Die Matratzenrevolutionäre
Über die Unternehmenskultur in einem schnell wachsenden Start-up spricht Helmut Müller, Geschäftsführer Eve Sleep Ltd., mit der TREND-REPORT-Redaktion.
Herr Müller, welchen Führungsstil praktizieren Sie heute, bzw. welcher Führungsstil wird Ihrem schnellen Wachstum gerecht?
In einem schnell wachsenden Unternehmen mit einem digitalen Geschäftsmodell wie eve sleep ist auf jeden Fall ein situativer Führungsstil geeignet. Durch unser Wachstum von über 20 Prozent pro Monat, wächst auch unser Team ständig. Starre Hierarchien kennen wir nicht, wir sind ein Start-up. Deshalb sind die Teams bei uns bunt gemischt sind und setzen sich aus Mitarbeitern mit den unterschiedlichsten Backgrounds und Erfahrungen zusammen. Als Teamleiter muss man sich also auf die jeweiligen Mitarbeiter und deren Level einstellen, weil unsere Teams nach Aufgaben und nicht Hierarchien gebildet werden.
Welche Führungsprinzipien sind für Sie wichtig?
Obwohl wir als digitales Start-up das Ziel verfolgen, eine konventionelle Industrie wie die Matratzenindustrie zu revolutionieren und zu digitalisieren, sind auch klassische und bewährte Führungsprinzipien bei uns wichtig. Unser Geschäftsmodell ist stark ergebnisorientiert und das schlägt sich auch im Führungsstil wieder. Ergebnisorientiert heißt bei uns aber nicht, dass es nur um die Erfüllung von Zielvorgaben geht. Viel wichtiger sind Vertrauen, Teamgeist und Engagement. Ohne Vertrauen und Teamgeist kann ich mein Team nicht motivieren, gesteckte Wachstums- und Expansionspläne zu realisieren. Gemeinsamkeit steht bei uns ganz weit oben: Erfolge werden vom ganzen Team gefeiert. Da kann es schon mal vorkommen, dass spontan eine Feier stattfindet oder Applaus im Büro zu hören ist. Oberstes Prinzip ist Motivation und Spaß an der Arbeit.
Wo und wie konnten Sie sich Ihre Management-Kompetenz im Vorfeld aneignen?
Ich war vorher bei der Unternehmensberatung Roland Berger. Da habe ich eine Menge gelernt, insbesondere habe ich auch im Ausland gearbeitet. Diese interkulturelle Erfahrung nutzt mir jetzt bei eve sleep sehr, denn wir sind ein internationales Team. Außerdem hat mich das Center for Digital Technology und Mangement sehr gut auf das Entwickeln von Startups vorbereitet.
Welche Fähigkeiten sind nötig um die kulturellen Unterschiede in Ihrem Unternehemen zu managen?
Das Team von eve sleep setzt sich aus vielen unterschiedlichen Nationen zusammen. Da gibt es neben Deutschen und Engländern auch Italiener, Franzosen, Schweizer, Amerikaner oder Belgier. Die nötige Offenheit, um in so einem internationalen Team zu arbeiten, bringen junge Menschen von Haus aus mit. Bei einem Start-up bewerben sich Menschen, die Herausforderungen und Abwechslung suchen und nicht eine 9 to 5 Routine bzw. klar begrenzte und immer wieder gleiche Aufgaben oder ein homogenes Umfeld.
Was macht Ihr Unternehmen für Mitarbeiter attraktiv?
Bei eve sleep haben Mitarbeiter die Möglichkeit sehr schnell sehr viel Verantwortung zu übernehmen. Das reizt viele. In klassischen Konzernen dauert der Aufstieg oft Jahrelang – bei uns geht das im Turbo-Tempo. Wir trauen unserem Team etwas zu und dieses Vertrauen ist der Nährboden für eine enorme Motivation und Leistung. Viele wollen auch einfach Teil einer Erfolgs- und Wachstumsstory sein oder etwas verändern und bewegen. Diese Möglichkeit bieten wir. Flache Hierarchien ermöglichen, dass sich jeder so einbringen kann, wie es der eigenen Persönlichkeit entspricht. Ein wesentliches Kriterium ist, dass wir unsere Mitarbeiter nicht in Konventionen pressen, z.B. Kleidungsvorschriften. Diese Konformität ist nicht förderlich für eine kreative Arbeitsweise. Wir wollen unsere Mitarbeiter individuell fördern und sie nicht unseren Vorstellungen anpassen.
Wie verkraften Sie das schnelle Wachstum hinsichtlich der Mitarbeitersituation?
Es gibt bei der Einstellung eine No Asshole Policy, so kann man auch in stressvollen Zeiten gut zusammenarbeiten. Darüber hinaus werden neue Mitarbeiter schnell in die jeweiligen Teams integriert und sind nach kürzester Zeit nicht mehr die neuesten. Am wichtigsten ist aber natürlich, dass alle neuen Mitarbeiter eine Arbeit erledigen, die gebraucht wird. Das heißt, alle freuen sich, wenn jemand neues an Bord ist, da man weiß, dass dieser einem das eigene Leben erleichtern wird. Das ist ein sehr positiver Start für alle Mitarbeiter.
Welche Fähigkeiten muss ein Mitarbeiter mitbringen?
Selbstverantwortung, Motivation, sehr gute Analytik, Selbstvertrauen, positiven Charakter.
Wie schaffen Sie es, die Agilität Ihrer Teams zu fördern?
Das Wachstum an sich schafft ständige Veränderungen. Mitarbeiter, die ein paar Monate dabei sind, bekommen Kollegen für die sie verantwortlich sind und neue Aufgabenbereiche. Im Grunde ändert sich alle 3-6 Monate das Aufgabenprofil.
Nutzen Sie auch Crowdworker?
Nein. Wir nutzen Freelancer für bestimmte Projekte. Crowdworker nutzen wir nicht.
Wie wichtig ist die Digitalisierung und das technische Know-how in Ihrem Unternehmen?
Bei uns ist Digitalisierung nicht ein Buzz-Word, das auf Führungsebene besprochen wird. Bei uns wird sie gelebt. Jeder unserer Mitarbeiter ist, wenn sie so wollen, ein Digital Native, der mit digitalen Anwendungen und Social Networks aufgewachsen ist. Diese Stärke spüren wir vor allem beim Online Marketing.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, das Matratzengeschäft umzukrempeln?
Jas und James, zwei der Gründer, waren schon im Matratzen-Business tätig. Ein lukrativer Markt – aber wenig innovativ. Der Markt bietet stabile Umsätze, deshalb hatten es viele Player einfach nicht nötig, sich zu verändern. Langweilige Matratzenabteilungen, ein viel zu unübersichtliches Angebot und wegen hoher Zwischenhandelsmargen sehr hohe Preise. Matratzenkauf machte wenig Spaß und war nervig. Im Grunde ein ungeliebtes Must. Das muss sich doch ändern können, dachten sich Jas und James. So entstand die Idee zu einer Matratze, die für viele Schlaftypen passt, stylisch ist und die ohne Aufwand bequem im Internet bestellt werden kann. Wenn man heute durch klassische Matratzenabteilungen geht, hat man das Gefühl, nicht informiert, sondern verwirrt zu werden. Allein schon wegen dieser Unmengen an Pseudo-Fachbegriffen. Diese ganzen unterschiedlichen Matratzenmodelle sind nichts weiter als Marketing. Auf einer guten Matratze können viele unterschiedliche Menschen sehr gut schlafen. Wir holen den Konsumenten ab und bieten Transparenz und Einfachheit an. Mit Simplicity ist auch Apple zum Erfolg gekommen.
Inwiefern unterscheidet sich Ihr Geschäftsmodell generell vom stationären Handel?
Wir konfrontieren den Konsumenten nicht mit einer Fülle von unterschiedlichen Produkten und Modellen. Die Welt ist doch heute schon kompliziert genug. Wir bieten ein Produkt in jeder Kategorie an – also Matratzen, Bettwäsche oder Kissen. Das ist dann aber das Beste. Einkauf soll kein schwieriger Entscheidungsprozess, sondern einfach sein und Spaß machen. Diese einfachen Grundsätze wurden vom klassischen Handel über Jahre schlicht missachtet. Die Umsätze waren gut, denn jeder braucht eine Matratze. Auch in puncto Service hat man sich nicht gerade viel einfallen lassen. Die größte Angst ist doch, eine falsche Matratze zu kaufen. Ob eine Matratze die richtige ist, finden sie aber nicht bei einem kurzen Probeliegen heraus. Bei uns können sie die Matratze zu Hause hundert Nächte lang probeliegen. Das ist das längste Probeliegen der Welt und schließt einen Fehlkauf aus.
Wie haben Sie es geschafft, den Markt für Matratzen so schnell und dynamisch anzugehen?
Wir sind mit einem guten Produkt an den Start gegangen und haben uns klar auf den Onlinevertrieb konzentriert. Ein vernünftiger Preis, viel Service und ein gutes Einkaufserlebnis überzeugen. Natürlich bewerben wir unser Produkt auch – aber auf eine sehr viel modernere Art, als es klassische Händler tun.
Wieviel Lifestyle verträgt das Schlafzimmer und welche Lifestyle-Produkte rund ums Schlafzimmer sind in diesem Kontext gerade Ihrerseits in der Mache?
In welchem Zimmer halten sich die Menschen am meisten auf? Es ist das Schlafzimmer. Und deshalb sollte gerade hierauf sehr viel Wert gelegt werden. Lifestyle und Qualität schließen sich nicht aus. Im Gegenteil. Eine gute Optik ist Teil der Qualität. Matratzen müssen nicht grau und hässlich sein. Sie können genauso stylish sein, wie andere Wohntextilien. Wir arbeiten derzeit am Aufbau einer regelrechten Schlafwelt. Wir haben die Vision, dass Kunden bei uns alles rund um das Thema Schlaf kaufen können – alles im gleichen Design und in der gleichen hochwertigen Qualität. Als junges Unternehmen arbeiten wir auch permanent an der Verbesserung unserer Produkte, so wie Apple und jedes innovative Unternehmen das auch tun.
Wie wichtig ist gute Qualität im Kontext von Empfehlungen für Ihr Geschäftsmodell?
Empfehlungen machen einen erheblichen Anteil des Neugeschäfts aus. Aber Kunden informieren sich auch im Internet, zum Beispiel bei Trusted Shops. Ohne gute Bewertungen geht nichts.
Wo steht Eve in den nächsten ein bis zwei Jahren?
Klare Nummer 1 in Europa mit hervorragenden Produkten, die es dem Kunden einfach machen sich zu entscheiden, da er weiß, dass er bei eve sleep ein hervorragendes Produkt bekommt, das auch noch gut aussieht.
Welche Wachstumspotentiale hält der Markt noch bereit?
In allen relevanten europäischen Märkten werden wir Rang 1 oder 2 im Bereich One-fits-all Matratzen. Das Wachstumspotential ist noch riesig. Immer noch kennen sogar im heißumkämpften deutschen Markt viele Konsumenten das Konzept nicht, oder trauen dem Konzept nicht. Dies wird sich ab einer gewissen Marktdurchdringung verändern. Durch die Zunahme der Bedeutung von Schlaf, werden höhere Ausgaben in dem Bereich getätigt werden, so dass der Anteil der Premium Matratzen zunimmt.
Welche Märkte wollen Sie in Zukunft erschließen?
Wir expandieren in Europa, und haben auch die USA fest im Blick.
Wie ist es Ihnen bisher gelungen die Transportkosten so niedrig zu halten?
Wir können selbst 200x220cm Matratzen aus einem Kern in einer einzigen Box per Paketdienst (DHL Express) versenden. Das ist übrigens derselbe Service, mit dem auch ein iPhone zugestellt wird.
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Bildlizenz: Eve Sleep