Kantar-Untersuchung: China attraktiver als Deutschland bewertet

Kantar-Untersuchung: China attraktiver als Deutschland bewertet – Länder-Favorit außerhalb Europas sind die USA

Jedes zweite Unternehmen im produzierenden Gewerbe hält China für einen attraktiven Standort (sehr attraktiv: acht Prozent). Das sagt über Deutschland nur eine Minderheit (38 Prozent, sehr attraktiv: vier Prozent). Der Länder-Favorit außerhalb Europas: die USA. Dort will jedes fünfte Unternehmen (21 Prozent) mit Expansionsplänen investieren. Das ist das Ergebnis einer Befragung des Marktforschungsinstituts Kantar Public im Auftrag der Unternehmensberatung FTI-Andersch.

 

Key Facts

  • Insgesamt planen 40 Prozent der befragten Unternehmen mit konkreten Plänen ihr Produktionsnetzwerk in Asien auf- oder auszubauen
  • Trend zu Diversifikation: 58 Prozent arbeiten am Ausbau des Lieferantennetzwerks auch außerhalb Chinas
  • 38 Prozent wollen aufgrund des Inflation Reduction Acts der USA Investitionen in Deutschland und Europa erneut überprüfen

 

Weniger als die Hälfte (40 Prozent) der Unternehmen, bei denen konkrete Planungen bereits begonnen haben, wollen in ihr Produktionsnetzwerk in Deutschland investieren. Bei denjenigen, die nicht unmittelbar einen Ausbau planen, können sich nur 33 Prozent eine weitere Investition in Deutschland vorstellen.

Die größte Gruppe derjenigen, die jetzt außerhalb Deutschlands planen zu expandieren, wollen dies in Asien tun (insgesamt 40 Prozent, 15 Prozent direkt in China). Es folgen mit jeweils 35 Prozent Ost- sowie Mittel- und Westeuropa und mit 32 Prozent Nord-, Mittel- und Südamerika – davon zwei Drittel direkt in den USA.

„Der Standort Deutschland hat für viele Unternehmen deutlich an Attraktivität verloren“, sagt Mike Zöller, Senior Partner und Vorstand von FTI-Andersch, der auf Restrukturierung, Business Transformation und Transaktionen spezialisierten Beratungseinheit von FTI Consulting in Deutschland. „Auch weltweit sehen wir Verschiebungen: China ist nach wie vor für die Mehrheit deutscher Unternehmen ein attraktiver Standort. Und auch andere asiatische Länder und vor allem die USA werden gerade wieder interessanter. Wir beobachten eine Neuordnung von Produktionsstandorten und -netzwerken weltweit.“

China bleibt starker Partner, Diversifizierung im asiatischen Raum nimmt gleichzeitig zu

China ist für deutsche Unternehmen des produzierenden Gewerbes nach wie vor einer der wichtigsten Standorte. 84 Prozent der jetzt schon in China tätigen Unternehmen haben angegeben, dies auch weiterhin zu tun. 73 Prozent schließen zudem aus, Teile ihres Produktionsnetzwerks aus China zu verlagern – mehr als jeder Fünfte (22 Prozent) will in Asien künftig stärker diversifizieren und arbeitet gerade an einem dezentraleren Produktionsnetzwerk.

Insgesamt 58 Prozent der befragten Unternehmen arbeiten daran, ihr Lieferantennetzwerk auch in anderen Ländern Asiens auszubauen, 50 Prozent wollen ihre europäischen Lieferketten resilienter machen. Mike Zöller sagt: „Die asiatischen Märkte haben sich vielfach weiterentwickelt. Ob Vietnam und Indonesien im südostasiatischen Raum oder Bangladesch: Nicht nur Kostenvorteile, zum Beispiel bei den Lohnkosten, machen die Länder für Direktinvestitionen immer attraktiver. Vielfach wurde in der letzten Dekade auch massiv in Infrastruktur sowie Know-how der Arbeitskräfte investiert. Das führt dazu, dass sich deutsche Unternehmen in Asien immer breiter aufstellen.“

Chancen des Inflation Reduction Act der USA müssen jetzt geprüft werden

Außerhalb Asiens sind vor allem die USA gerade besonders attraktiv für Investitionen. 21 Prozent der Unternehmen schreiten mit konkreten Planungen voran und wollen dort jetzt investieren. Ganz konkret haben bereits zwölf Prozent damit begonnen, diese Planungen umzusetzen. Jedes vierte Unternehmen (26 Prozent) arbeitet an neuen Kooperationen oder Akquisitionen mit Zugang zum US-Markt.

„In den USA finden die Unternehmen ein Land mit großem Absatzmarkt, niedrigeren Energiekosten sowie mit liberaler Marktwirtschaft“, sagt Florian Warring, Experte für Einkauf und Supply Chain Management bei FTI-Andersch und Leiter der vorliegenden Untersuchung. „Der Inflation Reduction Act der aktuellen Biden-Administration wirkt zudem wie ein großes Subventionsprogramm für ausländische Direktinvestitionen. Wir raten Unternehmen mit Expansionsplänen explizit zu prüfen, welche Optionen sich ihnen dadurch aktuell in den USA bieten.“

Tatsächlich haben, unabhängig von bereits getroffenen Entscheidungen oder jetzt vorliegenden konkreten Planungen über Expansion und Investitionen, 38 Prozent der Unternehmen angegeben, auf Basis des Inflation Reduction Act (IRA) mögliche Investitionen in Europa und/oder Deutschland neu zu bewerten. 41 Prozent planen aufgrund des IRA ihre Lieferantenstrukturen anzupassen. „Unternehmen müssen sich darum jetzt damit beschäftigen, welche Chancen dieses vielleicht auf absehbare Zeit einmalige Programm für sie bietet“, sagt Florian Warring.

Hier geht es zum ausführlichen Supply Chain Barometer 2023

 

Über die Untersuchung von Kantar Public:

Das Marktforschungsunternehmen Kantar Public hat im Auftrag der Unternehmensberatung FTI-Andersch im Rahmen der Studie ‚Supply Chain Barometer 2023‘ 150 Unternehmen in Deutschland aus dem Bereich ‚Produzierendes Gewerbe‘ mit den Schwerpunkten Automobilzulieferer, Maschinen- und Anlagenbau und Konsumgüter telefonisch zu aktuellen Themenstellungen um Standorte, Produktionsverlagerungen, Kostensteigerungen und weiteren Supply-Chain-Themen befragt.

Der Umsatz der Unternehmen beträgt mindestens 50 Mio. Euro. Rund ein Drittel der befragten Unternehmen erwirtschaften im Jahr mehr als 500 Mio. Euro. Die prozentualen Angaben wurden anhand ihres Anteils am produzierenden Gewerbe nach Sub-Branchen gewichtet. Zeitraum der Befragung ist das zweite Quartal 2023.

 

 

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