Digitaler Christoph Vilanek, Freenet AG

„Unser Miteinander auf Dauer verändern“

Interview mit Christoph Vilanek, Vorstandsvorsitzender der freenet AG. Die Herausforderung an den Standort Deutschland ist der immer schneller werdende Wandel. Hier liegt auch ein großes Risiko: dass die Menschen nicht mit der zunehmenden Geschwindigkeit Schritt halten können.

Herr Vilanek, welches Potenzial steckt im „Internet der Dinge“?
IOT (Internet of things) wird alle Lebensbereiche in einer Radikalität und Schnelligkeit verändern, die vielleicht nicht die Grundfesten unserer Gesellschaft bedroht, aber auf unser tägliches Sein, unser Miteinander, unser Zusammenleben sowie die Wertschöpfungsketten unserer Volkswirtschaft höchst disruptiv wirken wird. Die Menschheit hat vergleichbare Veränderung gut überlebt, aber diesmal haben wir deutlich weniger Zeit, unsere Gesetze und die Regeln der Gesellschaft anzupassen. An Beispielen wie Uber sieht man, dass unser politischer Prozess viel zu langsam ist, um Chancen und Risiken einer solchen Veränderung  sauber auszubalancieren. Ich würde daher nicht von einem Potenzial sprechen, sondern von einer Realität. Das Machbare wird gemacht, und täglich entstehen neue Ideen und Möglichkeiten. Die spannende Frage ist meines Erachtens, ob es gelingen wird, die Vorteile einer Mehrheit zugänglich zu machen, oder ob das Internet der Dinge die Gesellschaft spalten wird: in diejenigen, die teilnehmen und diejenigen, die gleichsam von außen zuschauen müssen, weil sie „technisch“ überfordert sind.

Mit welcher Strategie wollen Sie daran zukünftig partizipieren?
Die freenet Gruppe adressiert mit allen ihren Marken den klassischen Endverbraucher also den Massenmarkt. Von unseren Kunden haben wir gelernt, dass diese neue digitale Welt für viele schwer verständlich ist. Konsumenten sind unsicher in ihren Entscheidungen über Geräte, Software, Systeme, Zubehör, Nutzung, Datenschutz etc. Ich weise in diesem Zusammenhang gerne darauf hin, dass über 40% der Menschen in Deutschland noch kein Smartphone verwenden. Wir identifizieren Produkte des Digital Lifestyles, prüfen diese und machen eine Vorauswahl. Wir wollen für den Kunden ein Berater und Ansprechpartner sein, dem er vertraut und dessen Sprache er versteht. Wir wollen nicht über Bits und Bytes und Milliampere sprechen, sondern über Bildqualität und Batterielaufzeit. Wir haben damit vor drei Jahren begonnen und sehen, dass unsere Kunden diesen Service begrüßen, und entsprechend sind wir ermutigt, diese Vision eines Beraters, der eine komplexe Welt erklären kann und die richtige Auswahl von Produkten hat, weiter zu verfolgen.

Welche Produkte sind für freenet relevant? Wie bringen Sie diese zu Ihren Kunden?
Wir konzentrieren uns auf drei Produktfelder. Den Bereich Heim Automation, das Thema Unterhaltung sowie den Bereich e-Health und Fitness. Endverbraucher suchen niemals eine neue Technologie; sie suchen nach Komfort, Erleichterung, Hilfe oder Ersparnis. Wir sind also der Vermittler zwischen der Produktion von Technologie und dem latenten Bedürfnis von Verbrauchern – das ist die klassische Leistung eines Händlers und als solchen verstehen wir uns. Dabei treffen wir hinsichtlich unserer Kanäle meines Erachtens genau den Zeitgeist. Ausschließlich online funktioniert es nicht, weil Kunden Produkte sehen, fühlen und greifen wollen. Das ist genau die Aufgabe von „Offline“, also unseren Shops und unseren Mitarbeitern in den Shops. Ich bin fest von der Zukunft einer Handelslandschaft überzeugt. Sie wird sich mehr auf Innenstädte, Fußgängerzonen und Einkaufscenter konzentrieren, aber sie wird materiell nicht an Bedeutung verlieren, sondern wahrscheinlich an Bedeutung gewinnen.

Was sind für Sie die großen Herausforderungen in diesem Wandel zu einem neuen Unternehmen 4.0 ?
Wir haben im eigenen Unternehmen erlebt, wie schwer es ist, auch nur die bisherigen Veränderungen zu verarbeiten. Als Mobilfunkanbieter sind unsere Mitarbeiter mit den aktuellen Themen Apps, Wearables oder Smart Home ziemlich vertraut.  Dennoch mussten wir viel Zeit, Geld und Kreativität investieren, um die Mitarbeiter in diese neue Welt mitzunehmen. Wir kommunizieren über Blogs und Podcasts, wir haben Demosäulen an unseren Standorten, wir schulen Mitarbeiter täglich an den neuen Produkten, und wir machen Produkte intern erlebbar. All das gelingt uns ganz gut, aber es ist und bleibt eine große Herausforderung, diesen Wandel konsequent weiter zu treiben. Für unsere Mitarbeiter im Kundenkontakt ist es neu, dass nicht jedes Gespräch in einem Verkauf mündet, das kennen wir nicht und entsprechend müssen wir es lernen. Wir müssen unsere Anreizsysteme verändern und die Strategie in den Mittelpunkt aller unserer Aktivitäten stellen. An den eigenen Mitarbeitern können wir sehr gut beobachten, was wir tun müssen, um diese neue digitale Welt verständlich zu machen. Wir üben quasi intern, wie man Ängste und Vorbehalte überwinden kann und neue Produkte und Lösungen attraktiv darstellt und gut erklärt.

Weitere Informationen unter:
www.freenet.de