„New Work“ = „Good Work“?
Im Interview mit unserer Redaktion zeigt Dr. Alexandra Krone auf, was „gute Arbeit“ ausmacht.
Frau Dr. Krone, welche Philosophie verbinden Sie mit dem Begriff „Good Work“?
„Good Work“ betont anders als „New Work“ nicht den Hipness-Faktor, sondern konzentriert sich auf die Frage, was gute Arbeit denn nun tatsächlich ausmacht. Ich verbinde damit eine individuell sinnstiftende, erfüllende Tätigkeit in Kombination mit wenig normierten – also zum Beispiel im Hinblick auf Arbeitszeit und -ort individualisierbaren – Arbeitsbedingungen. Das allein reicht aber nicht aus. Um wirklich von „Good Work“ sprechen zu können, braucht es aus meiner Sicht eine Unternehmenskultur, die eine hohe Kommunikations- und Kollaborationsqualität im Team radikal priorisiert.
„Der Cultural Fit ist ein Muss-Kriterium“,
betont Dr. Alexandra Krone, Managing Director, GAMOMAT Development GmbH.
Dr. Alexandra Krone prägte die Unternehmenskultur der GAMOMAT Development GmbH zunächst als Chief People Officer und seit 2021 als Managing Director. Die Psychologin verfügt über mehr als 15 Jahre Managementerfahrung, ist Lehrbeauftragte und begeisterte Organisationsentwicklerin im Mittelstand.
Inwieweit haben Sie Ihre eigene Unternehmenskultur danach ausgerichtet?
Bei uns trifft eine hohe Werteorientierung auf eine hybride, flexible Arbeitsumgebung, wie bei einem „ehrbaren Unternehmer 4.0“. Der gesamte Employee Life Cycle ist – beginnend mit dem Recruiting – konsequent entlang unserer fünf Core Values gestaltet. Der Wert „Traumpartner“ formuliert dabei unsere Erwartungen an ein reifes Kommunikationsverhalten. Wir bekommen dazu viel Feedback: Das Teamklima wird als außergewöhnlich frei von Egoismen, Befindlichkeiten und Mikropolitik beschrieben, aber dennoch nicht als konfliktvermeidend. Der Schlüssel dazu liegt in einem wertekonsistenten People Management.
Welche Bedeutung hat für Sie das Thema „Cultural Fit“ im Hinblick auf Ihre eigenen Recruiting-Prozesse?
Wir arbeiten ausschließlich mit strukturierten Interviews, die sich ungewöhnlich stark auf die Sozial- und Selbstkompetenz, also auf den unternehmenskulturellen Teil des Anforderungsprofils fokussieren. Der Cultural Fit ist ein Muss-Kriterium. Fehlt er, sehen wir auch bei vorhandener Fachkompetenz konsequent von einer Zusammenarbeit ab. Auch Bewerbende bekommen so die Möglichkeit, ihre persönlichen Werte klar und frühzeitig mit denen des Unternehmens abzugleichen. Diese „handverlesene“ Personalauswahl formt ein Team mit geteilter Wertebasis und hoher kommunikativer Kompetenz.
Was bedeutet Ihr Hybrid-Work-Kodex für Mitarbeitende?
Hybride Arbeit – als freie Wahl des Arbeitsortes – bietet das Potenzial, Arbeitsbedingungen im Einklang mit persönlichen Lebensumständen zu gestalten. Individueller Freiraum braucht aber auch einen klaren Rahmen, der im Team für psychologische Sicherheit sorgt – unseren Kodex. In fünf Leitplanken definiert er unter anderem verbindliche Verfügbarkeitszeiten oder meetingfreie Tage für Fokusarbeit. Da uns persönliche Begegnungen wichtig sind, haben wir unser Office zudem mit einem sechsstelligen Budget hybridready umgestaltet – als „Kulturtankstelle“, die Zugehörigkeit und Identität vermittelt.
Welche Aufgaben übernimmt in diesem Kontext Ihre GAMOcademy?
Die GAMOcademy ist unser brandneues, maßgeschneidertes Learning & Development-Format für die wirksame (Zusammen-)Arbeit in flexiblen Arbeitsumgebungen. Hybride Arbeit bietet Freiräume, wirft aber eben auch ganz neue Fragen auf: Wie gehe ich mit der zunehmenden Überschneidung von Lebensbereichen um? Wie sorge ich selbstwirksam für mein Kontaktbedürfnis, wenn die Kolleg:innen nicht mehr ständig im Office sind? Wie führt man ein ortsverteiltes Team? Die GAMOcademy bietet hier ganzheitliche Unterstützung in puncto Remote Skills, Self Care und Beziehungskompetenz. Neben einem Onboarding-Modul für neue GAMOMATies enthält es Deep Dive-Module im Präsenzformat, kleine virtuelle Learning Nuggets und einen Leadership Circle.
Was bedeutet eigentlich Emotionsmanagement im Hinblick auf „Good Work“?
Good Work eröffnet große individuelle Freiräume und wirft die Menschen damit auf sich selbst zurück. Viele von uns sind es durch ihre biografischen Erfahrungen im Bildungssystem oder in traditionell funktionierenden Organisationen gewohnt, dass sich Eigenverantwortung durch hierarchische Strukturen und enge Regelwerke häufig nahezu erübrigt. Moderne Arbeitsformen lösen daher auch Ängste, Unsicherheit und Überforderung aus. Wir alle erinnern uns ja sicher noch lebhaft an die Bilder von aufgeriebenen Eltern zwischen Home Office und Home Schooling. Emotionsmanagement beschreibt die Fähigkeit, die eigenen Gefühle auch in belastenden Situationen selbstwirksam regulieren zu können, sodass wir langfristig psychisch gesund bleiben und auf unser volles Potential zugreifen können. Gutes Emotionsmanagement setzt zunächst voraus, dass man sich selbst – die eigenen Ressourcen und Grenzen – gut kennt. Moderne Personalentwicklung sollte dementsprechend immer auch Methoden zur gezielten Selbstreflektion und zum Resilienzaufbau vermitteln.
Inwieweit kann sich heute die Büroausstattung auf die Mitarbeitenden und die Produktivität auswirken?
Lange war die Vorstellung weit verbreitet, es gäbe bestimmte Arbeitsumgebungen, die generell produktiver sind. Ein Beispiel dafür war der – für mich überhaupt nicht nachvollziehbare – Hype um das Großraumbüro. Heute setzt sich erfreulicherweise zunehmend die Idee des Activity Based Workings durch, also die Erkenntnis, dass die Frage nach dem optimalen Arbeitsplatz nur in Abhängigkeit von der jeweiligen Tätigkeit und der sie ausführenden Person beantwortet werden kann. Daher haben wir bei der hybriden Umgestaltung unseres Offices darauf geachtet, dass sich Rückzugs- und Begegnungszonen abwechseln. Wenn der Arbeitsplatz jeden Tag frei wählbar ist, stellt dies generell hohe Anforderungen an die Raumqualität, denn es braucht ja einen Grund für den Weg ins Büro. Ich bin überzeugt davon, dass Offices in der Arbeitswelt von morgen im Wesentlichen Begegnung ermöglichen und durch eine Aufladung mit kulturellen Elementen Identität bzw. Zugehörigkeit vermitteln werden.
Wie konnte Ihnen Ihre Ausbildung zur Psychologin und Organisationsentwicklerin helfen, das Thema „Good Work“ umzusetzen?
Meine fachliche Prägung habe ich in meinem Werdegang durchgängig als sehr großen Mehrwert empfunden, weil sich in der Führung ja letztlich doch alles um menschliches Erleben und Verhalten dreht. Mir war zum Beispiel immer sehr bewusst, wie hoch die Bedeutung von Emotionen in der Unternehmenspraxis ist. Das hat es mir – so glaube ich – häufig vergleichsweise leicht gemacht, Dynamiken in Veränderungsprozessen frühzeitig zu antizipieren. Zudem bin ich als Psychologin natürlich von Hause aus sehr darauf sozialisiert, auf das einzelne Individuum und seine Besonderheiten zu schauen. Meine Haltung war schon immer: Alle sind anders. Insofern teile ich mit der New Work-Philosophie die Überzeugung, dass die Frage nach guter Arbeit aus diversen Perspektiven beantwortet werden muss. Vor meiner Zeit bei der GAMOMAT habe ich viele Jahre in klassisch-traditionellen Unternehmen – zum Teil gegen massive Widerstände aus dem Management – für meine Vision von guter Arbeit und neuer Führung gekämpft. Für mich fühlt es sich tatsächlich ein wenig wie „Ankommen” an, dass New Work nun nicht mehr nur theoretisch auf Tagungen diskutiert, sondern in der Breite der Unternehmen reflektiert wird.
Welche Ziele haben Sie sich noch für dieses Jahr gesteckt?
Was das People Management angeht, steht das Jahr 2023 mit dem Launch der GAMOcademy natürlich ganz im Zeichen der Personalentwicklung. Gesamtunternehmerisch haben wir uns ambitionierte strategische Ziele gesetzt – das Team wird also weiter wachsen. In den letzten Jahren wurde uns in Mitarbeitendenbefragungen und durch zahlreiche externe Auszeichnungen immer wieder ein hohes Niveau an Arbeitgeberattraktivität bescheinigt. Wir haben uns fest vorgenommen, dieses Niveau auch im weiteren Wachstum unbedingt zu halten, weil wir immer noch von Peter Druckers alter Weisheit zutiefst überzeugt sind: Culture eats strategy for breakfast.
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