Fiction, Dokus und Influencer*innen – Das sind die Podcast-Trends 2022
Der Podcast-Markt ist in Bewegung. Wer mitmischen und daraus strategische Vorteile in Sachen Kommunikation ziehen möchte, sollte dies im Auge haben. Oliver Nermerich, Head of Digital Communications bei der PR-Agentur OSK und selbst Podcast-Produzent, trifft einige Prognosen für 2022.
Podcasts sind bei der Mediennutzung die großen Gewinner. Entsprechend rasant entwickeln sie sich weiter. 2022 bringt neue Formate und die Host-Hörer-Beziehung erreicht ein neues Level.
„Audio-Angebote“ als neue Begrifflichkeit
Laut dem Reuters Institute Digital News Report 2021 hört monatlich ein Viertel der erwachsenen Onliner*innen in Deutschland regelmäßig Podcasts. Ergo gehören 75 Prozent von ihnen nicht zu den regelmäßigen Konsumenten. Noch nicht. Um mehr Menschen zu erreichen, müssen Produzent*innen nach Ansicht von Expert*innen – unter ihnen zum Beispiel Journalist und Podcast-Profi Sandro Schröder – die Begrifflichkeiten anpassen.
Tatsächlich scheint es so, als gäbe es in der Breite der deutschen Bevölkerung noch immer kein eindeutiges Verständnis davon, was ein Podcast ist. Erste Produzent*innen, darunter unter anderem Medien wie der Spiegel, die Zeit oder die New York Times, gehen daher dazu über, stärker von Audio zu sprechen. Die Annahme dahinter: Der Begriff ist für viele Menschen leichter zugänglich. Eine weitere Chance, die Nicht-Hörer*innen zu erreichen, bringt uns direkt zum zweiten Trend.
Crossmediale Podcast-Formate sind King
Ob ein Podcast-Format erfolgreich wird, entscheidet zukünftig die crossmediale Planung und Realisierung. Dabei werden die Geschichten und Inhalte über weitere Medien ausgespielt. Zu den Vorreitern des crossmedialen Erzählens gehört der NDR mit dem Format „Sneakerjagd“. Neben einer mehrteiligen Podcast-Staffel gab es begleitende Medienberichte, ein Video-Doku-Format, eine Landingpage mit Live-Storytelling und viel Social Media Content.
Natürlich steckt in der Produktion eines Podcasts jede Menge Arbeit. Was spricht also dagegen, die investierten Ressourcen bestmöglich zu nutzen und die erstellten Inhalte wiederzuverwerten? Wer als Unternehmen bereits erfolgreiche Markenkanäle aufgebaut hat, sollte diese Reichweite nutzen, um den eigenen Podcast zu pushen.
Fiction gewinnt
Fiction-, Reportage- und Dokumentations-Formate gewinnen 2022 an Bedeutung. Der deutsche Markt hat im vergangenen Jahr speziell im Doku-Bereich spannende Formate mit großen Reichweiten hervorgebracht – von „CUI BONO“ über „11 Leben – die Welt von Uli Hoeneß“ bis hin zu „Wirecard: 1,9 Milliarden Lügen“. Für 2022 ist zu erwarten, dass sich mehr Marken an fiktionale Formate wagen. Die Commerzbank gehört mit “Wir waren Detektive” zu den Vorreitern und hat bereits die zweite Staffel veröffentlicht.
YouTuber*innen und Streamer*innen sind die neuen Podcast-Stars
Wer aktuell in die deutschen Podcast-Charts schaut, stößt auf viele bekannte Gesichter aus der YouTube- und Twitch-Szene. Rezo und Julien Bam haben beispielsweise „Hobbylos“ gestartet. In Amerika sehen wir diesen Trend schon deutlich länger. YouTuber wie Marques Brownlee entdeckten schon früh den Podcastmarkt für sich.
Interessant dabei: Während immer mehr YouTuber*innen mit eigenen Podcast durchstarten, nutzen viele Podcaster*innen YouTube als Distributionsplattform. Laut einer Umfrage von YouGov hören in Deutschland die meisten Befragten (37 Prozent) Podcasts bevorzugt über YouTube. Erst danach folgt Spotify mit 35 Prozent. Insbesondere ältere Menschen gelangen über YouTube an Podcasts. Die Prognose: YouTube wird in den kommenden Monaten insbesondere bei der Gewinnung von älteren Zielgruppen eine zunehmend wichtige Rolle spielen.
Nicht nur senden, auch empfangen!
Podcast-Hörer*innen haben eine starke Bindung zu ihren Lieblings-Hosts. Spotify selbst redet in diesem Kontext von Companionship und einem beinahe intimen Verhältnis. Um dies auszubauen, müssen sich Podcasts zu einem Two-Way-Kanal weiterentwickeln. Die Plattform Discord hilft dabei. Hosts können dort Inhalte aus einzelnen Folgen mit ihrer Community vertiefen.
Ähnliche Möglichkeiten bietet Twitch. Philipp Klöckner und Philipp Glöckler vom „Doppelgänger“-Podcast zum Beispiel haben kürzlich ihre Podcast-Weihnachtsfeier auf Twitch gestreamt. Die Community kam erstmalig live zusammen und diskutierte im Chat fleißig miteinander.
Interne Podcast-Formate
Wie wichtig interne Kommunikation für Unternehmen ist, zeigte sich selten so präsent wie in Pandemiezeiten. Remote Work hat sich endgültig etabliert und Podcasts gewinnen in diesem Kontext an Bedeutung. Sie wirken durch das Element der Stimme persönlich, nahbar und emotional. Dadurch helfen sie, Nähe zu Mitarbeiter*innen aufzubauen, auch wenn man sich gerade nicht persönlich auf dem Büroflur treffen kann.
Unternehmen wie Otto haben den Wert interner Podcasts erkannt. Der Handelsriese geht sogar einen Schritt weiter und stellt die Folgen auch extern zur Verfügung. Zwingend notwendig ist das aber nicht. Vielleicht ist das Besondere dieser Podcast-Form gerade, dass die Zuhörerschaft unternehmensintern und damit exklusiv ist. Um das zu unterstreichen, hat die Podcast-Hosting-Plattform Podigee im Dezember 2021 die Funktionen für interne Podcasts geupdatet: Episoden können nun mit personalisierten Nachrichten für noch mehr Nähe sorgen.
Marken, die in Sachen Podcasts Mut beweisen und sich auf neue Entwicklungen einlassen, haben die Chance, sich mit den unterschiedlichsten Formaten und Themen zu postionieren. So können Fachleute durch ihre Expertise begeistern oder Mitarbeiter*innen der Organisation eine Stimme geben. In jedem Fall erfahren die Zuhörer*innen mehr über das Unternehmen und bauen einen engeren Bezug auf.
Über den Autor:
Oliver Nermerich ist Head of Digital Communications bei der PR-Agentur Oliver Schrott Kommunikation (OSK). Mit seinem Team entwickelt er Digitalstrategien und -kampagnen für internationale Kunden.
Weitere Informationen unter:
https://www.osk.de/