Cybermobbing

Handys und Tablets als Weihnachtsgeschenke: SOS-Experte Heico M. Engelhardt, Einrichtungsleiter im SOS-Kinderdorf Schleswig-Holstein und Medienpädagoge Interview „Cybermobbing“: „Selbstbewusstsein ist die beste Prävention!“

Das Weihnachtsfest steht vor der Tür und damit auch die kleinen und großen Wünsche vieler junger Menschen. Laut Umfragen stehen bei fast jedem zehnten Kind ein Tablet, bei fast jedem fünften Kind ein Handy auf der Liste – beides jedoch Geschenke, die auch Risiken mit sich bringen können.

Mit der Ausweitung in die virtuelle Welt erreicht auch das Thema Mobbing eine neue Dimension und ist für Betroffene besonders schlimm, sagt Heico M. Engelhardt, Einrichtungsleiter im SOS-Kinderdorf Schleswig-Holstein und Medienpädagoge. Seit über 20 Jahren beschäftigt er sich mit dem Thema Jugendmedienschutz, unter anderem als Beiratsvorsitzender der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK). Im Interview erklärt er, was Cybermobbing ist, was Eltern während der Weihnachtsferien präventiv tun können und zu welchem Zeitpunkt digitale Geschenke sinnvoll sein können.

Das Weihnachtsfest steht vor der Tür und damit auch die kleinen und großen Wünsche vieler junger Menschen. Laut Umfragen stehen bei fast jedem zehnten Kind ein Tablet, bei fast jedem fünften Kind ein Handy auf der Liste – beides jedoch Geschenke, die auch Risiken mit sich bringen können: „Mit der Ausweitung in die virtuelle Welt erreicht auch das Thema Mobbing eine neue Dimension und ist für Betroffene besonders schlimm“, sagt Heico M. Engelhardt, Einrichtungsleiter im SOS-Kinderdorf Schleswig-Holstein und Medienpädagoge. Seit über 20 Jahren beschäftigt er sich mit dem Thema Jugendmedienschutz, u.a. als Beiratsvorsitzender der „Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle“ (USK). Im Interview erklärt er, was Cybermobbing ist, was Eltern während der Weihnachtsferien präventiv tun können und zu welchem Zeitpunkt digitale Geschenke sinnvoll sein können.

„Selbstbewusstsein ist die beste Prävention“

Heico M. Engelhardt, Einrichtungsleiter im SOS-Kinderdorf Schleswig-Holstein und Medienpädagoge

Herr Engelhardt, was genau verstehen Sie unter Cybermobbing?

Die Bildung eines „Mobs“ im Internet mit dem Ziel, einen anderen Menschen oder eine Gruppe von Menschen bloßzustellen, zu beleidigen, auszugrenzen, zu schikanieren, zu demütigen. Hintergrund ist häufig die Ausübung von Macht. In der Gruppe des Mobs fühlt man sich stark und mächtig, kann eigene Schwächen verstecken und gehört „dazu“. Indem andere gedemütigt und klein gemacht werden, fühlt man sich selbst größer.

Wie können Eltern vorbeugen – gerade, wenn sie ihren Kindern an Weihnachten ein Tablet oder Handy schenken und damit möglicherweise selbst das Kind diesem Risiko aussetzen?

Einen Schutz vor Cybermobbing gibt es eigentlich nicht. Kindern ein gesundes Selbstbewusstsein und Sozialverhalten mit auf den Weg zu geben ist die beste Prävention, damit ihr Kind nicht selbst zum Mobber wird. So können alle einen Beitrag dazu leisten, dieses Phänomen in den Griff zu bekommen. Ich rate allen Eltern: Sprechen Sie mit Ihrem Kind über das, was das neue Handy oder Tablet an Chancen aber auch an Risiken mit sich bringt. Lassen Sie Ihr Kind nicht allein in der virtuellen Welt. Dies bedeutet nicht, dass Sie Ihr Kind ständig überwachen sollen. Aber seien Sie in Beziehung. Geben Sie Ihrem Kind das Gefühl, dass es immer zu Ihnen kommen kann, wenn ihm im Internet etwas merkwürdig vorkommt.

Worin liegen die Ursachen für Cybermobbing?

Die Ursachen für das digitale Anprangern sind vielschichtig und komplex und liegen in der Regel eher bei denen, die mobben als bei den Leidtragenden. Den Eltern sollte aber immer bewusst sein, dass sie mit dem Verschenken eines Smartphones oder Tablets eine Verantwortung für ihr Kind und dessen Nutzungsverhalten mittragen. Digitale Nutzungsverträge zwischen Eltern und Kindern können hier die gemeinsame Verantwortung praktisch umsetzbar machen.

Was können Eltern während der Weihnachtsferien tun, damit der „Worst Case“ danach nicht eintritt?

Gemeinsam mit dem Kind die Geräte einrichten. Viele haben Kinder- und Jugendschutzfunktionen. Nutzen Sie diese! Eltern sollten einstellen, für welches Alter ihr Kind Apps herunterladen kann. Bei den meisten Anbietern lassen sich Kinder zum eigenen Account als Familienmitglied hinzufügen. Damit werden auch mögliche Kostenfallen verhindert. Und ein grundsätzlicher Rat: Sprechen Sie mit Ihrem Kind über das Nutzungsverhalten. Besprechen Sie mit ihrem Kind sehr genau und gern auch immer wieder, welche Informationen es im Internet preisgeben sollte und welche nicht.

„Lassen Sie Ihr Kind nicht allein in der virtuellen Welt. Dies bedeutet nicht, dass Sie Ihr Kind ständig überwachen sollen. Aber seien Sie in Beziehung.“

Sollte es doch so weit kommen, was dann?

Sollte ihr Kind zu Ihnen kommen, weil es online gemobbt wird, drücken Sie ihm zunächst die Dankbarkeit für das Vertrauen aus. Oftmals ist es den Leidtragenden von Cybermobbing peinlich, was da über sie geschrieben oder als Film eingestellt wurde. Je nach Plattform, also TikTok, Facebook, Instagram oder WhatsApp, gibt es Möglichkeiten, Mobbing zu melden und eine Löschung oder Nachverfolgung zu veranlassen. Bei WhatsApp-Gruppen im Klassenverband sprechen Sie umgehend mit den Lehrerinnen und Lehrern. Eine allgemeine Klassenversammlung zum Thema Cybermobbing könnte hilfreich sein. Zusätzlich gibt es online Hilfsangebote bei denen man auch anonym als Kind oder Elternteil Mobbing melden kann und Hilfe bekommt. In einigen Bundesländern gibt es inzwischen auch digitale Polizeistationen, bei denen man Mobbing zur Anzeige bringen kann. Unabhängig davon: Stehen Sie Ihrem Kind zur Seite. Vermeiden Sie Kritik an der Ursache, die das Mobbing ausgelöst hat. Machen Sie Ihrem Kind keine Vorwürfe; es trägt keine Schuld daran, wie andere es öffentlich bloßstellen.

Wann kann ein solches Geschenk denn sinnvoll sein?

Immer, da digitale Medien heute zum Leben von uns allen dazu gehören. Wenn man Kinder damit nicht allein lässt, mit ihnen in Beziehung ist und die oben genannten Ideen dazu beherzt, öffnen Eltern ihnen so einen wunderbaren Zugang zu ihrer persönlichen und beruflichen Zukunft. Und Kinder, die zu selbstbewussten und sozialen Menschen heranwachsen dürfen, werden besser mit solchen Angriffen umgehen können und, würde ich behaupten, seltener Leidtragende und noch seltener selbst Mobbende werden. Wir alle tragen eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung, das Phänomen des Cybermobbings aus unserem Miteinander zu verbannen. Besonders zum Wohl unserer Kinder. Dann können Sie auch sorgenfrei das Handy oder Tablet unter den Weihnachtsbaum legen.

Können Spiele auf Tablet oder Handy zum Bildungsprozess beitragen? 

Im Bereich von Computerspielen und Social Media wird die Anziehungskraft von digitaler Vernetzung, zum Beispiel in Spielechats, TikTok oder Instagram schon lange genutzt. Geschicklichkeit, logisches Denken, Kreativität, Reaktionsschnelligkeit, geschichtliches, technisches und mathematisches Wissen sind nur einige Bildungsfelder, die hier aber durchaus bestellt werden. Dazu kommt die Vernetzung durch Spielechats und teilweise gigantische Spiel-Communities. Natürlich nutzen die Hersteller von Computerspielen die vielen Möglichkeiten des Mediums für ihre wirtschaftlichen Interessen, aber man muss zugestehen: Sie haben schon lange das großartige Potential der Digitalisierung erkannt. Ich hoffe sehr, dass es uns zeitnah gelingt, dieses Potential auch für vernetzte Bildungsprozesse zu nutzen.

 

 

Weitere Informationen und Hilfe zum Thema Cybermobbing:

 

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Der SOS-Kinderdorf e.V.: SOS-Kinderdorf bietet Kindern in Not ein Zuhause und hilft dabei, die soziale Situation benachteiligter junger Menschen und Familien zu verbessern. In SOS-Kinderdörfern wachsen Kinder, deren leibliche Eltern sich aus verschiedenen Gründen nicht um sie kümmern können, in einem familiären Umfeld auf. Sie erhalten Schutz und Geborgenheit und damit das Rüstzeug für ein gelingendes Leben. Der SOS-Kinderdorfverein begleitet Mütter, Väter oder Familien und ihre Kinder von Anfang an in Mütter- und Familienzentren. Er bietet Frühförderung in seinen Kinder- und Begegnungseinrichtungen. Jugendlichen steht er zur Seite mit offenen Angeboten, bietet ihnen aber auch ein Zuhause in Jugendwohngemeinschaften sowie Perspektiven in berufsbildenden Einrichtungen. Ebenso gehören zum SOS-Kinderdorf e.V. die Dorfgemeinschaften für Menschen mit geistigen und seelischen Beeinträchtigungen. In Deutschland helfen in 38 Einrichtungen insgesamt rund 4.750 Mitarbeitende. Der Verein erreicht und unterstützt mit seinen über 840 Angeboten rund 85.500 Menschen in erschwerten Lebenslagen in Deutschland. Darüber hinaus finanziert der deutsche SOS-Kinderdorfverein 102 Programme in 21 Fokusländern und ist in 110 Ländern mit Patenschaften aktiv.

 

Mehr Informationen unter www.sos-kinderdorf.de

 

 

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