Chance für Versicherer
Die Redaktion im Gespräch mit René Schoenauer, Produkt Marketing Manager EMEA, Guidewire Software GmbH, über die Rolle der Digitalisierung bei der Umsetzung der Compliance-Richtlinien.
Herr Schoenauer, inwieweit werden die Rechte von Versicherungsnehmern im Kontext der EU-DSGVO gestärkt?
Versicherungskunden erhalten mehr Transparenz und Einfluss in Bezug auf die Speicherung persönlicher Daten, wie zum Beispiel das „Recht auf Vergessen“.
Wie sollten Versicherer jetzt reagieren?
Versicherer wie alle anderen Unternehmen müssen ganzheitlich über Datenschutz nachdenken und diesen umsetzen. Wo bisher eher reaktiv im Bereich Datenschutz agiert wurde, sollten Unternehmen das Thema proaktiv angehen.
Wir als Softwarehersteller für die Schaden- und Unfallversicherung tragen hier die Verantwortung, unsere Kunden technologisch mit modernen Werkzeugen auszustatten. Zum Beispiel, um auf Kundenanfrage unkompliziert und vor allem dokumentiert Anonymisierung oder sogar Löschung von personenbezogenen Daten zu ermöglichen.
Welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung und welche Vorteile können mit einer aktuellen Technologieplattform generiert werden?
Die Digitalisierung hat inzwischen Einzug in alle Bereiche unseres Lebens gefunden. Viele Angebote und Dienstleistungen von Unternehmen sind dadurch extrem personalisiert. Die Basis hierfür bilden personenbezogene Daten, da sich nur so Kundenbedürfnisse individuell analysieren lassen.
Um diese Daten weiterhin auch im Rahmen der DSGVO verwenden zu können, müssen z. B. moderne Algorithmen zur Anonymisierung von Daten angewendet werden, die keinen persönlichen Rückschluss mehr zulassen, aber trotzdem die Möglichkeit der Analyse bieten.
Welche Fragen sollten sich Versicherer oder Versicherungsunternehmen im Kontext der DSGVO jetzt noch stellen?
Die Kernfrage rund um die DSGVO ist: Welche personenbezogenen Daten darf ich wie lange vorhalten, weil der jeweilige geschäftliche Anwendungsfall die Speicherung unabdingbar macht? Eine der Grundprinzipien der DSGVO ist es, solche Daten nur so lange speichern zu dürfen, wie es für einen geschäftlichen Anlass zwingend notwendig ist. Gerade hier müssen Versicherungen genau verstehen, was erlaubt ist und was nicht und es dem Versicherungsnehmer auch schlüssig erklären können. Im Falle eines Schadens zum Beispiel stellt sich die Frage, für welche Zeitspanne die DSGVO greift und ob die Versicherung die Daten weiterhin speichern darf, selbst wenn der Versicherte nicht mehr ihr Kunde ist.
Versicherer müssen hier in die Offensive gehen und den Behörden mit einem Geschäftsszenario-Modell zeigen, dass sie diese Daten weiterhin für geschäftliche Zwecke benötigen.
Die EU-DSGVO als Chance begreifen, geht das?
Die DSGVO muss unbedingt als Chance begriffen werden. Auch in der Versicherungsindustrie verlangen die Geschäftsmodelle der Zukunft immer mehr nach personenbezogenen Daten, um Versicherten personalisierte Services und Produkte anbieten zu können, wie sie es schon aus anderen Lebensbereichen gewohnt sind. Die Chance, die sich nun durch die DSGVO bietet, ist es dieses in der externen Kommunikation zu einem Vorteil zu wenden, wo in der Vergangenheit das Thema Datenschutz eher für negative Schlagzeilen gesorgt hat. Unternehmen, die gegenüber Ihren Kunden zum einen kommunizieren können, dass sie durch die DSGVO den Datenschutz ernst nehmen, und zum anderen Ihren Kunden die Vorteile und den Nutzen dieser neuen Geschäftsmodelle darlegen können, werden von Kunden weiterhin die Zustimmung zur Speicherung und Verarbeitung ihrer persönlichen Daten bekommen und damit einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Anbietern haben.