Service ja, Filiale nein
Dies ist ein Gastbeitrag von Dharmesh Mistry, Chief Digital Officer bei Temenos
Die digitale Interaktion und die Wahl unterschiedlicher mobiler Kanäle haben sich in den vergangenen Jahren bei den Kunden stark verändert und weiterentwickelt. Als neueste Revolution gilt das „Conversational Banking” – eine Kombination aus Mobile Banking und künstlicher Intelligenz.
Zeit für einen kurzen Rückblick: Die Geschichte des „Self-Service-Banking” begann ihren Siegeszug 1967 mit der Aufstellung des ersten Geldautomaten in Großbritannien, darauf folgten dann Telephone Banking, Online Banking und Mobile Banking als nächste Entwicklungsschritte. Hier reiht sich nun Conversational Banking nahtlos ein. Vor allem im Privatkundengeschäft hatte die Digitalisierung in den vergangenen Jahren zu einem Kahlschlag bei den Filialen geführt. Aber mittlerweile schlägt das Pendel zurück, immer mehr digitale Kunden äußern vermehrt den Wunsch nach persönlicher Betreuung und empathischen Service – allerdings am liebsten vom heimischen Sofa aus oder von unterwegs. Conversational Banking bietet die Möglichkeit, diesen Wünschen zu entsprechen.
Praktisch jeder nutzt Chat-Apps
Chat-Apps erfahren aktuell auf der ganzen Welt ein beispielloses Volumen an Nutzung und Popularität. Facebooks Messenger, WhatsApp oder WeChat im asiatischen Raum gehören zu den fünf weltweit meistgenutzten Apps. Zusammen verzeichnen sie 3,5 Milliarden aktive Nutzer (Quelle). Über einen Zeitraum von drei Monaten im Jahr 2018 waren WhatsApp-Nutzer insgesamt 85 Milliarden Stunden im Chat (Quelle). Im selben Jahr gab es 300.000 monatlich aktive Bots alleine nur beim Facebook Messenger. Und ein Rückgang der Nutzung des Chats ist nicht in Sicht – vielmehr wird ein weiteres Wachstum des Messaging-Verkehrs prognostiziert: 2020 sollen 274 Milliarden Chat-Nachrichten pro Tag versendet werden.
Parallel dazu entwickelten sich die Sprachassistenzdienste. So hat beispielsweise Amazons „Alexa” alleine in den USA monatlich 45 Millionen aktive Nutzer. Apples Smartphone Assistent Siri und der Google Assistant erreichen sogar kolossale 90 Millionen aktive Nutzer im Monat. Eine Welt ohne smarte Geräte ist kaum noch vorstellbar: Sie hören zu, lernen und reagieren auf unsere Fragen und Gedanken. Sie agieren, während wir Informationen über uns selbst teilen, die wir einst geheim gehalten haben. Dies hat zu Datenströmen und Informationen darüber geführt, wie wir leben, wie gesund wir sind und was wir kaufen.
Conversational Banking ist unterm Strich nur die logische Konsequenz aus den derzeitigen und auch zukünftigen Trends
Dharmesh Mistry
Conversational Banking
Auch das Banking kann diese Form der Kommunikation für sich nutzen: Als Kombination aus künstlicher Intelligenz und Conversational User Interfaces, basierend auf Messaging-Plattformen und sprach- oder textbasierten Schnittstellen. Es handelt sich dabei um eine bidirektionale Schnittstelle zwischen einem Kunden und einer Bank, bei der ein Gespräch sowohl per Sprach- , Text- als auch über visuelle Schnittstellen eingeleitet werden kann. Conversational Banking greift die derzeitigen Verbraucher- und Technologietrends auf und setzt sie um:
- Messager als bevorzugter Kundenkontaktpunkt
- Künstliche Intelligenz bereit für B2C-Märkte
- Kunde erwartet Personalisierung & Individualisierung
Somit ist Conversational Banking unterm Strich nur die logische Konsequenz aus den derzeitigen und auch zukünftigen Trends. Dabei kann es auf verschiedene Weise durchgeführt werden:
- SMS-Text (und in Zukunft RCS – Rich Communication Services)
- Chatbots
- Sprachassistenten, z.B. Siri oder Alexa
- Roboter und Avatare
- ASL – Automated Sign Language (visuelle Erkennung von Zeichensprache, die von Gehörlosen verwendet wird, die in Text und Sprache übersetzt wird.)
Vor allem in den USA haben Banken das enorme Potential von Conversational Banking bereits erkannt und nutzen es in ihrem Kundenservice. Im Gegensatz zu den konventionellen Apps verfügen Sprachschnittstellen über eine hohe Benutzerfreundlichkeit. Viele Apps variieren enorm in Aussehen und Handhabung. Wenn der Kunde dagegen mit einem Conversational Interface agiert, ist er nicht mehr auf die Einschränkungen der Terminologie des App-Providers angewiesen. Ein gut entwickeltes Sprach-Interface ist in der Lage, bei Anfragen jeder Art die Bedürfnisse der Nutzer zu erkennen und zu verarbeiten – egal wie sie formuliert sind. Moderne Sprachschnittstellen sind dabei so konfigurierbar, dass sie mit einer Plattform wie dem Facebook Messenger arbeiten können. Die Kunden können sich dadurch sofort mit dem Service verbinden, dies erspart den Aufwand für die Installation und gegebenenfalls regelmäßige Updates.
Vorteile von Conversational Banking
Hatte damals das Internet-Banking und anschließend sein Nachfolger, das mobile Banking, die Institute bereits vor Problemen bei der Adaption gestellt, so wird es mit dem Conversation Banking nicht einfacher. Die Kombination von künstlicher Intelligenz mit Conversational User Interfaces stellt die traditionellen Banken erneut vor eine Herausforderung. Doch wäre es ein großer Fehler diese neue Art der Konversation mit den Kunden nicht in ihre Interaktion zu integrieren, denn Conversational Banking wird sich schnell zum Mainstream und Schlüsselelement eines Omni-Vertriebs von Banken und Sparkassen entwickeln. Da es gegenüber den herkömmlichen typischen App-Fähigkeiten- und funktionen eine Vielzahl von Vorteilen einer fortschrittlichen, kundenorientierten Innovation bietet. Um hier nicht den Anschluss zu verlieren sollten Banken schnell beginnen, die notwendigen Fähigkeiten aufzubauen und benötigte Technologien zu integrieren. Mit Conversation Banking erhalten die Institute Zugang zu einem Kanal, auf dem alle ihre automatisierten Interaktionen in einer einheitlichen, kundenorientierten Oberfläche neu gestaltet werden. Sie spiegeln nicht nur die Markenidentität der Bank als auch das individuelle Profil des Kunden wider. So ist Conversational Banking in der Lage, Banken gegenüber anderen Kanälen einen signifikanten Vorteil zu bieten.
Weitere Informationen unter:
https://www.temenos.com/en/
Bildquelle / Lizenz: Photo by 🇨🇭 Claudio Schwarz | @purzlbaum on Unsplash