Quo vadis Veränderungsbereitschaft?

Infolge der Pandemie haben nahezu alle Unternehmen mit großen Umstrukturierungen zu kämpfen, die Krise hat viele Defizite ins Licht gerückt. Mehr denn je kommt es jetzt auf die notwendige Veränderungsbereitschaft an. Aber nicht nur jetzt: Veränderung wird bleiben, wie Dr. Katja Nagel, Gründerin und Inhaberin der Unternehmensberatung cetacea, in ihrem Gastbeitrag beschreibt.

Dr. Katja Nagel fordert, dass Unternehmen Veränderungen „begrüßen müssen“.

Strategische Wendepunkte in Unternehmen bedeuten meist auch tiefgreifende Veränderungen innerhalb der Organisationsstruktur. Wenngleich die Pandemie aktuell oft als Hauptgrund für Umstrukturierungen genannt wird, ist sie nur ein Veränderungstreiber unter vielen: Digitalisierung, Automatisierung, Globalisierung, Nachhaltigkeit, Klimawandel – ganze Branchen werden durch externe Faktoren verändert. Hinzu kommt, dass sich die Nachfragemuster aller Stakeholder rasant entwickeln. Kunden haben neue Bedürfnisse, Investoren fordern Wachstum, der Wettbewerb erfordert eine schnelle Anpassung.

Diese zunehmende Marktbewegung und andauernde Unruhe dominieren das Alltagsgeschäft und verlangen eine hohe Flexibilität der Mitarbeitenden. Für den Unternehmenserfolg ist es essenziel, aktiv die Zukunft zu gestalten, statt nur dem Markt zu folgen. Doch wie ist es um diese Transformationskultur in Deutschland bestellt? Nun: Vielfach erleben wir leider zu lange Adaptionszeiten, fehlende Geschwindigkeit, Digitalisierungsrückstand, unverbesserlichen Perfektionismus (wo er nicht sein muss), Normierungswahn, Entscheidungsschwäche, Inflexibilität und Kreativlosigkeit. Ein Großteil der Transformationsvorhaben in Unternehmen schlägt fehl.


Robuste Transformationskultur als Ausgangspunkt

Wer sich im Wettbewerb behaupten möchte, der benötigt eine Kultur, die Veränderung nicht nur aushält, sondern ihren Antrieb daraus zieht. Es braucht eine robuste Transformationskultur, die an der Identität des Unternehmens anknüpft. Sechs kritische Erfolgsfaktoren seien deshalb exemplarisch erwähnt:

  1. Resilienz: Hohe mentale Widerstandsfähigkeit als Prävention vor Erschöpfung und Ermüdung.
  2. Trial & Error: Geschwindigkeit durch neugieriges und mutiges Ausprobieren und Lernen.
  3. Leadership 5.0: Führungskräfte als agile Mentoren, innovative Gestalter und digitale Wegbereiter.
  4. Selbstverantwortung: Eigenverantwortlichkeit als innere Haltung aller Mitarbeitenden.
  5. Co-Working: Bereichsübergreifende Zusammenarbeit in flexiblen und smarten Teams.
  6. Unternehmenswerte: Unternehmenswerte als gelebter Spirit und Leitplanken aller Aktivitäten.

Für den nachhaltigen Fortschritt im Veränderungsprozess ist der Mensch in den Mittelpunkt zu stellen, denn bei den Mitarbeitenden entstehen nicht nur die Ideen, sondern das Verständnis und der Wille. Die fortwährende Kommunikation der Erfolgsfaktoren ist daher unabdingbar. Jeder muss wissen, worum es gerade geht, was das Unternehmen vorhat und was er selbst anders machen sollte als vorher. Es braucht also ein gemeinsames Verständnis und eine Perspektivenangleichung. Da in einer Veränderungssituation alles sehr schnell gehen kann, müssen die Kommunikationsmaßnahmen kurzzeitig umgesetzt werden, pragmatisch sein und sofort greifen.

Ein Gefühl für die Veränderungssituation

Zu ausgefeilte Konzepte und Prozesse stehen einer schnellen Umsetzung der Transformation nur im Weg: Wir definieren monatelang einen Sollzustand, neue Regeln, neue Prozesse, anstatt den Schwerpunkt auf ein gemeinsames Verständnis des Zielzustandes zu lenken und so dafür zu sorgen, dass entsprechend konzipiert, entschieden, gehandelt wird, an allen Stellen im Unternehmen. Die Mitarbeitenden brauchen keine Meilensteine und Projektpläne, sie brauchen aber wohl ein Gefühl für die Veränderungssituation und ein Verständnis für die Konsequenzen daraus.

Führungskräfte müssen dieses Bild der Veränderung also skizzieren, kommunizieren und klarstellen, welcher Einsatz dafür von jedem gefordert ist. Die Befähigung der Mitarbeitenden ist wichtig, damit sie für Unsicherheiten und kritische Situationen gewappnet sind. Sinnvoll ist die Bildung eines Netzwerks, dessen Mitglieder aktiv in die Veränderung einbezogen werden. Das Netzwerk dient als Ideengeber und Treiber des kulturellen Wandels, die Mitglieder als Ansprechpartner und Vorbilder. Sie leben die Transformationsbereitschaft vor und bewahren im besten Fall die “kindliche” Neugier vor dem Unbekannten. So wird die größte globale Krise unserer Zeit, Corona, zu einer lehrhaften Erfahrung und einer Vorbereitung auf die nächsten Krisen – und Chancen. Denn die nächste Veränderung wartet schon. Ganz bestimmt.

Weitere Informationen unter:
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