Die eigene Stimme als Passwort
Das Leben spielt sich heute immer stärker im digitalen Raum ab – Einkäufe und Bankgeschäfte werden einfach online erledigt, Kommunikation läuft über Social-Media-Apps ab und selbst Arzttermine finden seit dem Ausbruch von COVID-19 vermehrt per Video-Konsultation statt. Ein ständiger Begleiter dabei: Passwörter, die zur Identifikation genutzt werden. Diese Methode der Authentifizierung ist jedoch nicht mehr zeitgemäß. Wieso die Erkennung biometrischer Merkmale wie der Stimme mithilfe von künstlicher Intelligenz wesentlich sicherer und benutzerfreundlicher ist und wie Privatpersonen und Unternehmen davon profitieren, erklärt Morna Florack, Enterprise Sales Manager DACH bei Nuance im Gastbeitrag.
PIN und Passwort sind für fast ein Drittel (32 Prozent) der deutschen Teilnehmenden einer aktuellen Studie von Nuance[1] die Authentifizierungsmethode, der sie am meisten vertrauen. Dass Nutzerdaten einschließlich der dazugehörigen Passwörter im Darknet verkauft werden, ist allerdings schon lange kein Geheimnis mehr. Wer sich davor schützen will, dass Kriminelle mit einem Schlag Zugang zu allen Konten bekommen, sollte für jeden Dienst ein individuelles Passwort verwenden. Dies beherzigen jedoch nur 28 Prozent der Befragten. 25 Prozent nutzen sogar immer dieselben ein bis drei Passwörter oder Variationen von diesen. Der Grund dafür ist häufig Bequemlichkeit – ähnliche Passwörter lassen sich leichter merken als viele unterschiedliche: Jede zehnte Person (10 Prozent) muss täglich oder wöchentlich Nutzernamen und Passwörter zurücksetzen lassen, weil sie nicht mehr präsent sind.
Aber nicht nur Privatpersonen, sondern auch Unternehmen müssen die Sicherheit ihrer Daten ernster nehmen und mehr dafür leisten. Ein Beispiel hierfür sind Contact Center. Gerade in Krisenzeiten stehen die Mitarbeitenden hier besonders unter Druck und müssen mit gestressten, wütenden oder verzweifelten Kundinnen und Kunden umgehen. Das führt schnell dazu, dass die Überprüfung der Identität weniger streng durchgeführt wird als in normalen Zeiten, zumal die richtigen Zugangsdaten für Betrügerinnen und Betrüger oft nur noch wenige Klicks entfernt sind. Damit können persönlich identifizierbare Informationen (PII) leicht in die falschen Hände geraten.
Einzigartige Merkmale als Sicherheitsfaktor
Wesentlich sicherer ist der Abgleich biometrischer Charakteristika. Schon jetzt bieten beispielsweise viele Smartphones die Möglichkeit, sie per Fingerabdruck oder Gesichtserkennung zu entsperren. Dadurch soll sichergestellt werden, dass Unberechtigte keinen Zugriff auf die Inhalte erhalten. Der größte Vorteil von Biometrie ist die Einzigartigkeit der Merkmale – das gilt sowohl für den Fingerabdruck als auch für Gesicht, Iris oder Stimme. Auch unter den deutschen Verbraucherinnen und Verbrauchern steigt das Vertrauen in diese Möglichkeiten: Fast die Hälfte (45 Prozent) fühlt sich heute wohler dabei, den Zugriff auf Konten mithilfe biometrischer Eigenschaften zu authentifizieren, als noch vor der Pandemie. Ebenfalls 45 Prozent vertrauen biometrischer Identifikation durch Stimme, Gesicht, Fingerabdruck, Verhalten oder einer Kombination aus diesen Merkmalen, sogar am meisten.
Besonders die Identitätserkennung mithilfe von Sprache bietet ein hohes Maß an Sicherheit, während der Aufwand für die Anwendenden geringgehalten wird. So müssen Kundinnen und Kunden sich keine langen Kundennummern, komplizierten Passwortkombinationen oder Antworten auf Sicherheitsfragen merken. Stattdessen wird ihr individuelles Stimmprofil beispielsweise mithilfe einer Passphrase hinterlegt und bei der Anmeldung oder einem Gespräch von KI-Algorithmen analysiert und wiedererkannt. Das spart Zeit und verhindert, dass durch vergessene Passwörter schon vor der eigentlichen Interaktion bei Kundinnen oder Kunden Frustration entsteht.
Auch für Mitarbeitende der bereits genannten Contact Center vereinfacht Sprachbiometrie die Arbeit, da sie unmittelbar mit der Beratung loslegen können. Statt zunächst wissensbasierte Authentifizierungsfragen zu stellen, wird die Stimme von Anrufenden automatisch zu Beginn des Gesprächs mit vorhandenen Stimmabdrücken abgeglichen und die Agentin oder der Agent erhält das Ergebnis innerhalb von Sekunden. Nuance Gatekeeper kann beispielsweise die Identität schneller validieren als das menschliche Ohr. Gleichzeitig können mit dieser Methode der Identitätsprüfung Kriminelle proaktiv identifiziert werden. Wird eine Anruferin oder ein Anrufer als Betrügerin oder Betrüger erkannt, kann der jeweilige Stimmabdruck in einer Bibliothek hinterlegt werden. Bei weiteren Versuchen wird die Stimme beim biometrischen Abgleich erkannt und der Anruf für weitergehende Sicherheitsüberprüfungen registriert.
Mehr als die Hälfte der weltweit größten Finanzinstitute und Telekommunikationsanbieter setzen bereits Sprachbiometrie-Lösungen von Nuance ein, um ihren Kundenservice zu verbessern, die Sicherheit zu erhöhen und die Prozesse für die Mitarbeitenden zu optimieren. Dazu gehört auch die Deutsche Telekom, die ihren Kunden bereits seit dem Jahr 2018 die Möglichkeit gibt, ihre SprachID statt einer zehn- oder zwölfstelligen Kundennummer für die Identifikation zu verwenden. Über 700.000 Telekom-Kunden haben schon ihre SprachID registriert, die bislang in über 1,7 Millionen Interaktionen als Passwort zum Einsatz kamen.
Kriminelle an der Stimme erkennen
Darüber hinaus bietet Sprachbiometrie noch weitere Möglichkeiten, um die Sicherheit zu erhöhen und das Kundenerlebnis zu verbessern. Neben der initialen Bestätigung der Identität kann entsprechende Software im Laufe des Gesprächs auch die Glaubwürdigkeit der Anrufenden analysieren. Dadurch lässt sich feststellen, ob Kundinnen oder Kunden möglicherweise selbst einen Betrug begehen und beispielsweise widerrechtliche Ansprüche stellen wollen. Gerade in der aktuellen Situation, in der Prozesse vereinfacht wurden, zum Beispiel um Hilfs- und Fördermittel schneller auszugeben, können so mögliche Betrugsfälle schon im Vorhinein erkannt und die Ausschüttung verhindert werden.
Dadurch können bestimmte Kundengruppen wie Senioren priorisiert werden, um Wartezeiten zu verkürzen, relevante Angebote vorzubereiten oder um sie an Schutzmaßnahmen zu erinnern. Denn leider werden sie besonders häufig ins Visier von Bertrügerinnen und Betrügern genommen. Des Weiteren ermöglicht cloudbasierte Sprachbiometrie, dass Kundinnen und Kunden sich von überall, zu jeder Zeit und von jedem Gerät aus mit ihrer Stimme authentifizieren können, während Unternehmen die Lösung ganz nach aktuellem Bedarf skalieren können und automatisch von fortlaufenden Aktualisierungen und Verbesserungen profitieren.
Unternehmen müssen die Sicherheitsproblematik angehen
Die Authentifizierung per Passwort oder PIN ist noch immer die Methode, der in Deutschland das größte Vertrauen entgegengebracht wird. Dabei hat sie einen großen Makel: ihr Sicherheitsniveau ist stark davon abhängig, wie sicherheitsbewusst jeder individuelle Mensch mit ihr umgeht. Wer die PIN für Online-Banking aufschreibt oder für jeden digitalen Dienst dasselbe Passwort nutzt, macht es Kriminellen sehr leicht, an Daten und Geld zu gelangen. Aber das Umdenken muss vor allem in den Unternehmen stattfinden, die nach wie vor auf diese veraltete Art der Identitätsprüfung setzen. Technologien zur Validierung biometrischer Merkmale sind mittlerweile so weit ausgereift, dass sie eine wesentlich schnellere, sicherere und anwenderfreundlichere Alternative sind. Insbesondere die Sprachbiometrie bietet nicht nur die Möglichkeit, Passwörter dauerhaft durch einen Stimmabdruck zu ersetzen, sondern kann auch für eine bessere Erfahrung für Kundinnen und Kunden sorgen und bei der frühzeitigen Aufdeckung von Betrug unterstützen. Aktuell wächst das Bewusstsein für die Gefahren rund um persönliche Daten und Informationen. Dementsprechend wird deren Sicherheit ein immer wichtigeres Kriterium. Führungskräfte müssen sich deshalb mit dieser Thematik befassen und entsprechende Lösungen zeitnah implementieren.
[1] Die Online-Umfrage „Digital Consumer Experience“ wurde von Nuance in Auftrag gegeben und von OnePoll zwischen dem 21. April und 7. Mai 2021 durchgeführt. Befragt wurden 10.000 Verbraucher in Deutschland, Australien, Belgien, Frankreich, Großbritannien, Italien, Mexiko, den Niederlanden, Schweden, Spanien und den USA.