„Die Ungleichheit ist verschärft worden“
Adrian Ash, Director of Research von BullionVault, einem Großhändler für Gold, wagt einen Blick auf das Jahr 2021. Auch wenn nach wie vor die Pandemie ganz oben in den Schlagzeilen ist, plädiert Ash dafür, den Blick für wichtige Themen wie Fiskalpolitik und deren vor allen soziale Nachhaltigkeit nicht zu verlieren. Mit Sorge beobachtet er nämlich, dass die Förderungen wegen Covid19 die Ungleichheit in der Gesellschaft verstärkt.
Herr Ash, ganz ab von Corona: Was gehört aus Ihrer Sicht unbedingt auf die „Manager-Watchlist 2021“?
Die Geld- und Fiskalpolitik muss ganz oben auf der Liste stehen, gefolgt von der Politik. Anders als im kommunistischen China ist der „freie Markt“ im Westen aus Angst die Wirtschaft nach dem Lockdown zu zerstören, abhängig von staatlichen und zentralbankgestützten Stimuli geworden.
Diese massive Form des Helikoptergeldes hat es nicht nur geschafft, einen Absturz von Aktien und Immobilien zu verhindern, sondern sie sogar auf neue Höchststände zu treiben. Und all das zu einem Zeitpunkt als die Weltwirtschaft ihren schlimmsten Einbruch seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs erlebte. Dieser Boom bei den Vermögenspreisen hat die Ungleichheit verschärft, und die Ersparnisse, die von Arbeitnehmern mit höherem Einkommen angehäuft wurden, werden es sehr schwer machen, den Familien mit niedrigerem Einkommen eine Rückkehr zur selbstauferlegten Sparsamkeit zu verkaufen. Spaltung und Konfrontation sind auch geopolitisch ein großes Risiko, da jede Regierung und Zentralbank versucht, einen größeren Anteil am Aufschwung zu gewinnen, indem sie ihre inländischen Konjunkturprogramme ausweitet und ihre Währungen schwächt, um die Exporte ihres Landes zu steigern.
Immer deutlicher wird der Trend hin zu nachhaltigen Geldanlagen und Impact Invest. Nehmen Sie das auch wahr und inwiefern beeinflusst das Ihr Geschäft?
Nachhaltigkeit spielt im Goldhandel und auch bei BullionVault eine große Rolle. Wir sind ein vollwertiges Mitglied der London Bullion Market Association und des Londoner Platin- und Palladiummarktes. Dadurch, dass wir nur mit den LBMA/LPPM-Mitgliedsbarrenbanken und nur in Form von London Good Delivery (LGD)-Barren handeln, stellen wir sicher, dass alle Gold-, Silber- und Platinbarren, die unsere Kunden kaufen und verkaufen, den strengsten heutigen Standards für Sorgfaltspflicht, Ethik und Menschenrechte in der Edelmetalllieferkette entsprechen.
Unsere Kunden können darauf vertrauen, dass ihr raffiniertes Edelmetall keine Konflikte finanziert oder Geldwäsche ermöglicht hat. Neben der Verpflichtung zu strengeren ethischen und ökologischen Verhaltenskodizes geben die 25 Mitglieder des Word Gold Councils (auf die inzwischen rund 60% der weltweiten Minenproduktion entfallen) immer mehr Geld für Infrastruktur- und Wohlfahrtsprojekten in den oft armen, abgelegenen Gebieten aus, in denen neue Projekte angesiedelt sind.
Inwiefern können aus Ihrer Sicht digitale Geschäftsmodelle die Wettbewerbsfähigkeit unterstützen?
Das vergangene Jahr und die Corona-Pandemie haben noch einmal die Wettbewerbsstärke von digitalen Geschäftsmodellen deutlich gemacht. BullionVault wurde zwar nicht vor dem Hintergrund der Krise entwickelt, bietet sich aber an, um finanzielle Transaktionen – auch in Zeiten wie diesen – sicher abzuwickeln. BullionVault ermöglicht es Kunden, physische Goldbarren bequem von zu Hause zu jeder Tages- und Nachtzeit zu kaufen und zu verkaufen, ohne dafür jemanden zu treffen, anrufen oder etwas erledigen zu müssen.
Eine Herausforderung für traditionelle Edelmetallhandelshäuser ist neben der Umstellung auf Online-Service auch das Angebot. Selbst wenn eine Münzhandlung in der Lage ist, einen Liefer- oder Zwischenlagerdienst zu betreiben, wird es schwierig sein, neue Bestände zu finden. Die „Einzelhandels“-Goldindustrie erlebte 2020 die weltweit schwächste Nachfrage seit über einem Jahrzehnt. Das bedeutete, dass die Raffinerien und Münzprägeanstalten nicht mehr viele neue Bestände produzierten. Was zunächst verfügbar war, war schnell weg als die Münzkäufer bei Ausbruch der Krise wieder aktiv wurden. Durch das Virus wurden inzwischen Raffinerien und Münzprägeanstalten geschlossen, sodass diese nicht in der Lage sind, neue Bestände herzustellen und zu liefern. Dieser „Goldrausch“ bedeutet, dass skrupellose Verkäufer sehr hohe Gewinnmargen verlangen können, die über den tatsächlichen Goldbarrenwert einer Münze oder eines kleinen Barrens hinausgehen – eine Marge, die potenzielle Käufer nicht zurückerhalten, wenn sie verkaufen (falls sie überhaupt verkaufen können!).
Im Vergleich dazu sieht die Situation auf dem Großhandelsmarkt für Good-Delivery-Goldbarren folgendermaßen aus: Durch Probleme in der Lieferkette läuft der globale Fluss von Goldbarren mit 400 Unzen nicht so reibungslos wie normal. Aber das Metall wird gehandelt und ist verfügbar, insbesondere in den globalen Zentren London und Zürich. Das bedeutet, dass BullionVault angesichts der stärksten Nachfrage seit der Finanzkrise 2008/2009 in der Lage ist, seiner Plattform neue Lagerbestände hinzuzufügen. Kunden können diese zu sehr günstigen Großhandelspreisen kaufen – im Gegensatz zu Münzen und kleinen Barren mit ihren hohen „supply-squeeze“-Margen.
Welche Änderungen aber auch vielleicht welche Potenziale ergeben sich Ihrerseits durch den Brexit?
Wir haben durch den Brexit keine Veränderungen in unserem Geschäft gesehen und erwarten auch keine großen Auswirkungen. BullionVault ist in London registriert und operiert von dort aus, wurde aber seit dem Start im Jahr 2005 von mehr als 90.000 Menschen aus über 175 Ländern weltweit genutzt. Das Vereinigte Königreich hat kein EU-ähnliches „Binnenmarkt“-Abkommen mit den Vereinigten Staaten, Japan, Australien, Südafrika, Brasilien oder einem der anderen Staaten, in denen unsere Kunden leben. Für die Versorgung mit Großhandelsbarren ist London das Herz des weltweiten physischen Edelmetallmarktes und bietet ein Handels- und Lagervolumen, das nirgendwo sonst erreicht wird. Nur ein sehr geringer Teil des weltweiten Edelmetallhandels läuft über einen der übrigen 27 EU-Staaten in denen es an Einrichtungen, straffen Preise und der Liquidität mangelt, die nötig sind, um ein solches Geschäft anzuziehen. Höchstwahrscheinlich wird der Brexit daher keine Änderung für die anderen globalen Zentren des Marktes bedeuten, die alle mit London zusammenarbeiten und sich auf dessen Standards in Bezug auf Qualität und ESG sowie auf Benchmark-Preise und Liquidität verlassen.
Wenn Sie einen Wunsch für 2021 frei hätten…
Das Ende der Pandemie, natürlich. Gefolgt von einem weltweiten Beginn ruhigen, klaren Denkens darüber, wie Kooperation und freier Handel zum Nutzen aller funktionieren kann.
Weitere Informationen unter:
https://gold.bullionvault.de/