Was tun, wenn das Finanzamt kommt?

So klappt’s mit der Betriebsprüfung

Jedes zweite Unternehmen muss Steuern nachzahlen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle PwC-Studie. Bei 54 Prozent der befragten Betriebe kam es zu einer steuerlichen Mehrbelastung. Zwar lässt sich insgesamt ein Rückgang bei der Anzahl der Feststellungen beobachten, allerdings gibt es weiter Nachzahlungen in Millionenhöhe. So wurde für 2022 vom Bundesfinanzministerium ein Mehrergebnis von rund 10,8 Milliarden Euro festgestellt. Projiziert auf den aktuellen Haushaltsplan für 2025 entspricht das in etwa jeweils dem gesamten Jahresetat des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (10.280.316 Euro), des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (10.257.525 Euro) oder des Bundesministeriums der Finanzen (10.140.929 Euro). Kein Wunder, dass in fast jedem Unternehmen die Nervosität steigt, wenn die Prüfer des Fiskus vor der Tür stehen. Die Besucher stellen nicht nur bohrende Detailfragen, sondern nehmen interne Unterlagen kritisch unter die Lupe. All das kostet Zeit, Nerven und nicht selten sehr viel Geld. Eine gründliche Vorbereitung schafft hier Abhilfe.

Betriebsprüfung: die Basics

Um sicherzustellen, dass Unternehmen ihre Abgaben innerhalb eines bestimmten Zeitraums ordnungsgemäß und in korrekter Höhe ans Finanzamt abführen, machen Betriebsprüfer Stichproben. 2022 waren es rund 150.000[1], was einer Prüfungsquote von durchschnittlich 1,8 Prozent entspricht. Dabei variiert die Häufigkeit der Kontrollen je nach Umsatzgröße. Bei Großunternehmen ist der Anteil mit 17,5 Prozent deutlich höher[2]. Mehr noch: Wie die PwC-Studie zeigt, können vor allem bei umsatzstärkeren Betrieben die Steuernachzahlungen höher ausfallen. Nur 19 Prozent der befragten Betriebe gaben an, dass sie keine nennenswerten Mehrbelastungen oder sogar Rückerstattungen erhalten haben. Die meisten davon sind kleinere Unternehmen der Umsatzgrößenklasse von 500 Millionen Euro und weniger (25 Prozent). Dem gegenüber stehen Organisationen ab einer Umsatzgrößenklasse von 500 Millionen Euro, bei denen höhere Mehrbelastungen auftraten. Auffällig ist, dass 5 Prozent der Unternehmen mit einem Jahresumsatz von einer Milliarde Euro oder mehr angaben, dass sie bei der letzten Betriebsprüfung zusätzliche Steuerlasten von mindestens 50 Millionen Euro tragen mussten. Solche unvorhergesehenen und potenziell kostspieligen Steuernachzahlungen können in einer ohnehin angespannten Situation den Druck auf die finanziellen Ressourcen empfindlich erhöhen. Entsprechend wichtig ist die lückenlose Dokumentation aller geschäftlichen Ausgaben – und das in jedem Steuerjahr. Die Lösung liegt hier in der Implementierung einer klaren Dokumentationsrichtlinie und der Nutzung digitaler Tools zur einfachen Erfassung und Archivierung von Belegen. Zudem gilt es festzulegen, welche Qualitätsstandards eingehalten werden müssen. Das erfordert eine umfassende Analyse der Geschäftsstrukturen und eine Anpassung der Aktivitäten.

Prüfungsangst kommt nicht von ungefähr

Unregelmäßigkeiten bei Umsatz, Gewinn und Kosten, Vermögenszuwachs ohne die erforderlichen Einnahmen oder starke Umsatzschwankungen – Gründe für eine Betriebsprüfung kann es viele geben. Eine Auffälligkeit in den Zahlen in einem Jahr führt in aller Regel noch zu keiner formellen Prüfungsanordnung. Häufen sich die Unstimmigkeiten und eine unübersichtliche Aufstellung der Zahlen erschwert den Vergleich mit den Vorjahren, erregt das die Aufmerksamkeit der Sachbearbeiter. Kommen dann noch fehlende Quittungen für Büromaterial oder Taxifahrten, lückenhafte Reisekostenabrechnungen der Mitarbeitenden oder Bewirtungsbelege über 200 oder 300 Euro ohne Angaben zum betrieblichen Anlass des Arbeitsessens dazu, sollten sich Firmen nicht wundern, wenn sich die involvierten Behörden melden. Dabei stehen ihnen heute ganz andere digitale Hilfsmittel zur Verfügung als früher. So lassen sich riesige Datenmengen mit Analyseprogrammen automatisch auswerten und Durchschnittswerte für Branchen ermitteln. Entsprechend schnell und präzise stellen die Prüfer fest, welche Firmen von der Norm abweichen. Das gilt auch für Fälle, wo Daten aus Steuererklärung und E-Bilanz nicht übereinstimmen.

 

Gründlichkeit im Vorfeld

Besteht ein konkreter Verdachtsfall, melden sich die Prüfer des Finanzamts oft schon per Telefon, um ihren Besuch mündlich und noch vor der offiziellen schriftlichen Anordnung anzukündigen. Dann haben Firmen etwa zwei bis vier Wochen Zeit, alle steuerrelevanten Aufzeichnungen und Belege so zu ordnen, dass sie während der Prüfung schnell auffindbar sind. Im Idealfall haben sie zuvor eine klare Dokumentationsrichtlinie implementiert und nutzen digitale Tools zur einfachen Erfassung und Archivierung von Belegen oder sogar ganzheitliche Tax-Compliance-Management-Systeme, die einen transparenten 360-Grad-Überblick über sämtliche Daten ermöglichen. Bei einer Betriebsprüfung werden normalerweise die letzten drei zusammenhängenden Jahre geprüft. Hier muss man eine absolut lückenlose Dokumentation vorweisen können. Das gilt nicht zuletzt auch für weitere Daten- und Informationsanforderungen. Vor allem bei global tätigen Organisationen kann das neben einer Verrechnungspreisdokumentation und der E-Bilanz etwa auch eine steuerliche Verfahrensdokumentation nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoBD) sein.

Relevanter Prüfungsstoff

Besonders beliebte Aspekte, die das Finanzamt gerne unter die Lupe nimmt? Neben Kleinstbetragsrechnungen, Betriebsausgaben (besonders Bewirtungsbelegen) und den Angaben der gesetzlichen Sozialversicherungen werfen Kontrolleure gerne auch kritische Blicke auf Vorsteuerabzug, Umsatzsteuer, Investitionsabzugsbeträge, Sonderabschreibungen, Schuldzinsen und die private Nutzung von Firmengütern, insbesondere von Dienstwagen. Die Schwerpunkte bei einer Betriebsprüfung können je nach Unternehmen variieren. So zeigt die PwC-Studie, dass vor allem bei größeren Unternehmen der Umsatzklasse ab 500 Millionen Euro Mehrergebnisse im Gebiet des Bilanzsteuerrechts erzielt wurden. Bei kleineren Firmen trifft es hingegen den Bereich der laufenden Abschreibung. Und mit den Themen „Absetzbarkeit von Betriebsausgaben“ und „Bilanzierung des Umlaufvermögens“ haben Organisationen aller Umsatzgrößenklassen zu kämpfen. Entsprechend empfiehlt es sich, vor allem Belege zu diesen Angaben gezielt gemeinsam mit dem eigenen Steuerberater vorzubereiten. Fehlen Dokumente, wie Kontoauszüge, Rechnungen, Verträge oder andere steuerliche Unterlagen, müssen Firmen mit empfindlichen Sanktionen rechnen. Denn die Prüfer haben nicht nur die Möglichkeit, den Betriebsausgaben- und Vorsteuerabzug zu kürzen und bestimmte Beträge zum erklärten Gewinn hinzuzurechnen oder gar zu schätzen, sondern in bestimmten Fällen auch ein Verzögerungsgeld von mindestens 2.500 Euro zu verhängen. Damit die Kontrolleure zum Start des Prüfungszeitraums alle relevanten Unterlagen möglichst schnell erhalten und sichten, sollte das Unternehmen eine Ansprechperson bestimmen, die Auskünfte erteilen darf. Am besten geeignet sind hierfür neben geschulten Angestellten auch Steuerfachleute, die für Fragen zur Verfügung stehen. Beendet ist die Prüfung offiziell nach der Schlussbesprechung bzw. mit dem Abschlussbericht, der als Basis für neue Steuerbescheide dient. Je nach Größe des Unternehmens kann das bereits nach wenigen Tagen der Fall sein oder erst nach mehreren Wochen.

Mehr dazu unter: https://www.juhn.com/fachwissen/betriebspruefung-einspruch-klage/betriebspruefung-uebersicht/

Über den Autor

Prof. Dr. Christoph Juhn ist Professor an der FOM Hochschule Bonn, Steuerberater und geschäftsführender Partner bei der JUHN Partner GmbH. Seine Schwerpunkte: Umwandlungen und Umstrukturierungen, Unternehmen- und Konzernsteuerrecht, internationales Steuerrecht und Unternehmenstransaktionen.

[1] PwC Deutschland. „Studie zur Praxis der Betriebsprüfung in Deutschland“: Zusätzlich wurden über 6.000 Prüfungen in „sonstigen Fällen“ vorgenommen, etwa bei Steuerpflichtigen mit bedeutenden Einkünften beziehungsweise bei Verlustzuweisungsgesellschaften oder Bauherrengemeinschaften.

[2] Bundesfinanzministerium „Ergebnisse der steuerlichen Betriebsprüfungen der Länder 2022