Wie sich die Rolle von Führungskräften in der Krise verändert

Dies ist ein Gastbeitrag von Vanessa Kowollik, EX XM Scientist bei Qualtrics

Jede Krise stellt die Qualitäten von Führungskräften auf die Probe, doch die aktuelle Situation wirft besonders viele Fragen auf. Die Welt sieht sich mit einer globalen Pandemie, sozialen Unruhen und unerwarteten Wirtschaftseinbußen konfrontiert. Führungskräfte rund um den Globus sind aufgefordert, sich immer wieder auf neue Situationen einzustellen.

Im Laufe einer Krise verändert sich die Rolle von Führungskräften. Doch nicht jedem gelingt es, immer auf die Bedürfnisse der Angestellten einzugehen und zu erkennen, in welchen Bereichen sie ihn am dringendsten brauchen. Wer es allerdings schafft, die richtigen Entscheidungen zu treffen, wird – ebenso wie seine Mitarbeiter – stärker und widerstandsfähiger aus der Krise hervorgehen.

Neue Aufgaben der Führungskräfte

Mitarbeiterengagement wird meist anhand von Variablen gemessen – etwa daran, wie stark sich jemand mit seiner Arbeit identifiziert, wie sehr er sich einsetzt und was er über sein Unternehmen denkt. Vor der Pandemie lief die Förderung des Mitarbeiterengagements über Schulungs- und Entwicklungsmöglichkeiten, Anerkennung und den Abgleich der Ziele des Unternehmens und des Mitarbeiters.

Doch in Krisenzeiten verschieben sich die Motive des Personals in Bezug auf ihr Engagement. Laut einer globalen Studie über die Mitarbeiterbelastbarkeit steigt das Engagement von Angestellten, wenn sie Vertrauen in die Entscheidungen der Führungsetage haben, sie bei der Anpassung an Unternehmensveränderungen von den Managern Unterstützung erfahren und sie sich darauf verlassen können, dass die Führungsebene ihr Wohl im Sinn hat.

Noch vor wenigen Monaten galten Programme zur Förderung des Wohlbefindens von Beschäftigten als nettes Plus für die Employee Experience. Heute bilden sie einen wesentlichen Bestandteil der Unternehmensstrategie. Denn in unsicheren Zeiten können selbst die widerstandsfähigsten Mitarbeiter von einer schlechten Arbeitsatmosphäre aufgerieben werden.

Eine gute Führungskraft weiß, dass das Wohlbefinden der Mitarbeiter sowohl in den Händen des Unternehmens als auch in denen des Personals liegt, und übernimmt diese Verantwortung für das Unternehmen. Doch was bedeutet das im Einzelnen?

Verantwortung für das Wohlbefinden der Mitarbeiter übernehmen

Führungskräfte, die sich während einer Krise engagiertes und belastbares Personal wünschen, sollten den Vorgesetzten das nötige Rüstzeug mitgeben, um ihre Teams zu unterstützen – also sie auf Veränderungen richtig vorzubereiten und ihnen bei Herausforderungen zur Seite zu stehen.

Mitarbeiter, die sich auf die Unterstützung ihrer Manager verlassen können, haben eine doppelt so hohe Belastungsgrenze wie ihre Kollegen, bei denen das nicht so ist (86 Prozent gegenüber 43 Prozent). Die Wahrscheinlichkeit, Engagement zu zeigen, steigt dabei um das Dreifache (79 Prozent gegenüber 23 Prozent), so die Studie. Doch tatsächlich hatten nur 67 Prozent der Beschäftigten das Gefühl, während der Pandemie bei der Anpassung an organisatorische Änderungen unterstützt worden zu sein.

Manager haben verschiedene Möglichkeiten, ihre Teams zu unterstützen:

  • Hilfe bei der Stressbewältigung: Vereinfacht gesagt entsteht Stress, wenn die zu bewältigenden Aufgaben mehr Ressourcen benötigen, als verfügbar sind. Manchmal mag es tatsächlich angebracht sein, das Arbeitspensum eines Mitarbeiters zu reduzieren. Doch primär sollte der Manager prüfen, welche Ressourcen vorhanden sind und wie der Angestellte ihre Verfügbarkeit einschätzt.
  • Arbeitspensum verwalten: Beschäftigte mit einem zu hohen oder zu geringen Arbeitspensum haben niedrigere Belastbarkeitsgrenzen als solche mit genau dem richtigen oder einem leicht erhöhten Pensum. Durch die Investition in Tools oder Schulungen tragen Führungskräfte dazu bei, dass Manager ihre Prioritäten wieder neu ausloten und ihre Mitarbeiter anleiten können, dies ebenfalls zu tun.
  • Besinnung auf die Grundwerte: In Zeiten wie diesen stellt die Arbeit nicht den einzigen großen Stressfaktor dar. Möchten Führungskräfte und Manager das Wohlbefinden ihres Personals verbessern, sollten sie sich auf Grundwerte wie Anteilnahme, Zuwendung, Empathie und Transparenz zurückbesinnen. Unternehmen müssen entsprechende Trainingsprogramme bieten, in denen Manager und Führungskräfte lernen, dies umzusetzen.

Zuhören und handeln

Über 90 Prozent der Arbeitnehmer hielten Mitarbeiterbefragungen während der Krise für wichtig oder sehr wichtig. Doch nur 51 Prozent von ihnen wurden tatsächlich um Feedback gebeten. Diejenigen Mitarbeiter, deren Rückmeldungen eingeholt wurden, schätzten ihre Belastbarkeit deutlich höher ein, als die, bei denen das nicht der Fall war.

Mitarbeiterbefragungen sind essentiell, damit Unternehmen engagiertes und produktives Personal ausbilden können. Doch nur, wenn die Führungskräfte darauf eingehen und entsprechend handeln, ist Zuhören wirklich sinnvoll. Fast 70 Prozent der Beschäftigten in Unternehmen, die auf das Feedback reagieren, möchten langfristig in der Firma bleiben – im Gegensatz zu 48 Prozent der Angestellten, bei denen das Feedback nur unzureichend umgesetzt wird.

Führungskräfte können ihren Mitarbeitern den Wert von Feedback für Entscheidungsprozesse auf verschiedene Weise verdeutlichen, etwa indem sie ihnen veranschaulichen, wie es in der Organisation genutzt wird, oder indem sie sicherstellen, dass die Kommunikation die Empfindungen und Erfahrungen der Arbeitnehmer widerspiegelt. Eine weitere Möglichkeit ist, Themen aufzugreifen, die sich aus dem Feedback ergeben, und zu erläutern, wie sie eine bestimmte Entscheidung oder Maßnahme beeinflusst haben.

Besonders in Krisenzeiten müssen Führungskräfte Verantwortung für das Wohlbefinden ihrer Beschäftigten übernehmen, indem sie sie unterstützen, auf sie eingehen und auf ihr Feedback reagieren. Krisen mögen eine besondere Herausforderung darstellen, doch sie bieten auch Gelegenheit, Aufgaben zu bewältigen und stärker aus ihnen hervorzugehen.

Über die Autorin

Vanessa Kowollik ist EX XM Scientist bei Qualtrics und unterstützt Kunden bei der Entwicklung und Skalierung von Mitarbeiter-Experience-Programmen. Davor arbeitete Kowollik als Senior Consultant bei IBMs Talent Management Solution, wo sie an der Leitung der Mitarbeiterbefragung beteiligt war. Kowollik verfügt über zehn Jahre Erfahrung in der Personalbetreuung verschiedener Branchen wie dem Bankwesen, der Telekommunikation und dem verarbeitenden Gewerbe. Zu ihrem Fachbereich gehören Umfragen zum Mitarbeiter-Engagement und Pulsbefragungen, 360°- und 180°-Umfragen, Personalauswahl und -bewertung sowie die Entwicklung von Kompetenz-Frameworks. Kowollik erwarb ihren Doktor in Betriebs- und Organisationspsychologie an der Universität Oklahoma im Bereich Cognitive Skill Acquisition.


Weitere Informationen unter:
https://www.qualtrics.com/de/