Die digitale Transformation

Digitale Transformation

Digitalisierung ist ein Treiber der Wirtschaft
Aber bei komfortablem Onlinehandel mit Warenverfolgung und schneller Lie­ferung wird es nicht bleiben. Same-Day-Delivery-Angebote wer­den diesen Vertriebskanal noch attraktiver machen und möglicherweise den Handel mit Lebensmitteln grundlegend verändern, wenn diese zur exakt gewünschten Zeit nachhause geliefert werden. Beispiele, die verdeutlichen, warum die Analysten der Altimeter Group in einer Studie zum Thema das Fazit ziehen, dass die digitale Transformation weder eine Modeerscheinung noch irgendeine im Trend liegende Bezeichnung ist. Sondern sie ist das: Ein Treiber, der Unternehmen von innen heraus wandelt. Mitunter könnte das künftig ziem­lich disruptiv verlaufen. Daryl Plummer, Vice President und Distinguished Analyst des IT-Marktforschungsunternehmens Gartner, erwartet gar, dass be­reits im Jahr 2017 neue Geschäftsmodelle vor allem auf Computer-Algorit­h­men basieren. Aus der Kombination digitaler Märkte mit physischer Logistik erwüch­sen bereits jetzt überaus erfolgreiche Ge­schäftsmodelle, die traditionellen Un­ternehmen Marktanteile wegnehmen, wie etwa der Mitfahrdienst Uber oder die digitale Mitwohnzentrale Airbnb, über die weder das Taxi- noch das Hotelgewerbe glücklich sind.

Es sind solche Unternehmen, die die volle öffentliche Aufmerksamkeit genießen, so dass der Rest mitunter ziemlich „old economy“ erscheint. „Un­glücklicherweise lassen sich diese agilen und innovativen Geschäftsmodelle nicht so einfach auf traditionell gepräg­te und weniger flexible Unternehmensstrukturen übertragen“, heißt es in einer Studie von Capgemini Consulting, für die 400 traditionelle Großunternehmen befragt wurden, was die digitale Transformation für sie bedeutet. Zwar würden sie Technologien wie soziale Me­dien, mobile Kommunikation und Bu­siness Analytics sowie Embedded Devices nutzen, aber nur wenigen sei es gelungen, Mehrwert aus der Digitalisie­rung zu erzielen. Die Studie bescheinigt den digitalen Vorreitern jedoch einen klaren Vorsprung: „Der digitale Rei­fe­grad ist entscheidend – in jeder Branche.“ Die gute Nachricht: Viele der erfolgreichen Ansätze können auf jedes Unternehmen übertragen werden.


Trend: Disruptive Technologien

Die digitale Transformation erfasst alle Lebensbereiche. McKinsey zufolge ist sie eine der disruptiven Technologien. Disruptive Technologien haben das Zeug, unsere gesamte Lebensart und ökonomische Denkweise umzukrempeln. Typische Beispiele sind „Mobiles Internet“, „Automatisierung und künstliche Intelligenz“, „Next-Generation-Genomics“ und „3D-Druck“.


 

 

Auch in der Finanzbranche, die sich ohnehin durch Direktbanken in einem starken Wandel befindet. „Die Finanz­welt ist im Umbruch“, sagt Martin Kin­ting, Geschäftsführer des Finanzsoft­ware­anbieters Elaxy. Während neue Anbieter, so genannte FinTechs (eine Wort­neuschöpfung aus den Begriffen „Financial Services“ und „Technology“) auf den Markt drängen, tun sich die etab­lierten Unternehmen, Großbanken, aber auch kleinere Finanzinstitute wie Sparkassen oder Genossenschaftsbanken mitunter noch schwer, den „New­comern“ Paroli zu bieten. Kinting sieht hier Parallelen zu Untersuchungen digi­taler Erfolgsmodelle aus anderen Bran­chen und erklärt dies damit, dass die FinTechs „ihre Geschäftsmodel­le vollständig aus einer digitalisierten, mobilen Gesellschaft her und vom Kunden ausgedacht entwickeln, kaum restriktiven Regularien unterliegen und auf mo­dernste Tech­nologie aufsetzen“. Damit knüpfen sie da an, wo die ans digitale Leben längst gewöhnte Kundschaft steht.

Zu schaffen machen herkömmlichen Kreditinstituten zusätzlich zerstörtes Ver­trauen, der Dschungel aus Produkten, Formblättern, Gebührenstrukturen und begrenzte Filial­öff­nungs­zeiten, meint Kinting: „Hinzu kommen schlichtweg schwerfällige und teilweise veraltete Tech­nologie und / oder Legacy-Systeme“. Die Finanzinstitute müssten daher ihre Angriffsflächen verringern, Stärken identifizieren und ausbauen so­wie verloren gegangenes Vertrauen wie­dergewinnen. Das geht nach Ansicht Kintings auch über Technologie, die zu oft entweder als Kostentreiber oder als Instrument zur Kosteneinsparung gesehen wird – und nicht als Instrument zur Kundenbindung.

Neue Möglichkeiten der langfristigen Kundenbindung ergeben sich unter an­derem durch „intelligente“ Anwendun­gen wie etwa das Personal Finance Management (PFM), also Controlling- und Planungsinstrumente der eigenen Finan­zen in der Hand des Kunden. Die Idee: Die Kunden können mit dem Tool ihre Finanzflüsse ver­stehen, ordnen und regeln. Der Kun­de gewinnt Klarheit – und die Bank neue Anknüpfungspunk­te zu ihm. Kinting: „Kunden, die PFM nutzen, suchen auch wieder verstärkt das Gespräch mit der Bank. Und auch hier – im direkten Gespräch – kann man zum Beispiel mit interaktiven neuen Beratungsformen auf dem Tablet die Kunden technisch da abholen, wo sie selbst schon sind.“ Banken, die den vermeintlich hohen Aufwand der digitalen Transformation scheuen, begegnet Kinting mit dem Beispiel eines Kunden, für den Elaxy innerhalb von nur 18 Monaten ein vollwertiges Banksystem mit allen Funktionen für den Online-Wertpapierhandel aufbaute.

Das Banking der Zukunft muss einfach, intuitiv, schnell und sicher sein sowie den Kunden Mehrwerte bieten – davon ist Tilo Hacke, Privatkundenvorstand der DKB überzeugt. Deshalb kooperiert die Direktbank neben Pay Pal zum Beispiel auch mit dem jungen Berliner Unternehmen Cringle. Mit deren Smartphone-App können Geldbeträge schnell und sicher durch einfaches Aus­wählen eines Kontaktes versendet werden – ohne dass dafür Konto- oder Kre­ditkartendaten eingegeben werden müssten. So können Freunde oder Bekannte unkompliziert und bargeldlos Kosten teilen. Für die Person-to-Person (P2P) Geldtransaktion ist die DKB der Bankpartner, der im Hintergrund die notwendigen Lastschriften abwickelt. Neu ist auch das Video-Ident Verfahren der DKB, bei dem Kunden für die Eröffnung ihres Online-Kontos nicht mehr in eine Postfiliale gehen müssen, sondern ihre Daten via Webcam bestätigen können.


Thesen zur Service-Ökonomie

Im aktuell erschienenen „Trendbook Smarter Service“ definiert Autor Bernhard Steimel, Inhaber Mind Digital, „Zehn Thesen zur Service-Ökonomie in Deutsch­land“, die sich im Zuge der Digitalisierung rasant verändert wird. Den vollstän­digen Artikel finden Sie im Internet unter www.trendreport.de/smarter-service

  1. Die Forschung kommt bei der Dienstleistungsentwicklung zu kurz: Dienstleistungen müssen mit der gleichen Akribie konzipiert und umgesetzt werden wie die technologischen Innovationen des industriellen Zeitalters.
  2. Digitalisierung ist kein reines Effizienzprojekt – Nutzenversprechen als Service neu definieren: Viele Unternehmen fokussieren zu sehr auf mögliche Effizienz­gewinne bei der Digitalisierung. Anstatt einseitig auf die Optimierung be­ste­hen­der Geschäftsprozesse zu setzen, sollten Unternehmen die Kernelemente ihres Nut­zenversprechens als Service definieren.
  3. Smartphones ent­wickeln sich zur Schaltzentrale der Kunden-Kommunikation: Der einfache und jederzeit verfügbare Zugriff zum Kundenservice wird von Kunden als Selbstverständlichkeit erwartet. Dabei spielt das Smart­phone die zentrale Rolle in der Kommunikation.
  4. Social Web führt zu neuem Kräfteverhältnis: Frust, Ärger und Unverständnis über Unternehmen und Produkte entladen sich hier. Diese neuen „Verbraucher-Vereinigungen“ haben auch schon große Un­ternehmen zu Anpassungen gezwungen.

https://trendreport.de/smarter-service/


Aber auch das ohnehin fortschrittliche und verbreitete Online-Trading entwickelt sich weiter und lebt den Community-Gedanken. Die BörseGo AG hat mit guidants.com ein neuartiges Community-Beratungs-Portal für Investments geschaffen, das komplett personalisierbar ist. Vor allem aber geben hier hochrangige Finanzexperten wertvolle Anlagetipps. Außerdem werden Analysetools zur Verfügung gestellt. „Im Gegensatz zum klassischen Social Trading verwaltet der Guidants-Nutzer sein Geld selbst. Er kann Experten nachhandeln, muss dies aber nicht tun. Diese Freiheit, verbunden mit der Tatsache, das Investmentrisiko selbst in der Hand zu haben, schätzen unsere Nutzer sehr“, erklärt Ro­bert Abend, Vorstand der BörseGo AG.

Entscheidend für Nutzer und Anbieter ist, wie intelligent und strukturiert sie mit der Datenfülle umgehen können – eine Fähigkeit, die in Zukunft noch sehr viel stärker gefragt sein wird. Eine Erfahrung, die gerade der Handel macht. Denn wer hier die zentrale Datenhaltung als Basis für Produktbeschreibungen, Verfügbarkeitssteuerung und Warenverteilung nicht beherrscht, wird ins Hintertreffen geraten. Viele Unternehmen unterschätzen aber noch den Wert gut gepflegter Metadaten, die Merkmale von Waren beschreiben und technische, kaufmännische oder semantische Infor­mationen über konkrete Dateien, Dokumente oder auch Produkte liefern. „Metadaten sind ein zentraler Erfolgsfaktor in der digitalen Vermarktung“, sagt Ute Scheffer, Marketing- und Vertriebsleiterin von Six Offene Systeme. Denn gutes Metadatenmanagement macht eine Produktpalette erst sichtbar und ermöglicht eine zielgruppenspezifische Bestückung der verschiedenen Ab­satzkanäle – zentral aus einer Datenquelle. Bislang sind Produktinformationen jedoch oft auf verschiedene IT-Systeme verteilt: So liegen kaufmännische Daten in einem ERP-System, die Bilddaten werden im Media Asset Management verwaltet, Perso­nendaten kommen aus dem CRM, Mar­ketingtexte lagern dezentral auf einem File-Server. Erschwerend kommt hinzu, dass diese Daten von Mitarbeitern aus ganz verschiedenen Fachbereichen gepflegt werden. Unter dieser Heterogenität der Systeme und Nutzer leidet die Datenqualität. So ähnlich war das auch bei dem Verlag Pons. Six hat die hetero­gene Landschaft über eine intuitiv nutz­bare Oberfläche zusammengeführt, so dass nun alle relevanten Produktinformationen von IT-Administratoren, Redakteuren, Produkt­managern und Mar­ketingmitarbeitern zentral an einem Ort abrufbar sind sowie flexibel diverse digitale Absatzkanäle versorgt werden können.

Alles Statische und Silodenken ist auch in der Softwareentwicklung der sichere Weg in die Sackgasse. Die digitale Transformation ist nun mal ein stetiger, sich beschleunigender Wandel. Daher sollte einmal eingesetzte Software mit dieser Entwicklung Schritt halten können, also immer und mit möglichst geringem Aufwand an die sich ändernden Prozesse angepasst werden, ist das Credo von Michael Hochgürtel, Vorstand der codecentric AG, einem Spezialisten für agile Software­entwicklung. „Agilität aber nur auf die Entwicklung zu beziehen, wäre zu kurz gedacht“, warnt Hochgürtel. „Die kon­tinuierliche Bereitstellung neuer und getesteter Funktionen ohne Betriebsunterbrechung ist das Ziel. Dazu müssen neben der Entwicklung mindestens auch die Fachbereiche und der IT-Betrieb mit einbezogen werden.“ Unterstützt werde der Prozess durch Werkzeuge, die unter anderem Neuerungen automatisiert testen. Hochgürtel rät in diesem Kontext Unternehmern dazu, im Sinne von schlanken und kreativen Start-ups zu agieren, die „eine Umgebung schaffen, bei der Ideen schnell umgesetzt und im Markt getestet werden. Und das durchaus auch mit der Chance zu scheitern!“


 

Weiterlesen:

Auf trendreport.de finden Sie eine ausführliche Version unserer Hintergrundgespräche, die wir im Zuge der Recherche geführt haben.

Die „digitale Transformation“ muss als Prozess begriffen werden, der ständigen Evolutionen unterliegt. In diesem Kontext erläutert Michael Hochgürtel, Vorstand der codecentric AG, im ausführlichen Interview mit der TREND-REPORT-Redaktion anschaulich die Philosophie der „agilen Software­entwicklung“.

Martin Kinting, Geschäftsführer der Elaxy GmbH, dokumentiert im Interview, welche Herausforderungen Banken im „digitalen Wandel“ bestehen müssen. Sie bekommen darüber hinaus Konkurrenz durch die so genannten „FinTechs“.

Wie Kundennähe ohne Filialgeschäft funktionieren kann, definiert Tilo Hacke, Vorstand Privatkunden der DKB, im ausführlichen Interview mit der TREND-REPORT-Redaktion. Eine per se „digitalisierte Bank“ muss ihre Kunden dort abholen, wo sie selbst „digital unterwegs sind“.