Wir erleben gerade die Digitalisierung 2.0
Wir erleben gerade die Digitalisierung 2.0
Stepháne Paté, Senior Vice President und General Manager Dell Technologies Deutschland kommentiert:
Geschwindigkeit ist eine Frage der Maßeinheit. Wer bis dato geglaubt hat, die Digitalisierung sei ein sich selbst tragender und beschleunigender Prozess, der sieht sich angesichts der Corona-Pandemie getäuscht. Und das gleich in zweierlei Hinsicht. Erstens gibt es offensichtlich Umstände und treibende Kräfte, die dynamischer und disruptiver sind als jede Technologie. Diese Erkenntnis schützt vor Übermut und schärft den Blick für Prioritäten. Zweitens hat die Digitalisierung in den vergangenen Monaten quasi ihre Feuerprobe bestanden. Ohne digitale Infrastrukturen, Arbeitsplätze und die ganze Bandbreite an Kommunikationstools wären die wirtschaftlichen Folgen der Krise weitaus dramatischer ausgefallen.
Diskussionen rund um das Thema Digitalisierung und die Geschwindigkeit ihrer Umsetzung konzentrieren sich damit auf ihren pragmatischen Kern. Es ist zwar eine Vereinfachung zu sagen, dass Unternehmen prinzipiell erfolgreicher durch die Krise kamen, je höher ihr digitaler Reifegrad war. Im Grundsatz jedoch stimmt die Botschaft: Organisationen mit einem hohen Digitalisierungsniveau bei Geschäftsmodellen, Strukturen, Ausstattung, Workflows und Prozessen erweisen sich als resistenter, also krisenfester, weil sie flexibler, anpassungsfähiger und elastischer agieren und reagieren können als analog geprägte Mitspieler.
Für digitale Nachzügler kann das in der Konsequenz nur bedeuten: Die Digitalisierung muss sofort auf Platz Eins der strategischen To-do-Liste gesetzt werden. Doch damit stehen sie vor genau dem grundsätzlichen Wandel, den sie bislang – aus welchen Gründen auch immer – vermieden haben. Das Bewusstsein für die Dringlichkeit der Aufgabe ist angekommen. Die Führungskräfte wissen, dass der digitale Wandel ganz oben auf die Tagesordnung gehört. Aber in den allerwenigsten Fällen haben sie eine konkrete Vorstellung davon, wie sie ihn exekutieren sollen. Sie sind aktuell voll und ganz mit der kurzfristigen Sicherung des bestehenden Geschäftsbetriebs beschäftigt und sollen sich gleichzeitig um den mittel- und langfristigen gedachten digitalen Umbau kümmern. Die Grenze zur Überforderung ist da verständlicherweise schnell erreicht, denn die notwendigen Veränderungen betreffen ja auch grundsätzliche unternehmerische Werte, Einstellungen und Hierarchien.
Bestes Beispiel dafür ist das Phänomen des Home-Office. Bis vor kurzem noch argwöhnisch beäugt als Freibrief für potenziellen Missbrauch, haben viele Verantwortliche mittlerweile den praktischen Wert von Vertrauen kennengelernt. Sie mussten, durch die Umstände bedingt, zu ihrem Glück geradezu gezwungen werden.
Fakt ist: Ohne vernetzte Heimarbeitsplätze hätten viele Unternehmen nicht überlebt. Das bleibt nicht folgenlos im Sinne der Firmenkultur, bedeutet aber ganz praktisch auch notwendige organisatorische Veränderungen, die technologisch umgesetzt werden müssen. Vielleicht ist das ja ein erster Schritt, ein „archimedischer Punkt“, auf dem Weg zum digital erwachsenen Unternehmen. Ähnliches gilt für die Digitalisierung von Behörden, Schulen und Universitäten.
„Digital Leadership muss täglich neu erarbeitet werden.“
Stepháne Paté
Aber auch die „digitalen Champions“ dürfen sich nicht auf ihren Errungenschaften ausruhen. Digitalisierung bedeutet immer noch höchste Innovationsgeschwindigkeit. Die eingangs erwähnte intrinsische Dynamik ist ja nicht ausgeschaltet – im Gegenteil. Viele der anstehenden Veränderungen, etwa die robustere Ausgestaltung von Lieferketten, stellen auch sie vor neue Aufgaben. Zudem wäre es ja geradezu fahrlässig, den Vorsprung und Wettbewerbsvorteil aufs Spiel zu setzen, den man sich durch frühzeitige Adaption und Umsetzung der digitalen Transformation mühevoll und in der Regel gegen viele Bedenken und Widerstände erworben hat. Das heißt: Digital Leadership muss täglich neu erarbeitet werden.
Digitalisierung 2.0 ist jetzt!
Gleichzeitig sind die aktuelle Situation und die ersten Lehren, die wir daraus ziehen können, ein unüberhörbarer Weckruf an die Politik – egal ob auf kommunaler, regionaler oder bundesweiter Ebene, – schneller und intensiver an dem dafür notwendigen Fundament zu arbeiten: der digitalen Infrastruktur. Einerseits benötigen wir hohe, leistungsfähige und genügend abgesicherte Bandbreiten überall in der Republik, andererseits wird durch ihre erfolgreiche Implementierung die Nutzung digitaler Dienste weiter wachsen: Ein sich selbst verstärkender Prozess, dem die Infrastruktur gewachsen sein muss und den sie nicht als limitierender Faktor einbremsen darf.
Uns allen muss klar sein: Wir stehen vor dem großflächigen Umbau weiter Teile unseres wirtschaftlichen und sozialen Zusammenlebens. Er wird geprägt sein durch eine Beschleunigung der digitalen Transformation, die von einer Vielzahl von Faktoren getrieben wird und der sich praktisch niemand entziehen kann. Firmen und Organisationen haben deshalb nicht mehr die Wahl, ob sie ihren digitalen Reifegrad erhöhen oder nicht, sondern ob sie dabei Vorreiter oder Nachzügler sein wollen. Und diese Entscheidung stellt die Weichen für den Erfolg in der Zukunft.