Finanzinstitute und der Kryptohandel
Infrastruktur und Regulierung – Entscheidende Treiber für Banken im Bereich Digital Assets
Nach den Negativschlagzeilen des letzten Kryptowinters – von FTX und Celsius bis Silvergate und Signature – hat sich der Markt für Kryptowährungen gedreht und es kam zu einem fulminanten Neustart. Vor allem der Bitcoin hat stark an Wert zugelegt und ist seit Jahresbeginn um rd. 150 % gestiegen (Stand: 15.12.2023). Wie kam es dazu?
Neben einer allgemeinen Markterholung und dem anstehenden Halfing (der planmäßigen Veränderung der Vergütung von Bitcoin-Mining) dürften für das Wiederaufblühen des Kryptomarktes vor allem folgende Faktoren eine Rolle spielen: die zunehmende Regulierung, in der Europäischen Union mit der Markets in Crypto Assets Regulation (MiCA), und die damit einhergehende Rechtssicherheit für Institutionelle, was sich insbesondere in immer mehr bankeigenen Kryptoangeboten niederschlägt; sowie die ständig wachsende Zahl an Anträgen für die Zulassung von Bitcoin-ETFs in den USA.
Doch welche Lehren sollten Banken und andere institutionelle Investoren aus dem Kryptowinter ziehen? Welche Regeln gibt es bei der Anbindung an den Kryptohandel zu beachten, um im Kontext von MiCA dem Endkunden eine optimale und sichere Lösung bieten zu können, welche dem etablierten Bankenstandard entspricht?
Vom Wilden Westen zur zivilisierten Handelsgemeinschaft
Bei der Marktentwicklung des Bitcoins lief vieles konträr zu den üblichen Entwicklungen auf dem Finanzmarkt. Diesmal waren es nicht Institutionelle Anleger, die einen Trend setzen. Vielmehr waren es Privatanleger, die den Markt entdeckten. Dementsprechend ist der Handel noch immer extrem fragmentiert und die Handelsinfrastruktur noch nicht ausgereift. Doch Kryptowährungen etablieren sich nun immer mehr bei professionellen Investoren, die eine entsprechende professionelle Infrastruktur nach Bankenstandard erwarten. In Deutschland haben die größten Privatbanken des Landes, die Deutsche Bank und die Commerzbank, 2023 Lizenzen für die Verwahrung von digitalen Assets für ihre institutionellen Kunden erhalten. Auch die als eher konservativ geltenden Genossenschaftsbanken zeigen sich offen für Kryptoangebote: gemäß einer Umfrage des Genossenschaftsverbands erwägt jede zweite Genossenschaftsbank, gar ihren Privatkunden den Handel mit Kryptowährungen zu ermöglichen.
Chinese Walls sollten bei Kryptobörsen etabliert sein
Auch wenn die Professionalisierung des Kryptohandels voranschreitet, finden sich bei einigen Kryptobörsen noch Strukturen vor, die den Grundsätzen des Risikomanagements widersprechen. So wurden beispielsweise bei FTX sämtliche Dienstleistungen wie Handel, Verwahrung oder Brokerage zusammengeworfen und nicht wie bei Banken in verschiedenen Abteilungen strikt voneinander getrennt. Dieser Umstand erhöht im Falle von Missbrauch und korruptem Verhalten die potentielle Schadenshöhe enorm und bewirkte bei FTX den Kollaps des Instituts und den Totalverlust für Anleger. Deshalb sollten nur Kryptobörsen an ein professionelles Handelssystem angeschlossen werden, die gemäß einer vernünftigen Governance über die Aufteilung und klare Trennung („Chinese Walls“) der verschiedenen Unternehmensfunktionen verfügen.
Counter-Party-Risiko minimieren
Wie die FTX-Pleite gezeigt hat, kann es sich für Anleger fatal auswirken, wenn ihre Transaktionen nur über einen einzigen Handelsplatz ausgeführt werden, mag dieser auch noch so groß und bekannt sein, wie es bei FTX einst war. Deshalb ist es bei der Anbindung an den Kryptohandel ratsam, mehrere Handelskontrahenten einzubeziehen. Zwar erhöht das für eine Bank die Komplexität und auch die Liquiditätskosten. Doch im Sinne der Risikostreuung sollten nie alle Eier in einen Korb gelegt werden, um einen Totalverlust der Assets zu vermeiden. Dabei sollte jede Kryptohandelsplattform einer ausführlichen Due Diligence-Prüfung unterzogen und Haftungsfragen geklärt werden. So stellt sich beispielsweise bei der Insolvenz einer Kryptobörse die Frage, ob der Broker oder die Kryptobörse gegenüber dem Anleger haftet.
Smartes Cash-Management umsetzen
Im Zuge der Pleiten der Kryptobörsen entstand die Nachfrage nach Smart-Cash-Management-Lösungen, die den Transfer der Assets zwischen den Banken und den Kryptobörsen flexibilisieren und das bei den Kryptobörsen hinterlegte Geld für Transaktionen auf ein Minimum reduzieren. Unglücklicherweise waren es gerade die beiden kollabierten US-Banken Signature und Silvergate, die hier den Marktstandard gesetzt hatten. Dieser Wegfall verstärkte die Krise im Krypto-Winter weiter. Echte Alternativen haben sich noch nicht etabliert. An den US-Dollar gekoppelte Stablecoins wie Tether oder USDC weisen bisher noch Verzögerungen bei Transaktionen auf und können unter Umständen hoch volatil sein. Eine Möglichkeit für die sofortige Liquiditätsbereitstellung auf Euro-Basis stellt SEPA Instant dar. Doch hier liegt die Krux für institutionelle Investoren in der mangelnden Marktdurchdringung und in der begrenzten Transaktionshöhe. Der von der Federal Reserve seit Juli 2023 bereitgestellte Instant Payment Service FedNow kann bisher nur von US-Bankinstituten genutzt werden. Zumindest ist es in der Lage, das langsamere ACH- oder SWIFT-Netzwerk in Bezug auf Sofortzahlungsdienstleistungen abzulösen. Darüber hinaus könnten sich die Lösungen für außerbörsliche Abwicklung (off-exchange settlement) über Anbieter wie Copper Clearloop oder Fireblocks als marktdominierende Lösung für das smarte Cash Management etablieren.
Für die erfolgreiche Implementierung eines smarten Cash-Managements ist es für Banken unerlässlich, den Cash-Managementprozess durch die Automatisierung einzelner Funktionen wie dem Rebalancing oder dem Zahlungsausgleich zu optimieren. Zudem kann über dynamische Cash-Transfers erreicht werden, dass die bei den Kryptobörsen hinterlegten Geldmengen je nach Handelszeit verringert oder erhöht werden können. Hier zeichnen sich jetzt Lösungen ab, die bei Marktteilnehmern aus dem etablierten Bankenmarkt durchaus für Sicherheit und Vertrauen sorgen, auch wenn das System noch nicht perfekt ist. Die Risiken sind erkannt und werden Schritt für Schritt reduziert.
Krypto-Regulierung als wichtiger Treiber und Chance für Banken
Auch wenn es zwingend geboten ist, aus dem vergangenen „Krypto-Winter“ zu lernen, so sind es doch die regulatorischen Rahmenbedingungen, wie MiCA in Europa, die in den Mittelpunkt rücken. Dies stellt eine einzigartige Gelegenheit für Banken und andere Finanzinstitute dar, beim institutionellen Kryptohandel eine Führungsrolle zu übernehmen. Die Infrastruktur für ein fortschrittliches und integriertes Handelsökosystem ist bereits vorhanden. Jetzt sind die Banken gefordert, diese Technologien rasch zu adaptieren, angetrieben durch die bevorstehende regulatorische Sicherheit, die MiCA bringen wird – sowie den sich bietenden Chancen auf dem Markt für digitale Vermögenswerte.
In diesem immer noch jungen Markt ist die Rolle der Regulierung entscheidend für die Strategie einer Bank im Bereich Digital Assets. Dieses Szenario ist eine Aufforderung zum Handeln, insbesondere für europäische Banken. Denn nun kennen die Banken die Rahmenbedingungen und können entsprechende lukrative Geschäftsmodelle umsetzen, die ihren Millionen Kunden einen gewohnt stabilen Zugang zu den Kryptomärkten gewährleisten.
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