Intelligente Planung macht Lieferketten und Unternehmen resilienter

Unternehmen stehen ständig vor neuen Herausforderungen. Gerade die Lieferketten sind zunehmend unter Druck. Wie digitale Transformation dazu beiträgt, Unternehmen in diesen schwierigen Zeiten zu unterstützen, erläutern Dirk Lörwink, Head of IT Business Applications und Supply-Chain-Experte bei Gigaset und Ansgar Eickeler, General Manager Central & Eastern Europe bei Board International in unserem Interview.

Eine Maßnahme gegen Engpässe in der Produktion ist neben einer diversifizierten Einkaufspolitik auch die Digitalisierung der zugehörigen Prozesse – integriert mit dem Finanzwesen, stellt Dirk Lörwink im Interview dar.

Welche sind die größten Herausforderungen in der Supply-Chain, vor denen Unternehmen derzeit stehen?
Dirk Lörwink: Die Herausforderungen sind bei allen Unternehmen wahrscheinlich sehr ähnlich. Wir haben immer noch mit brüchigen Lieferketten zu kämpfen, was gerade die Logistik vor besondere Anforderungen stellt. Sollte es durch die derzeitige Energiekrise zu weiteren Produktionsausfällen oder auch zu Problemen im Transportbereich kommen, wird sich die Lage noch verschärfen.
Ansgar Eickeler: Ich spreche häufig mit unseren Kunden, die ja aus den verschiedensten Branchen kommen. Und fast alle bestätigen mir, was Dirk Lörwink gerade gesagt hat. Das Schlimme ist, dass die Engpässe zu Problemen in allen Bereichen führen. Stehen nicht genug Vorprodukte zur Verfügung, beeinträchtigt das die Produktion und den Vertrieb. Es reicht bereits, wenn nur ein wichtiges Teil nicht zur Verfügung steht. Die größten Auswirkungen haben dabei wahrscheinlich die Mikrochips, die heutzutage in fast allen Produkten benötigt werden. Etwa 60 % davon kommen allein aus Taiwan. Was es bedeutet, wenn es hier zu Problemen kommt, kann sich jeder ausmalen.

Wie wappnet man sich am besten gegen diese Engpässe?
Dirk Lörwink: Es gibt ein paar bewährte Maßnahmen in der Supply-Chain, die dem Materialmangel entgegenwirken. Dazu gehört sicherlich, dass man seine Einkaufspolitik diversifiziert und verschiedene Anbieter für seine Vorprodukte hat. Dies hat in der Vergangenheit gut funktioniert, wenn mal einzelne Anbieter ausgefallen sind. Bei einer so breiten Krise, die fast alle produzierenden Unternehmen irgendwie betreffen, stoßen wir da aber manchmal an die Grenzen.
Wir haben bei Gigaset zum Glück schon sehr früh angefangen, unsere Prozesse zu digitalisieren und eine integrierte Planung aufzubauen. Dazu haben wir im Jahr 2011 Board als intelligente Planungsplattform eingeführt. Im Laufe der Jahre konnten wir die Board-Plattform für die Bereiche Vertrieb, Qualität, Logistik, Beschaffung und Produktionsmanagement – alle integriert mit dem Finanzwesen – problemlos erweitern und anpassen. Auf diese Weise haben wir einen schnellen Überblick, wo wir im Unternehmen stehen und an welchen Stellschrauben wir drehen können.
Ansgar Eickeler: Viele Studien bestätigen, dass Unternehmen, die früh mit der digitalen Transformation begonnen haben, heute besser dastehen als die Unternehmen, die noch zögern. Sie können heute auf einen großen Datenschatz zurückgreifen, der ihnen jetzt dabei hilft, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Sie können Analysen fahren und Szenarien simulieren, die ihnen wichtige Anhaltspunkte geben.

Wie muss ich mir den operativen Einsatz der Planungslösung bei Gigaset vorstellen?
Dirk Lörwink: Die Landesgesellschaften nutzen Board u.a. für ihre monatliche Absatzplanung. Die Planung wird rollierend für zwölf Monate hinterlegt und berücksichtigt neben den Rolling Order Forecasts (ROF) auch Sonderaktionen oder die Markteinführung neuer Produkte. 
Die Ergebnisse der ROF-Planung werden in Deutschland zentral durch das Supply-Chain-Team konsolidiert und überprüft. Daraus wird zum einem die Basis für den Umsatz-Forecast geschaffen. Zum anderen übernimmt das Team diese Daten und erstellt auf deren Grundlage eine strategische Planung. Diese dient der gesamten Lieferkette von der Beschaffung bis hin zur Produktionssteuerung als Basis. Dafür werden die Daten in in die Disposition und Produktionsplanung zurückgeschrieben. 
In einem weiteren Schritt verteilt die SCM je nach Kundenverhalten die Monatsbedarfe auf Wochen und übergibt dies ebenfalls an das ERP. Die Ergebnisse werden als Grundlage sowohl für den monatlichen Financial Forecast als auch die jährliche Budget-Planung genutzt. Hierfür werden zu den geplanten Mengen die entsprechenden Preise und Herstellkosten der Produkte entweder aus dem ERP in die Board-Plattform geladen oder, falls noch nicht vorhanden, in Board festgelegt und später in das ERP zurückgespielt.
Ansgar Eickeler: Dies ist ein wunderbares Beispiel dafür, welchen Nutzen integrierte Businessplanung für Unternehmen bringt. Vorher existierende Silos werden aufgebrochen und durch die gemeinsame Nutzung der Daten – in diesem Fall von Vertrieb, Produktion und Supply-Chain – können diese Daten leicht miteinander in Beziehung gebracht werden. Das vereinfacht die gemeinsame Planung erheblich, verbessert das Verständnis der verschiedenen Bereiche füreinander und erhöht die Transparenz und Reaktionsfähigkeit über das gesamte Unternehmen.

„Die Zeit ist reif für neue, intelligente Planungslösungen, die dabei unterstützen, wirklich smart zu planen, die Ergebnisse zu verbessern und die Transformation aktiv zu gestalten“, fordert Ansgar Eickeler.

Wie hilft die intelligente Planung konkret dabei, die Folgen der aktuellen Lieferengpässe abzumildern?
Dirk Lörwink:
Wie bei vielen anderen Elektronikherstellern auch hat sich bei Gigaset insbesondere die mangelnde Verfügbarkeit von Mikrochips erheblich ausgewirkt. Da wir jedoch über einen robusten Planungsprozess verfügen, waren wir in der Lage, neue Wege zu beschreiten und neue Prozesse zu entwickeln, die zuvor – ohne den Einfluss der Krise – gar nicht in Betracht gezogen wurden. Dies ermöglicht uns neue, zukunftssichere Herangehensweisen.
Das Planungsteam war zum Beispiel in der Lage, ein Zuordnungsprogramm zu erstellen, eine Stückliste zu laden und die Materialverfügbarkeit an jedem Produktionsstandort zu analysieren. Wir haben dann die Sichtweise um 180 Grad von einer vertriebsgesteuerten Planung zu einer Allokations-Planung gedreht und erhielten einen Report darüber, wie viel wir wo produzieren können. Auf diese Weise konnten wir die Produktion mit den Lieferengpässen in Einklang bringen und die vertrieblichen Anforderungen bestmöglich berücksichtigen.
Ansgar Eickeler: Ich bin immer wieder begeistert, wie unterschiedlich die Board-Plattform bei unseren Kunden im Einsatz ist. Das zeigt die Flexibilität unserer Lösung. Und die wiederum scheint die Kreativität unserer Kunden zu beflügeln. Wir freuen uns, wenn wir unseren Kunden helfen können, besser durch diese herausfordernden Zeiten zu kommen. Denn die derzeitigen Disruptionen im Markt machen es den Unternehmen zunehmend schwer, intelligente Entscheidungen zu treffen und für eine ungewisse Zukunft zu planen. Dies wird durch langsame, fehleranfällige und undurchsichtige Planungsprozesse und Systeme noch verschärft, die nicht in der Lage sind, wichtige Erkenntnisse für die Entscheidungsfindung zu liefern. Die Planung muss also auf den Prüfstand gestellt werden. Die Zeit ist reif für neue, intelligente Planungslösungen, die dabei unterstützen, wirklich smart zu planen, die Ergebnisse zu verbessern und die Transformation aktiv zu gestalten.


Wer mehr über den Einsatz von Board bei Gigaset erfahren möchte, findet hier eine interessante Case-Study.