Die Chancen der KI zu nutzen, geht einher mit einer erhöhten Sensitivität für die Risiken der digitalen Welt.

Kunst und Kultur sind weit mehr als nur ein Aushängeschild für Lobbybereiche in Bankentürmen oder Industriekonzernen. Und auch die schiere Gewinnmaximierung mit Kunst als Spekulationsobjekt steht der Idee und den Werten künstlerischen Tuns fundamental entgegen. Geschieht dies, wird Kultur beliebig, stirbt und es beginnt die Barbarei. Setzt man dagegen auf Kunst und Kultur als Plattform für Diskurs und Impulse, kann eine Gesellschaft nur gewinnen.

Ein Beispiel lieferte jüngst ein philosophischer Brunch zum Thema „Robotic und Künstliche Intelligenz (KI)“. Eingeladen hatte die Stadt Ostfildern. In den Räumen des Stadthauses fanden sich die Schriftstellerin Thea Dorn sowie die Medien- und Technikphilosophin Janina Loh ein. Beide diskutierten über die Digitalisierung mit einem Blick auf Roboter und KI. Kritisch beleuchteten sie die möglichen Folgen einer zunehmend digitalen Welt für den Menschen, untermalt von Passagen des Theaterstücks „Wonderland Ave.“ von Sybille Berg. In diesem Zukunftsszenario herrscht die Maschine über den Menschen, wird dieser überflüssig.

Chancen durch Roboter und KI

Ortswechsel. Auch im Rahmen des RiskNET Summit im Oktober in Hohenkammer bei München wurde viel über das Thema Digitalisierung, über Roboter und KI gesprochen. Eine Erkenntnis der Risikomanagement-Fachkonferenz: Der Einfluss des digitalen, der zunehmenden Automatisierung und Robotik verspricht große Chancen für die Wirtschaft und das private Leben. Gleichzeitig wurde ein gewisses Unbehagen mit Blick auf die zunehmende Durchdringung von Maschinen, KI & Co., aller Lebensbereiche deutlich. Ulrich Eberl, Zukunftsforscher und Buch­autor, verdeutlichte, dass das Tem­po der Entwicklung enorm sei. Watson, das IBM-System, besiegte bereits im Jahr 2011 die Champions in „Jeopardy“ (US-Fernseh-Quizshow). Und in diesem Jahr schlug KI erstmals Menschen im Verständnis von Texten. Eberl: „Wenn die Aufgabe präzise definiert ist, sei der Computer heute bereits unschlagbar.“

Weitere Einsatzfelder seien unter anderem die vorausschauende Wartung, bei der Computer Maschinen analysieren, um Unregelmäßigkeiten zu erkennen und zu beheben. Ein Vorteil, gerade um im Vorfeld einzugreifen, bevor eine Maschine ausfällt. Auf die Frage nach der weiteren Reise gab Eberl neben der weiter steigenden Rechenleistung auch nachdenkliche Antworten. Was bedeutet die zunehmende Robotik und KI für Arbeitsplätze? Für Eberl werden Routinetätigkeiten in Büros automatisiert. Sei es Texte, Bilder oder Videos zu finden oder Assistenzfunktionen auszulagern. Betroffen seien vor allem Bankberater, Makler, Lagerarbeiter, Bus- und Taxifahrer.

Auch Rechtsabteilungen stehen nach Ansicht der Kanzlei KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH vor enormen Herausforderungen. Konstantin von Busekist, Partner und Leiter Compliance- und Wirtschaftsstrafrecht bei KPMG Law, geht davon aus, dass die technologischen Entwicklungen in Zukunft dabei helfen können, diese Aufgaben zu meistern: „Es wird erwartet, dass Rechtsabteilungen als Partner des Business Mehrwerte zu diesem bieten, sich strategischer aufstellen, an den Datenpools des Business teilnehmen und ihre Kostenstruktur durch Nutzung alternativer Serviceanbieter reformieren.“ Um dieses umfassende Aufgabengebiet zu meistern, können von Busekist zufolge IT-basierte Lösungen mit KI-Elementen oder Robotics helfen. Von Busekist: „Es ist aber auch ganz allgemein zu erkennen, dass viele Lösungen, die in anderen Bereichen bereits eingesetzt werden, auch im Rechtsbereich immer mehr Fuß fassen. Insgesamt dürfte dieser Entwicklung aber vorausgehen, dass Rechtsfunktionen für ihre Tätigkeiten ein klares ‚Operating Model‘ entwickeln, auf welches die Digitalstrategie dann aufsetzen kann.“

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Das Potenzial wird noch zu wenig genutzt

Welches Potenzial in der Digitalisierung steckt, umschreibt Enterprise Ireland. Die nationale Exportagentur sieht unter anderem RegTech als Trans­for­ma­­tionstreiber. Nach Ansicht von Enterprise Ireland verlangen die steigenden Anforderungen in der Finanzbranche von Unternehmen, eine digitale Infrastruktur zu schaffen und bestehende Ressourcen zu erweitern. Die riesige Datenmenge, über die viele Banken verfügen, ist eine inhärente Stärke und bietet großes Potenzial. Der Einsatz fortschrittlicher Technologien zur Verbesserung von RegTech-Lösungen und die Nutzung dieser Daten, um Erkenntnisse zur Steigerung der betrieblichen Effizienz zu liefern, werden daher künftig zunehmen. Technologien wie künstliche Intelligenz (KI), maschinelles Lernen (ML), Datenanalyse und Blockchain werden RegTech-Lösungen in die Lage versetzen, intelligentere Entscheidungen zu treffen.

Im Praxisumfeld sieht Philipp Glock, Senior Manager, Leiter des Bereichs Legal Tech und Standortleiter Leipzig bei KPMG Law, den wichtigsten Anwendungsbereich von KI im Auslesen von Dokumenten. „Hier kommen derzeit fast laufend Anfragen von Kunden bei uns an. Dabei fing alles mit der klassischen Due Diligence an.“ Und er ergänzt: „Dabei müssen in der Regel eine sehr große Menge an Dokumenten nach ähnlichen Kriterien untersucht werden. Dafür bedarf es einer Menge Juristen, die sehr viel Zeit aufwenden, teilweise um ähnliche Klauseln in all diesen Dokumenten zu suchen.“ Für Glock könne KI extrem helfen, indem die entsprechenden Informationen in diesen großen Dokumentenkonvoluten von der „Maschine“ herausgesucht und aufbereitet würden. Spannend sei seiner Meinung nach, dass Mandanten dabei mit immer weiteren Anwendungsgebieten auf KPMG Law zukämen. „Diese reichen von umfangreichen Ausschreibungsunterlagen bis hin zu Compliance-Abfragen von Auftraggebern an große Konzerne, die diese trotz unterschiedlicher Formulierung standardisiert beantworten möchten“, resümiert Glock.

Und die Risiken?

Doch bei allen Chancen durch KI-Technologien dürfen die Risiken in diesem Umfeld nicht verschleiert werden. Denn die Angreifbarkeit der neuen Digitalwelt ist eine große Herausforderung für Unternehmen und staatliche Stellen. So birgt die Digitalisierung auf­grund der Vernetzung ganz neue Risikofelder. Martin Kreuzer, beim führenden Rückversicherer Munich Re für das Assessment von Cyber-Risiken verantwortlich, weist darauf hin, dass die nächs­te Generation von Mal- und Ransomware auf KI basieren wird. Und auch die Manipulation durch Social Bots, gekauf­te Likes, Fake-Accounts oder Cyber-Trolle eskalieren und untergraben Politik und Demokratie.

„Die Gefahren gehen mit einer Militarisierung des Internets einher“, warnte Michael George vom Cyber-Allianz-Zentrum in Bayern im Rahmen des RiskNET Summit. Sein dringender Appell lautet denn auch, den Cyber-Raum besser zu schützen. Erfolgreich seien seiner Meinung nach beson­ders die Cyber-Angriffe, in denen der Mensch involviert sei. Im Umkehrschluss heißt das, den Menschen – sprich Mitarbeiter – stärker in den Digi­ta­li­sie­rungs­prozess einzubinden und zu schulen. Denn in Zeiten einer zunehmenden Digitalisierung und Vernetzung kompletter Geschäftsprozesse mithilfe neuer Technologien ist der Mensch als zen­traler Schutz in Organisationen und da­mit im Gesamtprozess des Risikomanagements unerlässlich. Denn neben Einzeltätern und kriminellen Gruppen sind ganze Staaten damit beschäftigt, sich im Kampf um Informationen einen digitalen Vorteil zu verschaffen.

Und da­rauf müssen Unternehmen Antworten finden, wollen sie nicht gehackt oder sabotiert werden. Neben finanziellen Schäden lauern an dieser Stelle massive Reputationsschäden. Von daher sollten Unternehmen das Thema ernst nehmen und ein Umdenken in Gänze stattfinden.
Medien- und Technikphilosophin Janina Loh umschrieb es im Rahmen des philosophischen Brunchs in Ostfildern damit, dass der Mensch noch immer für die Algorithmen verantwortlich sei und das Ganze keine Black Box darstelle. Die Verantwortung liegt beim Menschen und diese muss er ernst nehmen in einer Zeit des digitalen Umbruchs. Wenn das mal keinen Wertbeitrag der Kultur zum harten Thema der Digitalisierung darstellt. 

Der Autor

Frank Romeike zählt international zu den renommiertesten und führenden Experten für Risiko- und Chancenmanagement. Er ist Gründer des Kompetenzzentrums RiskNET – The Risk Management Network sowie Geschäftsführer und Eigentümer der RiskNET GmbH.

CC BY-SA 4.0 DE

 
 
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