Im Hintergrundgespräch erläutert Markus Fischer, Senior Consultant , abat AG, wie der Wandel zu S/4HANA gelingt und wie eine Umstellung im Hinblick auf die Zukunft der digitalen Supply Chain vorbereitet werden muss.
Herr Fischer, welchen Stellenwert nehmen RPA und KI im Kontext von ERP-Lösungen in Zukunft ein?
Mit dem wachsenden Einfluss von KI in Unternehmen steigen auch die Anwendungsmöglichkeiten. Prozess-Automatisierung steht hier an vorderer Stelle. Durch sie können wir es Fachkräften ermöglichen, sich auf die wichtigen Aufgaben zu fokussieren. Da es aber manchmal schwer ist geeignete Anwendungen zu identifizieren, hilft uns die KI in Form von RPA. Ein Algorithmus analysiert zum Beispiel ausgeführte Transaktionen in einem S/4HANA-System und gibt Hinweise zu möglichen Automatisierungsmöglichkeiten. Ein Resultat kann beispielsweise sein, dass Felder automatisch ausgefüllt werden sollten, die bis jetzt durch Mitarbeiter händisch ausgefüllt werden müssen – besonders monotone Aufgaben lassen sich also schnell abschaffen. Das kann sich positiv auf andere Bereiche auswirken. So steigt die Mitarbeitermotivation besonders dann, wenn sie sich auf wichtige Aufgaben konzentrieren können und dadurch auch Zeit finden, um über Innovationen in ihrem Arbeitsbereich nachzudenken. Daher wird auch SAP in Zukunft eine RPA-Lösung anbieten, die sich perfekt in bestehende Prozesse integrieren lässt. Sie wird aber nicht nur auf SAP ERP beschränkt sein, sondern auch Drittanbieter-Tools unterstützen und zulassen. Damit kann abat auch ERP-übergreifende Prozesse optimieren.
Welche KI-Projekte werden gerade in diesem Kontext in Ihrem Haus bearbeitet?
In der heutigen Zeit muss sich jedes Unternehmen fragen, wo sich der Einsatz von KI lohnt. abat setzt die Technologie nie der Technologie wegen ein – sondern ein Nutzen für das Unternehmen und die Mitarbeiter muss gegeben sein. Das ist besonders für die Akzeptanz von KI-Lösungen sehr wichtig. Keiner soll denken, dass KI seinen Arbeitsplatz gefährdet. abat nutzt daher KI zum einen in eigenen Prozessen, zum anderen unterstützen wir durch KI aber besonders unsere Kunden bei ihren Herausforderungen. So suchen viele unserer Kunden momentan verstärkt nach Möglichkeiten der Prozessoptimierung, aber auch nach Lösungen, die ohne KI bisher nicht machbar waren. Dazu gehören beispielsweise Analysefunktionen, die auf Fehler aufmerksam machen können, bevor sie eintreten. Aber auch neue Wege der Umsatzgenerierung sind gefragt. Und unsere Kunden lassen sich oft neue Services anbieten, die bisher nicht möglich waren. Sogenannte Chatbots sind da eine sehr gefragte Lösung. Sie ermöglichen einen ersten Kundenkontakt ohne zusätzlichen Personalaufwand. Beispielsweise beantworten die Bots häufig gestellte Fragen oder bieten Self-Service-Funktionen an. Mit ihrer Hilfe können Kunden ganz einfach über ein Chat-Fenster nach einer Bestellung fragen, die parallel im Hintergrund von einem Chatbot analysiert und bearbeitet wird.
Welche Vorteile bringt die Umstellung von R3 auf SAP S/4HANA konkret?
Mit der Echtzeit-ERP-Lösung S/4HANA bietet die SAP Unternehmen einen Rahmen, um für aktuelle und zukünftige digitale Marktanforderungen gerüstet zu sein. Denn zusätzlich zu den bisherigen Möglichkeiten des SAP ERP stellt ein Umstieg auf S/4HANA Enterprise Management viele Vorteile zur Verfügung. So wird die Datenbank durch den Wegfall von Aggregats- sowie Indextabellen erheblich verschlankt. Und durch die generelle Vereinfachung des Datenmodells wird in der Logistik eine noch höhere Qualität erzielt. Das betrifft beispielsweise die Transparenz von Bestands- und Materialfluss, die Reduzierung von Lager- und Sicherheitsbeständen oder die erhöhte Reaktionsfähigkeit bei Fertigungsaufträgen, in Bezug auf den Prozessablauf und kritische Probleme. Daneben ist in der Finanz ein sofortiger Aufruf der GuV, zur Optimierung der Prozesse möglich. Weiterhin kann in optimierten Prozessen eine direkte Reaktion auf Umwelt- und Störfaktoren, wie z.B. Schwankungen im Lager erfolgen. Und abschließend bietet die SAP mit SAPUI5 eine neue browserbasierte Oberfläche, die auch mobile Endgeräte unterstützt und dadurch einen jederzeitigen Zugriff auf das System ermöglicht. Man kann also sagen, dass mit einem Umstieg auf SAP S/4HANA generell die Voraussetzungen für die Digitalisierung von Geschäftsprozessen und die Öffnung des Systems für unternehmensübergreifende Prozesse geschaffen werden.
Wann endet der Support und die Wartung für SAP R3?
Die SAP hat die Mainstream-Wartung für das SAP ERP 6.0 bzw. die Business Suite zum Ende 2025 abgekündigt. Dies beinhaltet auch die Komponenten SAP WM und SAP LE-TRA sowie die damit verbundenen Nutzungsrechte im S/4HANA. Und so versuchen viele unserer Kunden jetzt den Spagat, in kürzester Zeit verschiedene Standorte und Systeme auf die neuen Komponenten zu migrieren und parallel dazu Innovationsprojekte zu bewältigen. Dabei müssen die Unternehmen eine Abwägung zwischen den beiden Fragestellungen „Chance des Umstiegs nutzen und Unternehmensprozesse komplett neu definieren?“ oder „Doch lieber die bisherigen, eingeschliffenen Prozesse übernehmen?“ treffen. In anderen Worten: Soll man die stetig optimierten Programme und Modifikationen im neuen System belassen oder doch besser eine Rückführung zum SAP-Standard vollziehen? Außerdem stellen sich viele abat-Kunden die Frage, wie sie beim Umstieg eine schnelle Akzeptanz erzielen können. Durch ein Change-Projekt mit einem hohen Anteil an IT oder durch ein IT-Projekt mit hohem Change-Projekt-Anteil? Diese Fragen steuern maßgeblich den Weg und die Strategie vieler Unternehmen bis zum Auslauf von Support und Wartung des SAP R3 zum Ende 2025.