Digitalisierung: Weg mit dem Papier!

Dies ist ein Gastbeitrag von Willhelm Gassner, PFU EMEA Ltd.

Der Begriff des papierlosen Büros kam um 1978 erstmals auf. Dabei ist das Konzept vor allem in unserer modernen Digital-First-Umgebung des 21. Jahrhunderts sinnvoll. Es reduziert die Ausgaben für physische Dokumente und den für deren Aufbewahrung erforderlichen Platz, schont die Umwelt und hält zugleich Daten in digitalen Formaten zugänglich. Aber auch nach mehr als 40 Jahren ist das papierlose Büro weit von jeder Realität entfernt. Tatsächlich belegen Studien, dass ein Arbeitnehmer in den USA, Japan und Europa jedes Jahr durchschnittlich 250 – 300 Kilogramm Papier verbraucht. Der nach wie vor hohe Papierverbrauch ist zum Teil psychologisch bedingt, entscheiden sich doch 80,5 Prozent der Arbeitnehmer bewusst dafür, Notizen auf Papier statt digital anzufertigen.

Diese anhaltend intensive Nutzung von Papier ist in vielen Branchen verbreitet. So benötigen beispielsweise Rechts- und Finanzunternehmen immer noch Papierversionen von Verträgen und Rechnungen als Nachweis bei Gericht. Auch im Gesundheitssektor sind die meisten Patientenakten papierbasiert, während selbst neu gegründete Unternehmen Papier zur Verwaltung von Firmenauszügen, Rechnungen und Versicherungsunterlagen verwenden. Papier ist somit in nahezu allen Unternehmen institutionalisiert. Damit Organisationen effizienter und robuster werden können, sind Veränderungen erforderlich.

Das Problem mit Papier

Es ist wenig überraschend, dass die Vision des papierlosen Büros noch nicht verwirklicht ist. Papier wurde vor gut 2.000 Jahren erfunden. Die Menschheit benutzt Papier schon so lange, dass die Organisation von Gesellschaften weltweit auf Papier basiert. Dabei fördert die traditionelle Büroeinrichtung aktiv die Verwendung von Papier. Vom Einreichen von Rechnungen bis hin zur Unterzeichnung von Verträgen wird Papier als die einzige Möglichkeit angesehen, ein offizielles Dokument zu erstellen. Digitale Techniken scheinen hingegen nicht legitim. Genau diese Denkweise muss sich ändern.

Ein weiteres Problem ist, dass die Technologie, die papierloses arbeiten ermöglicht, im Vergleich zu Papier nur seit einer sehr kurzen Zeit existiert – eine Änderung von Gewohnheiten erfordert allerdings Geduld und Ausdauer. Ein realistischerer Ansatz besteht daher darin, zwei Dinge zu untersuchen: Wie kann Papier effizienter genutzt und wie können gleichzeitig digitale Initiativen zur Reduzierung des Gesamtvolumens eingeleitet werden, die einen schrittweisen Übergang zu einer teilweise statt einer vollständig papierlosen Umgebung ermöglichen? Nach Angaben des Quocirca-Berichts „Print 2025“ glauben 81 Prozent der Verantwortlichen in KMU, dass die Digitalisierung papierbasierter Prozesse eine wichtige Rolle bei der Förderung ihrer digitalen Transformation bis 2025 spielen wird. Dennoch setzen nur 50 Prozent der Befragten bereits auf Dokumentenerfassung und andere Workflow-Mechanismen. Die Diskrepanz zwischen Ziel und Status Quo ist ein aufschlussreiches Beispiel dafür, warum ein teilweise papierloser Ansatz realistischer ist, als ein vollständig papierloser.

Rechtzeitig veränderte Bedürfnisse erkennen

Reseller und Dienstleister der Informationserfassung müssen erkennen, dass Veränderungen nicht von heute auf morgen umsetzbar sind. Vielmehr sucht ein Großteil der Endanwender einen schrittweisen Prozess, der Anpassungen im Wunschtempo ermöglicht. Anstelle des papierlosen Büros sollte der Schwerpunkt darauf liegen, den Anwendern zu helfen, Fortschritte zu erzielen und intelligentere Arbeitsweisen zu finden – mit dem Ziel, das Potenzial digitalisierter Dokumente für das Unternehmen zu nutzen.

Resellern bietet sich die Möglichkeit, Unternehmen mit Projekten und Lösungen zu begleiten. Der erste Schritt könnte zum Beispiel ein Projekt zur Aktualisierung der IT-Systeme sein, dass es ermöglicht, Archivdokumente zu sichern und virtuell zu speichern. Ein Folgeprojekt setzt dann die Verarbeitung und Extraktion der Daten aus den digitalen Kopien um. Auch dabei handelt es sich um einen vermeintlich langsamen Prozess, bei dem Unternehmen verstehen müssen, dass Zeit und Investitionen dafür notwendig sind.

Intelligente Geschäftsentscheidungen treffen

Viele Unternehmen arbeiteten in der Vergangenheit papierintensiv und legten die Dokumente in Archiven ab, ohne notwendigerweise die Bedeutung der darin enthaltenen Informationen zu berücksichtigen. Genau diese Informationen müssen digitalisiert werden, um für die Organisation von Wert zu sein. Aber die manuelle Eingabe der Daten in Tabellenkalkulationen und Datenbanken kann sehr zeitaufwendig sein. Daher ist es wichtig, einen gewissen Grad an Automatisierung zu implementieren. Dies könnte beispielsweise durch Robotische Prozessautomatisierung (Robotic Process Automation, RPA) umgesetzt werden. RPA erlaubt es, manuelle Aufgaben zu automatisieren, so dass sich die Mitarbeiter auf andere Aktivitäten konzentrieren können. Sie lässt sich beispielsweise in Lösungen zur optischen Zeichenerkennung (OCR) integrieren, um eine Datenbank automatisch zu füllen, die die Teams dann analysieren und nutzen, um bessere Entscheidungen zu treffen, die sich wiederum positiv auf die Entwicklung des Unternehmens auswirken.

Genauso wichtig wie die Durchführung von Projekten ist es, dass Unternehmen nachweisbare Vorteile erkennen, und zwar nicht nur diejenigen, die direkt mit den einzelnen Aktivitäten betraut sind. Vor, während und nach jedem Projekt müssen alle, die von einer neuen IT-Implementierung betroffen sein könnten, erkennen, wie ihre Papier- und Datenverarbeitung mit jedem Schritt effizienter oder für den Arbeitsablauf vorteilhafter wird. Dies ermutigt Mitarbeiter, sich für künftige Projekte zu engagieren.

Obwohl es von manchen noch immer als ultimative Errungenschaft für Unternehmen und Organisationen auf der ganzen Welt prophezeit wird, ist das papierlose Büro ein zerplatzter Traum. Der Schwerpunkt sollte vielmehr darauf liegen, Unternehmen schrittweise an ihr Optimum heranzuführen. Für Reseller ist dies ein perfekter Zeitpunkt, bei diesem Ansatz neue Geschäftsmöglichkeiten zu entwickeln. Hier können sie Lösungen schaffen, die es den Endbenutzern ermöglichen, ihr Potenzial auszuschöpfen und die Arbeit smarter zu verrichten.

Über den Autor:

Als Director International Sales von PFU (EMEA) Ltd. verantwortet Wilhelm Gassner das gesamte Scanner-Geschäft des Fujistu-Tochterunternehmens in Deutschland, Österreich, der Schweiz sowie den Baltischen Staaten. Vor seiner Zeit bei PFU war Wilhelm Gassner in unterschiedlichen Positionen im Vertrieb und dem Consulting tätig. Zu seinen Stationen gehören Fujitsu, Fujitsu Siemens, Logica, Digital Equipment und Softlab.

Weitere Informationen unter:
https://www.pfu.fujitsu.com/en/