„Hybride Arbeitsmodelle müssen individuell umgesetzt werden“

Woher kommen die Unterschiede in der Wahrnehmung von Remote Work vs. Präsenzarbeit? Welche Instrumente sind geeignet, um Fachkräfte remote zu führen? Wie können hybride Arbeitsmodelle umgesetzt werden? Wir sprache mit Paul Gentile, Senior Director of Product Marketing für UCC bei LogMeIn. Für ihn liegt die Zukunft ganz in der hybriden Arbeitsweise.

Das Recht auf Homeoffice wird bleiben – und ohne die notwendige Flexibilität bereitzustellen werden Unternehmen ihre Fachkräfte verlieren. Was sagen Ihre Studienergebnisse dazu?
83 Prozent der Befragten gaben in der von uns beauftragten Forrester-Studie an, Remote Work und eine flexible Umsetzung dessen, ist entscheidend für die zukünftige Bindung an das eigene Unternehmen. Hierbei wären sogar 60 Prozent mit geringerem Lohn im Gegensatz zu der gegebenen Flexibilität einverstanden.
Es gibt jedoch immer noch einen enormen Unterschied bei der Wahrnehmung der Produktivität von Remote und Präsenz: Während über die Hälfte (56 Prozent) der befragten Mitarbeiter angibt, im Home Office produktiver zu sein, behaupten das nur 7 Prozent der Führungskräfte. Da sollte sich nach einem Jahr Pandemie die Frage gestellt werden, woher das kommt und wie dem effektiv entgegengewirkt werden kann. Denn es ist nicht zu bestreiten, dass die Work-Life-Balance sowie die psychische Gesundheit eines jeden Mitarbeiters an erster Stelle zu stehen hat. Dies wird durch Remote Work verstärkt: Mitarbeiter mit hoher Zufriedenheit bei der Arbeit im Homeoffice haben ein gutes Gefühl in Bezug zu ihrem Unternehmen (89 Prozent), fühlten sich von ihrer Arbeit inspiriert (90 Prozent) und sind mit ihrer Arbeit insgesamt zufrieden (95 Prozent).

Der Mensch ist trotz allem ein soziales Wesen. Welche Instrumente sind aus Ihrer Sicht dazu geeignet und vor allem, wie müssen Sie eingesetzt werden, um Homeoffice sinnvoll zu gestalten?
Da haben Sie recht, um ein erfolgreiches hybrides Arbeitsmodell umzusetzen ist der Fokus auf den Mitarbeiter das A und O. Es ist daher wichtig, jeden Mitarbeiter individuell zu betrachten und sie nicht als gesamte Masse zu sehen, die entweder gesamt daheim oder im Büro zu arbeiten hat. Ein Ansatz, der die Lebensumstände und Bedürfnisse eines jeden einzelnen Mitarbeiter berücksichtigt, kann hier von klarem Vorteil sein. Hat ein Mitarbeiter die Wahl, ob er remote, hybrid oder ganz im Büro arbeiten möchte, bekommt er das Vertrauen und die Freiheit, die für eine produktive Arbeitsweise erforderlich ist – bislang kann jedoch nur ein Fünftel (21 Prozent) der befragten Mitarbeiter frei wählen.
Dabei kann ein solcher Ansatz auch den Arbeitgebern wunderbar helfen. Zum einen, um ihre Mitarbeiter und deren Lebensumstände besser zu verstehen und zum anderen, um innovative Prozesse und Strukturen zu gestalten, die nur durch eine hybride Arbeitsweise möglich sind.
Hier sind vor allem klar definierte Richtlinien und Dokumentationen von Nöten. Unsere Umfrage zeigt, dass zwar die Hälfte der befragten Entscheider angab, sie verfügen über ein formalisiertes Programm für flexibles Arbeiten, jedoch erfüllen nur weniger als ein Prozent alle Vorgaben der von Forrester aufgestellten Richtlinien für flexible Arbeit. Wir alle stehen aber in der Verantwortung, unseren Mitarbeitern zuzuhören und Ressourcen bereitzustellen, die ihnen eine positive Erfahrung am (Heim-)Arbeitsplatz ermöglichen.

Paul Gentile hält den Ansatz des „digital Headquarters“ für zielführend bei der hybriden Arbeitsweise.

Wie könnte die aktuelle Situation vom Reagieren ins Agieren übersetzt werden und Potenziale zum Wachstum entfaltet werden können?
Wenn Unternehmen aus ihren alten Denk- und Führungsmustern ausbrechen, bergen sie großes Potenzial, in den nächsten Jahren Erfolg einzufahren. Dabei ist es wichtig, sich auf drei Säulen zu konzentrieren: Struktur, Kultur, Technologie und Compliance. Auf dieser Basis lässt sich flexibles Arbeiten erfolgreich umsetzen und die Zufriedenheit und Produktivität der Mitarbeiter erhöhen. Zudem können Unternehmen damit vielfältige Talente anziehen und halten. Es ist hierbei besonders wichtig zu verstehen, dass Collaboration-Technologien menschliche Interaktion nicht ersetzten können. Jedoch ist eine Kombination, aus gut strukturierten, virtuellen Meetings und persönlichen, neugedachten Treffen der Weg zur erfolgreichen hybriden Arbeitsweise. Manager sind also in der Verantwortung alle Interaktionen so zu gestalten, dass jeder Teilnehmer produktiv seinen Beitrag leisten kann – und dabei egal, ob dies virtuell in den eigenen vier Wänden oder live in umgestalteten Büroräumen stattfindet.

Wie genau könnte denn ein hybrides Arbeitsmodell gestaltet sein? Was halten Sie vom Ansatz den „digital Headquarters“?
Das hybride Arbeitsmodell ist unsere Zukunft. Sobald Unternehmen erkannt haben, dass ihre Mitarbeiter das wertvollste Gut sind, kommt es darauf an, ein produktives Arbeitsumfeld zu schaffen. Damit sind sowohl die „echten“ als auch die virtuellen Arbeitsplätze gemeint. Beginnen sollten Unternehmen mit der Umgestaltung der Büroräume: Wir müssen weg von den klassisch getrennten Büros. Es geht vielmehr darum, Raum zu schaffen, in dem die Mitarbeiter wirklich zusammenarbeiten können. Offene Flächen mit Tools wie Whiteboards aber auch kollaborative Technologien, um sich mit anderen Büros auf der ganzen Welt verbinden zu können. Dann kommen die Mitarbeiter für Brainstormings, Planungsmeetings oder Team Building Maßnahmen gerne ins Büro. Zuhause können sie dann die Arbeit erledigen, bei der sie produktiver alleine arbeiten. Hier müssen Mitarbeiter jedoch auf ein breites Portfolio an Lösungen zugreifen können. Daher ist das Konzept eines „Digital Headquarters“ ein Ansatz, der die Produktivität im Home-Office verstärken kann. Eine solche virtuelle Firmenzentrale sollte alle Lösungen enthalten, die für nahtloses, virtuelles Zusammenarbeiten erforderlich ist: Dies fängt an bei Videokonferenzlösungen, die reibungslos funktionieren und zusätzliche Features wie beispielsweise Transkription der Meetings bieten. Darüber hinaus sollten auch Remote-Support-Lösungen verfügbar sein, die Mitarbeitern innerhalb kürzester Zeit bei der Lösung von Computerproblemen helfen – über Kamera- oder Browser-Sharing. Wichtig sind zudem Passwort-Management-Funktionen, die zum einen den Mitarbeiter selbst aber auch das ganze Unternehmen und seine sensiblen Daten schützen.

Weitere Informationen unter:
https://www.logmein.com/de