Sind Versorgungsunternehmen der Schlüssel, um die Energiekosten zu senken?
Ashiss Kumar Dash schreibt über das Zusammenwirken von digitaler Transformation, Investitionen in erneuerbaren Energien und die Organisation der Nachfrage. Er ist EVP and Segment Head der Services, Utilities, Resources und Energy bei Infosys.
Die Kraftstoffpreise sind aktuell auf einem Rekordhoch, obgleich der Tankrabatt hierzulande die Wahrnehmung verzerrt. Der Grund: Die Ukraine-Krise beeinflusst die globalen Lieferketten, infolgedessen schnellen weltweit die Transportkosten in die Höhe und auch die Inflation steigt – und dies sind lediglich einige der aktuellen akuten Herausforderungen, die die Preise in die Höhe treiben.
Der Einsatz erneuerbarer Energien hat das Potenzial, bei der Überwindung der Krise einen entscheidenden Beitrag zu leisten. Allerdings: Obwohl Energieunternehmen als auch Regierungen verstärkt in erneuerbare Energien investieren, sind diese aktuell lediglich für einen geringen Anteil der Energieproduktion zuständig. Notwendige unterstützende Technologien stecken momentan noch in den Kinderschuhen. Der Einsatz von erneuerbaren Energien als alleinige Energiequelle ist nach wie vor unbeständig und unzuverlässig.
Und dies wird sich so schnell auch nicht ändern, denn es gibt keine schnelle, kurzfristige Lösung für diese Hürde. Allerdings fördern Technologien und Initiativen, die Energieunternehmen heute einsetzen und ergreifen, langfristig die Stabilität innerhalb dieser dynamischen Branche – und dies bis weit in die Zukunft.
Verbraucher in die Lage versetzen, die Kontrolle zu übernehmen
Die Lage ist zwar ernst und dringend, allerdings sollte bedacht werden, dass im Bereich der Energieinfrastruktur alles seine Zeit braucht. Viele Unternehmen suchen allerdings nach kurzfristigen Lösungen, um die Energiekosten für den Normalverbraucher zu senken – ein zu schneller Umstieg begünstigt hingegen die Gefahr, das Stromnetz zu überlasten.
Die Lösung ist zweigleisig: Zum einen müssen Konsumenten in die Lage versetzt werden, ihren Verbrauch zu steuern und letztlich die Nachfrage zu kontrollieren. Zum anderen muss das Netz durch Diversifizierung, intelligente Netzlösungen und innovative Technologien – wie die Langzeitspeicherung von Energie – langfristig umgestaltet werden. Dies fördert die Zuverlässigkeit, Widerstandsfähigkeit und Sicherheit des Netzes.
Doch wie können Organisationen die Nachfrage der Verbraucher steuern? In den vergangenen Jahren waren zahlreiche Verbraucher in der Lage, durch staatliche Initiativen wie Solar- und Wärmepumpenprogramme einen gewissen Grad an Selbstversorgung zu erreichen. Förderungsprogramme bieten Verbrauchern auch weiterhin die Möglichkeit, „grüner“ zu leben – dennoch führt die schwankende Energieversorgung oftmals dazu, dass eine zweite Energiequelle benötigt wird, um die Zuverlässigkeit zu gewährleisten.
Technische Anreize, die sich das Internet der Dinge zunutze machen, setzen hier an: Verbraucher sind beispielsweise in der Lage, mithilfe von Technologien wie intelligenten Zählern und Thermostaten ihren Verbrauch zu überprüfen und analysieren – damit können sie fundierte Entscheidungen darüber treffen, wann und wie sie Energie nutzen. Darüber hinaus kooperieren immer mehr Energieversorger mit Organisationen wie Google Nest. Dies fördert das Bewusstsein der Verbraucher für das Thema Energieverbrauch und gibt ihnen die Möglichkeit, ihren Verbrauch zu Hause zu kontrollieren und zu steuern – und damit auch die damit verbundenen Kosten.
Künftig – wenn die Technologien zur Energiegewinnung und -speicherung ausgereift sind – spielen Verbraucher eine wichtige Rolle bei der Rundsteuertechnik (Load Management), etwa indem Speicherkapazitäten vor Ort im Haus des Kunden installiert werden. Während Schwachlastzeiten lassen sich die Speicher vom Energieversorger füllen und anschließend während in der nächsten Spitzenlastzeit vom Verbraucher abrufen. Das System ermöglicht signifikante Kosteneinsparungen bei der Stromerzeugung. Versorgungsunternehmen hätten damit sogar einen Anreiz, die Kosten für die Speicherung zu übernehmen und auf diese Weise Rechnungen der Haushalte zu senken.
Das Stromnetz langfristig transformieren
Ebenso muss die Transformation von Versorgungsunternehmen und Energieversorgern im Fokus stehen: Bis 2035 werden Unternehmen aller Branchen, nicht nur der Energie- und Rohstoffbranche, in einer völlig veränderten Energielandschaft tätig sein. Die Zeit drängt, um die Infrastruktur und die Technologie für die Bewältigung der Volatilität der Energienachfrage, der Preise und der Produktion vorzubereiten.
Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass wir nicht genau wissen, wie sich Dinge entwickeln werden. Um die Zukunft der Energie und des Stromnetzes besser zu adressieren, sollten verschiedene Szenarien geplant werden – sowohl Unternehmen als auch Verbraucher sollten sich auf mehrere und gleichermaßen mögliche Zukunftsszenarien vorbereiten. Insbesondere Energieorganisationen müssen dies in den Mittelpunkt ihrer Strategie setzen. Dabei werden auch Fragen beantwortet wie: „Wie könnte die Verlagerung eines Teils der Nachfrage auf Elektrofahrzeuge sowohl Nachfrage als auch Angebot verbessern und gleichzeitig die anhaltenden Herausforderungen im Bereich der Halbleiter und der Versorgung zu bewältigen?“.
Die digitale Transformation ist die Zukunft des Netzes und dessen Modernisierung von zentraler Bedeutung. Die Integration intelligenter Netzlösungen unterstützt beispielsweise dabei, Brennstoffkosten zu senken. Dabei wird Energie auf der Grundlage des Bedarfs und der Erzeugung im Vergleich zum Verbrauch bereitgestellt. Ebenso ist die nahtlose und zuverlässige Integration verschiedener Energiequellen gewährleistet und Emissionen lassen sich reduzieren. Die Sicherheit des Netzes muss ein Grundprinzip bei der Neugestaltung der Zukunft sein – ein intelligentes Stromnetz kommt allerdings mit zahlreichen Herausforderungen daher.
Eine umfassende Initiative zur Netzmodernisierung erfordert Tariferhöhungen, die für die Kunden ohne erhebliche staatliche Subventionen nicht tragbar sind. Daher ist es für Versorgungsunternehmen unerlässlich, ihre Investitionen in die Netzmodernisierung nach Prioritäten zu ordnen und einen langfristigen Plan zur kontinuierlichen Verbesserung des Netz-Reifegrads zu entwickeln, um sich ändernde Lastprofile zu adressieren. Der langfristige Plan sollte folgende Aspekte umfassen: Kapazitäten definieren, Abhängigkeiten und Risiken verstehen sowie Bereitstellungskapazitäten – basierend auf geschäftlichen Auswirkungen und daraus resultierenden Kosten für die Verbraucher – festlegen.
Langsam und stetig gewinnt man das Rennen
Die Energiewirtschaft benötigt Zeit, um die Digitalisierung umzusetzen. Die Ergebnisse der Umstellung gewährleisten in den kommenden zehn Jahren eine größere Versorgungssicherheit und niedrigere Kosten für Verbraucher und Versorger.
Kurzfristig muss die Branche Initiativen starten, um ihre Kunden dabei zu unterstützen, Energieverbrauch und Kosten durch mehr Transparenz und Klarheit in den Griff zu bekommen. Nur so lässt sich der zunehmende Druck auf die Haushalte in aller Welt zu mindern.
Über den Autor:
Ashiss Kumar Dash ist Global Head of Services, Utilities, Resources und Energy Industries bei Infosys. Er leitet ein hochqualifiziertes Team von Kundenservice-Experten und Technologen, darauf konzentriert Spitzenkompetenzen für Kunden zu schaffen, um sie bei ihrer digitalen Reise zu unterstützen.
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