Auszug aus dem Marktkommentar von Markus Blaschzok, Chefanalyst der SOLIT Gruppe
Der Goldpreis stieg in der letzten Handelswoche um 0,7 % auf 1.961 US-Dollar an, während der
Silberpreis um 3 % auf 24,40 US-Dollar zulegen konnte, wobei die Silberbullen am Widerstand bei 24,50
US-Dollar scheiterten. Die Goldminenaktien des HUI-Goldminenindex fielen um 1 %, trotz der technischen
Erholung beim Goldpreis.
Der Goldpreis erholte sich am Donnerstag unterstützt durch eine Schwäche des US–Dollars, nachdem die
Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung mit 261 Tsd. anstatt der erwarteten 235 Tsd. auf ein fast
zweijähriges Hoch angestiegen waren. Dieser Anstieg erhöhte die Wahrscheinlichkeit, dass die
US–Notenbank eine Zinspause einlegen wird. Daraufhin fiel der USD-Index im Vergleich zu anderen
wichtigen Währungen, während die Renditen der 10-jährigen US-Staatsanleihen sanken.
Nach einem 3-fach-Top läuft eine Konsolidierung des Goldpreises
Zinsentscheid der US–Notenbank im Fokus
Im Mai erhöhte die US-Notenbank ihren Leitzins zum zehnten Mal in Folge auf ein 16-Jahreshoch
bei 5 %. Am kommenden Mittwochabend wird erneut das Ergebnis des Offenmarktausschusses
veröffentlicht werden und US-Notenbankchef Jerome Powell in der anschließenden Pressekonferenz Rede
und Antwort stehen, worauf sich in dieser Woche der Fokus der Anleger richtet. Es wird allgemein
erwartet, dass die US-Notenbank eine Pause in ihrem aktuellen Zinsanhebungszyklus einlegen wird.
machen, soll eine Zinspause zusätzliche Zeit geben, um die Auswirkungen des Zinsanstieges beobachten
und bewerten zu können.
Kleine Unternehmen fällt es bereits schwer unter den aktuellen Kreditbedingungen Liquidität zu
beschaffen. Neugründungen scheitern unterdessen, da sie weniger oder kein Geld für ihre
Geschäftsideen aufnehmen können. Darüber hinaus steigen die Gefahren für Kreditgeber aus einer sich
aufbauenden Welle potenzieller Zahlungsausfälle, insbesondere in schwierigen Sektoren, wie
beispielsweise Büroimmobilien. Aktuell erwartet der Markt nach den Fed Funds Futures mit einer
Wahrscheinlichkeit von 73 %, dass man den Leitzins unverändert in einer Spanne zwischen
5 % und 5,25 % belassen wird.
Die Märkte scheinen die Gefahr eines weiteren Zinsschrittes im Juli außer Acht zu lassen. Der Short-
Squeeze im Technologiesektor und die Erholung am Standardaktienmarkt bergen daher das Risiko für
einen Rückschlag in den kommenden Monaten. Erst letzten Dienstag hatte die australische Notenbank
ihren Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 4,1 % angehoben und folgend auch die kanadische Notenbank,
die nach einer Pause ihren Leitzins überraschend um 25 Basispunkte auf 4,75 % erhöhte, nachdem die
Inflation im April wieder angestiegen war. Dies hatte den Markt, der von einem Stillhalten der
Notenbanker ausgegangen war, kalt auf dem falschen Fuß erwischt, worunter auch der Goldpreis litt und
am Mittwoch um 30 US–Dollar auf 1.940 US–Dollar einbrach.
Die neuerlichen Zinsschritte in Australien und Kanada zeigten dem Markt, dass selbst nach einer
Zinspause der Fed am Mittwoch, ein weiterer Zinsschritt nicht ausgeschlossen ist. Nach den Fed Funds
Futures erkennt der Markt diese Gefahr und wettet mit einer Wahrscheinlichkeit von aktuell 69 % auf eine
weitere Zinsanhebung am 26. Juli.
Auswirkung des Zinsentscheids auf den Goldpreis
Die Märkte haben eine Zinspause am Mittwoch bereits eingepreist, sodass die Aussagen von US-
Notenbankchef Jerome Powell zur Inflation und der Möglichkeit weiterer Zinsschritte in der Zukunft auf
der anschließenden Pressekonferenz entscheidend sein werden. Eine Zinspause bedeutet nicht
unbedingt, dass die Fed mit ihren Zinsanhebungen am Ende ist, doch ist es ein Hinweis darauf, dass sich
der Zyklus vorerst seinem Ende nähern dürfte.
Viele Anleger sind selbstzufrieden geworden und wetten auf ein schnelleres Ende des Zyklus oder sogar
Zinssenkung. Insbesondere am Goldmarkt sind deutliche Zinssenkungen noch eingepreist, was Gefahren
für eine Preiskorrektur in den nächsten Monaten birgt. Ein gegenteiliger Kommentar von J. Powell auf der
bevorstehenden Sitzung könnte daher kaltes Wasser auf die derzeitig bullische Stimmung gießen.
Auch die guten Wirtschaftsdaten der letzten zwei Monate, die über den Erwartungen lagen, sind in dem
aktuell hohen Goldpreis noch nicht eingepreist. Hält dieses Umfeld diesen Sommer bis in den Herbst an,
so werden es die Goldbullen angesichts haussierender Aktienmärkte schwer haben. Die
Terminmarktdaten für Gold zeigen, dass das Sentiment am Goldmarkt noch immer sehr bullisch
positioniert ist.
Auch die Sorgen um das US–Bankensystem, die die Nachfrage für sichere Anlagen wie Gold angeschoben
hatten, verfliegen zunehmend, womit ein weiterer Grund der vorherigen Rallye des Geldpreises wegfällt,
der noch nicht ausgepreist wurde. Zudem besteht die Gefahr, dass ein persistent hoher PCE–Preisindex
für längerfristig hohe Zinsen oder weitere Zinsanhebungen sorgen könnte, was den Goldpreis
ausbremsen sollte. Kurzfristig gibt es mehr Risiken für den Goldpreis, als dass sich neue Katalysatoren für
eine weitere Rallye erkennen lassen.
Auf Sicht von 6-12 Monaten bin ich hingegen optimistisch für Gold, da die Kreditverknappung und die
schwächeren Verbraucherausgaben das US-Wachstum mittelfristig deutlich beeinträchtigen dürften, was
letztendlich monetäre Stimuli für die US-Wirtschaft nach sich ziehen und folgend den US-Dollar und die
Renditen der Staatsanleihen belasten dürfte. Der Goldpreis dürfte in diesem Szenario im nächsten Jahr
seine bisherigen Allzeithochs weit hinter sich lassen. Ein weiterer Preisrückgang in den nächsten
Monaten bietet daher die Chance für einen günstigen Einstieg am Gold- und Silbermarkt vor einer neuen
Rallye, die man nicht verpassen darf.
Die Mehrheit der bekannten Ökonomen glaubt nicht, dass sich die USA derzeit in einer Rezession
befinden. Die Verbraucherausgaben sind nach wie vor hoch, die Beschäftigung ist noch robust und die
US-Wirtschaft ist bisher nach der offiziellen Lesart nicht geschrumpft. Das BIP-Wachstum im ersten
Quartal betrug 1,3 % und die Prognosen deuten auf ein Wachstum von einem Prozent für das laufende
Quartal hin.
Im Vergleich zur alten Berechnungsmethode für die Teuerung, die man bis 1980 angewandt hat, weisen
der PCE-Preisindex und der CPI-Preisindex die Teuerung viel zu niedrig aus. Deshalb befinden sich die
westlichen Volkswirtschaften längst in einer Rezession, die aufgrund der zu niedrig ausgewiesenen
Geldentwertung als Null- oder Mini-Wachstum verkauft werden kann. Die Vorteile daraus sind bessere
Möglichkeiten der Schuldenaufnahme für die Staaten zu künstlich niedrigen Zinsen, sowie eine
Entschuldung auf Kosten der Sparvermögen der breiten Bevölkerung, während die Reallöhne sinken und
die Wirtschaft wieder wettbewerbsfähiger wird. Trotzdem dürften die Auswirkungen der Zinsanhebungen
irgendwann zu stark sein und sich die Rezession nicht gänzlich verschleiern lassen, weshalb selbst viele
Ökonomen für das Ende des Jahres und für das nächste Jahr mit einer Rezession nach der offiziellen
rechnen. Für den Goldpreis gibt es mittelfristig auf Sicht der nächsten Monate einigen Gegenwind, doch
spätestens im nächsten Jahr werden sich die Aussichten für den Goldpreis wieder deutlich verbessern.