„Firmen müssen Silodenken abbauen, um Mitarbeiter zu binden“
Ein großer Trend im Bereich Big Data lautet „Datensilos aufbrechen“ und Daten zusammenführen. Während dieser Zeit des Remote Work oder Work anywhere entstehen aber noch ganz andere Silos: Mitarbeiter arbeiten vor sich hin und tauschen sich zu wenig aus. Die Aufgabe von Führungskräften lautet: Kommunikation. Und zwar die richtige. Dazu sprach die Redaktion mit Christoph Drebes, Geschäftsführer Mystery Minds GmbH.
Herr Drebes, was war die Motivation Ihrerseits, das aktuelle Kommunikationsverhalten in den Unternehmen unter die Lupe zu nehmen?
Neben geschäftlichen Meetings spielen informelle Gespräche zwischen Mitarbeitenden eine wichtige Rolle für die Zusammenarbeit – das wissen wir seit langem. Persönlicher Austausch führt seit jeher zu gegenseitiger Inspiration und nicht zuletzt zu neuen Ideen. Nun finden ein Plausch in der Kaffeeküche oder ein Gespräch im Aufzug in vielen Unternehmen seit über einem Jahr schlichtweg nicht mehr statt, nachdem ein Großteil der Kolleginnen und Kollegen am heimischen Rechner sitzen. Auch die schnelle Abstimmung von Tür zu Tür oder das Business-Lunch, in dem das aktuell brennende Projekt besprochen werden könnte, fallen weg. Folgerichtig ist, dass sich Kommunikation und Kollaboration in diesem ‚New Normal‘ grundlegend verändern. Ein Unternehmen hat mit dem Homeoffice-Standard plötzlich viele Tausend Standorte – da liegt es auf der Hand, dass sich Silos bilden. Die Entwicklung hat nicht nur Auswirkung auf die Arbeitsweise und Produktivität, sondern auch das Wohlbefinden von Mitarbeitern. Mit den daraus resultierenden Konsequenzen haben wir uns auseinandergesetzt und ein Whitepaper veröffentlicht, dass die Thematik des ‚Silodenkens im neuen Normal‘ näher beleuchtet.
Was waren für Sie die „erstaunlichsten“ Ergebnisse?
Wir haben uns mehrere Studien und Berichte angeschaut, die sich mit den neuen Herausforderungen beschäftigen. Dabei stießen wir auf eine Studie der Universität Oxford, nach der seit Ende 2020 etwa die Fälle von Homeoffice-Burnout zugenommen haben. Privates und Geschäftliches kann nicht mehr so einfach getrennt werden. Gerade nachdem unabsehbar ist, wann es zurück geht zum „Usual Normal“ – sofern das überhaupt jemals kommt – nehmen auch die Ängste der Mitarbeiter zu. Hinzu kommt, dass ein Austausch mit Kollegen über die Probleme in Verbindung mit dem neuen Normal nicht mehr so möglich ist.
Was raten Sie Unternehmen in diesem Kontext für die interne Kommunikation?
Die Problematik zunehmender Silomentalitäten lässt sich abmildern oder sogar auflösen, wenn die Verantwortlichen in Unternehmen vermehrt persönliche Verbindungen schaffen. So ist es zum Beispiel wichtig, dass sich Wissensträger vernetzen und Kollegen miteinander ins Gespräch kommen, die bislang keinen Kontakt miteinander hatten. Auch in einer mobilen Arbeitswelt braucht es eine engmaschige Kommunikation nicht nur innerhalb von Abteilungen, sondern darüber hinaus. Das Schöne ist, dass dies genauso einfach funktionieren kann wie früher vor Ort: Statt gemeinsamen Mittagessen zu gehen, trifft man sich einfach auf einen virtuellen Kaffee.
Remote Work und verteilte Arbeitsorte und -umgebungen bleiben relevant. Wie schätzen Sie das hinsichtlich der Mitarbeiterbindung ein?
Die Wechselbereitschaft dürfte aktuell in der Krise nicht so hoch sein wie zu anderen Zeiten. Viele Beschäftigte setzen zunächst auf die Sicherheit eines bestehenden Arbeitsplatzes. Doch dies könnte sich schon bald wieder ändern – denn sobald die Wirtschaft wieder auf Hochtouren anläuft, ist davon auszugehen, dass neue Chancen gesucht werden. Hinlänglich bekannt ist, dass die Art und Weise, wie Kollegen zusammenarbeiten, wichtig ist für die langfristige Bindung von Mitarbeitern ans Unternehmen. Da auch auf lange Sicht von einer Zunahme von Arbeit im Homeoffice auszugehen ist gilt es, genau in diesem Kontext bessere Strukturen zu schaffen. Firmen müssen Silodenken entgegenwirken, damit sich Mitarbeiter wohlfühlen und langfristig an Bord bleiben.
Was sollten Unternehmen beachten hinsichtlich der Arbeitsumgebungen? Wie können sie Mitarbeiter richtig einbinden?
Die Arbeitswelt dürfte sich weiter verändern. Wir gehen davon aus, dass sich hybride Modelle etablieren werden, wo Mitarbeitende anteilig vor Ort und mobil arbeiten. Das Büro wird zunehmend zu einem „Creative Space“, wo sich Kollegen bei Bedarf punktuell treffen. Hier geht es um Socializing, aber auch ums Voneinander-Lernen. Die eigentliche Arbeit passiert häufig von remote. Um in diesem Kontext erfolgreich zu sein und Silomentalitäten zu vermeiden ist es entscheidend, neue Verbindungen im gesamten Unternehmen aktiv zu fördern. Außerdem müssen Firmen die technischen Voraussetzungen für Vernetzung schaffen – etwa, indem benötigte Tools und Software zur gemeinsamen Bearbeitung verfügbar gemacht werden. Führungskräfte sollten Mitarbeiter bei der Auswahl von Kollaborationstools mit einbeziehen und keine Angst beim Testen neuer Formate haben. Geschäftsleitung und Führungskräfte haben dabei eine besondere Rolle: Sie müssen zugleich Sorge tragen, dass Konzepte für den Abbau von Silos entwickelt werden. Außerdem sind sie in der Vorbildrolle im Hinblick auf eine optimierte Unternehmenskultur.
Wie relevant ist mittlerweile die Flexibilität hinsichtlich der Arbeitsorte und -zeiten im Kampf um die besten Talente?
In Zukunft werden die besten Talente in Firmen arbeiten, die ihnen eine möglich große Flexibilität anbieten. Das kann bis hin zu „Work from Anywhere“ gehen, wo Talente global in anderen Zeit- und Klimazonen arbeiten, oder auch entfernt vom eigenen Büro bei Ihrer Familie, Partner oder Eltern. Remote Work steht zu Teilen vor Herausforderungen – zum Beispiel, weil es schwieriger ist eine Unternehmenskultur zu etablieren oder kreativ und innovativ zu arbeiten. Die größte Herausforderung ist, dass der persönliche Kontakt durch virtuellen ersetzt werden muss. Auch hier sind Silos zu befürchten. Um alles unter einen Hut zu bekommen, braucht es daher Möglichkeiten für intelligentes Networking und virtuelle Räume wo sich verschiedene Ideen und Perspektiven zwanglos ausgetauscht werden können. Bei Mystery Minds wollen wir dabei unterstützen. Unsere Lösungen schaffen einen Raum für informellen Austausch und ermöglichen den Ausbau persönlicher Netzwerke im gesamten Unternehmen – über Standorte und Ländergrenzen hinweg. Außerdem tragen sie dazu bei, Wissen zu teilen, neue Sichtweisen kennenzulernen und auch für schwierige Projekte die richtigen Leute zu finden.
Über den Interviewpartner
Christoph Drebes ist Geschäftsführer der Mystery Minds GmbH. Mit den Software-as-a-Service (SaaS) Lösungen des HR-Tech Unternehmens mit Sitz in München werden bessere Vernetzung und persönliche Zusammenarbeit ermöglicht. Ziele sind der Abbau von Silos und die Etablierung einer zukunftsweisenden Unternehmenskultur. Mehr unter www.mysteryminds.com