviews besser kennenlernen wollen, haben wir mit unserem zeitversetzten Video Assessment die passende Lösung in unserem Portfolio.

Inwieweit werden die neuen Technologien rund um KI das HR-Management im Unternehmen verändern?

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich KI Technologien auch im HR Management von Unternehmen durchsetzen werden. Alle Prozesse und Aktivitäten, die sich gut automatisieren lassen, werden zukünftig mit hoher Wahrscheinlichkeit auch im HR automatisiert werden. Hierbei spielt KI eine entscheidende Rolle. Sowohl im administrativen HR Management als auch im Recruiting sowie der personalisierten Trainings- und Karriereplanung. Wichtig wird es hier für die HR Abteilungen sein, eigene Kompetenzen aufzubauen, um die angebotenen Lösungen hinsichtlich ihrer Qualität bewerten zu können. Einfach nur KI der KI wegen einzuführen, kann durchaus negative Effekte mit sich bringen. Anbieter sollten ihre Ansätze im Sinne eines „Glassbox-Ansatzes“ transparent darstellen und nachvollziehbar erklären können.

An welchen psychometrischen Forschungsprojekten arbeitet Ihr Haus jüngst?

Automatisierte Auswertung von Asynchronen Video Interviews auf Grundlage von Klassifizierung von Verhaltensindikationen

  • Einfluss von visuellen Hinweisreizen in Interviews auf die Interviewbewertung
  • (Human Bias im Rating von Asynchronen Videointerviews)
  • Impression Management in Interviews, speziell in zeitversetzten Video Interviews
  • (Unterschiede im Human Rating von Asynchronen Video Interviews: Situationsbezogene vs. Hypothetische Fragestellungen)
  • Einflüsse auf das Candidate Engagement bei verschiedenen Assessments, dazu gehören Themen wie Gamification, Design Thinking und Rapid Prototyping
  • Optimale Gestaltung der Candidate Journey
  • Rapid Response Model (RRM) und der Einsatz für Persönlichkeitsfragebögen
  • Auswirkungen von Durchführungen von Assessments auf mobilen Endgeräten
  • Abstrakte Messung des Arbeitsgedächtnisses
  • Net Promoter Score in Recruitment Prozessen und von OAC

…und welchen Stellenwert nimmt der Technologietransfer für Sie ein?

Der zunehmende Trend, auch im HR Prozesse zu digitalisieren, nimmt für uns einen hohen Stellenwert ein. Wir haben uns sehr früh, bereits seit der Unternehmensgründung, auf digitale Lösungen fokussiert und darauf gesetzt, dass der Technologietransfer in Zukunft extrem an Bedeutung gewinnen wird. Das war im Jahr 2002. Heute merken wir, dass wir damals den richtigen Weg eingeschlagen haben. Und zwar sowohl bei unseren Online Assessment Lösungen, mit denen wir unsere Kunden in den Bereichen Personalauswahl und Recruiting, neuerdings aber auch in großen Transformationsprojekten, unterstützen. Aber auch beim Thema 360°-Feedback. Und weil der Technologietransfer einen so hohen Stellenwert für uns einnimmt und sich die digitalen Produktlebenszyklen immer weiter verkürzen, liegt ein wesentlicher Fokus unseres Unternehmens auch auf einem stringenten Innovationsmanagement.

assessment.aon.de

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