von Daniela Sommer & Franziska Nemmer

Die Pandemie ist nicht vorbei. Es gilt zu lernen, mit der Unsicherheit zu leben und zu arbeiten. Gerade weil niemand weiß, was genau noch auf uns zukommen bzw. welchen Herausforderungen wir uns noch zu stellen haben, liegt ein Schlüssel zu erfolgreicher Kollaboration in der aktiven Gestaltung sozialer Beziehungen.

Plötzlich beschäftigen sich scheinbar alle mit derselben Frage: Wie kann die Zukunft der Zusammenarbeit aussehen und was lernen wir aus den vergangenen Wochen für die Zukunft? Eines ist klar: Die COVID-19-Pandemie hat Beziehungen und Zusammenarbeit zwischen Mitarbeiter und Führungskräften sowie zwischen Unternehmen und Kunden verändert. Die Arbeitswelt ist auf der Suche nach einem „New Normal“. Gerade in Zeiten der Isolation stehen soziale Beziehungen umso mehr im Fokus und können einen entscheidenden Unterschied in der Qualität der Zusammenarbeit machen. Der nachfolgende Artikel gibt einen Überblick, welche Faktoren bei der Gestaltung erfolgreicher Kollaboration zwischen Mitarbeitern, Führungskräften und Kunden in unsicheren Zeiten entscheidend sein können.

Worauf jetzt in der Zusammenarbeit mit Kunden geachtet werden sollte
Kundenbeziehungen zu pflegen und unter neuen Umständen produktiv zu gestalten, ist anspruchsvoller denn je. Kunden werden von individuellen Persönlichkeiten repräsentiert (egal ob B2B oder B2C), welche ebenso wie alle anderen die Krise meistern müssen und mit unterschiedlichen Herausforderungen konfrontiert sind. Wer in dieser Zeit aktiver Wegbegleiter seiner Kunden ist, kann die Basis für eine solide und dauerhafte Kundenbeziehung legen, bzw. erhalten. Um sich als Unternehmen zu entwickeln und auch langfristig zu lernen, ist es wichtig, in die Beziehung zum Kunden zu investieren: Fragen zu stellen, Verständnis aufzubauen, Empathie und Menschlichkeit gerade in der digitalen Kommunikation zu zeigen und offen zu sein für neue Ansätze der Kollaboration.

Kundenverständnis aufbauen: Lockdown und Social Distancing haben unser Leben abrupt und drastisch verändert und dies hat auch Auswirkungen auf die Bedürfnisse der Kunden. Unternehmen können nicht davon ausgehen, dass ihre bisherige Customer Experience-Strategie noch passt, sondern sollten versuchen zu verstehen, was ihre Kunden gerade jetzt bewegt und wie sie zu erreichen sind.

Empathie zeigen: Die Zeit des Lockdowns hat Organisationen sowie Individuen vor unterschiedliche Herausforderungen gestellt. Branchen mit länderübergreifenden Lieferketten beispielsweise hatten unter anderem mit Grenzkontrollen zu kämpfen, während Restaurants durch die erzwungene vorübergehende Schließung ganz um die Existenz bangen mussten. Auch auf individueller Ebene gab es große Unterschiede. Menschen, die Job, Kinderbetreuung und Homeschooling vereinbaren mussten, erlebten die Zeit mitunter als sehr stressig, während andere durch Kurzarbeit, weniger Reisetätigkeit und mehr Homeoffice eher zu Ruhe kommen konnten. Gerade diese Heterogenität des individuellen Erlebens braucht hohe Empathie und Flexibilität bei Produkten und Lösungen. Die Kunst wird nun sein, dies auch in der Customer Experience Strategy zu verankern.

Menschliche Nähe in einer digitalen Welt erhalten: Die meisten Unternehmen haben die Notwendigkeit der digitalen Transformation für sich erkannt, viele Prozesse wurden digitalisiert und in der Kundenkommunikation gibt es in der Regel bereits eine oder mehrere Online-Varianten. Es ging insbesondere darum, der sozialen Interaktion in der digitalen Welt einen neuen Stellenwert zu geben, daher hat KPMG Austria beispielsweise während des Lockdowns das Format „Verbunden auf Distanz“ ins Leben gerufen, welches für alle Kunden offen war und kostenfrei zur Verfügung gestellt wurde. In einer interaktiven Reihe wurden wöchentlich Themen beleuchtet und interaktiv bearbeitet. Die Teilnehmer hatten Gelegenheit mit Gleichgesinnten zu teilen, was sie gerade bewegt und gemeinsam Ideen zu erarbeiten, wie am besten damit umgegangen werden kann. Durch pragmatische, innovative Maßnahmen wie diese kann in einer neuen Arbeitswelt nach Corona auch digital emotionale Nähe zum Kunden hergestellt werden.

Zusammenarbeit neu denken:  Agile Unternehmen sind in Krisenzeiten im Vorteil, wenn es darum geht, unter Unsicherheit handlungsfähig zu bleiben. Jedoch nur, wenn es gelingt, auch, die Zusammenarbeit mit Kunden oder strategischen Partnern unter Agilitätsgesichtspunkten neu zu denken. Gerade jetzt ist die Zeit, Dinge nicht mehr so auszuführen, wie man es immer schon gemacht hat, sondern andere, vollkommen neue Wege der Zusammenarbeit, Kommunikation oder des Leistungsangebots einzuschlagen.

Erfolgsfaktoren Perspektive Kunden: Kundenverständnis aufbauen, Empathie zeigen, menschliche Nähe in einer digitalen Welt erhalten, Zusammenarbeit neu denken – diese Faktoren können entscheidende Erfolgsfaktoren in der derzeitigen Krise sein.

Gemeinsam durch die Krise – die Mitarbeiter ins Boot holen

Die Herausforderungen der Corona-Pandemie nähren auch bei Mitarbeitern Ängste und Zweifel. Bei weitreichenden Veränderungsprozessen sind Gefühle wie Unsicherheit, Ärger und Enttäuschung ganz natürlich Viele Mitarbeiter haben Angst um das Fortbestehen des Unternehmens und des eigenen Arbeitsplatzes. Daneben kommen Fragen zum Teamzusammenhalt in Homeoffice-Zeiten auf. Viele vermissen die gewohnte Arbeitsumgebung, die Gespräche mit Kollegen und fragen sich, ob es noch ein „Wir“ im Team gibt. Durch die Verlagerung wesentlicher Teile der Geschäftstätigkeit ins Homeoffice, besteht ein gefährliches Vereinzelungspotential, welches negative Auswirkungen auf die Motivation des Einzelnen sowie den Teamgeist haben kann.

In der digitalen Welt ein „Wir“ erhalten: Obwohl in vielen Ländern zumindest vorübergehend der Lockdown aufgehoben wurde, ist die Pandemie noch nicht vorbei und viele Unternehmen planen, die neuen Strukturen zu verstetigen. Dabei ist es wichtig, Wege zu finden, um den persönlichen Kontakt auch in der virtuellen Welt zumindest teilweise wiederherzustellen. Dies kann zum Beispiel im Rahmen von regelmäßigen Morning-Check-ins oder über Online-Plattformen zum Austausch geschehen. Eine gute Möglichkeit sind auch Webinare von Mitarbeitern für Mitarbeiter sowie für Kunden. Damit auch langfristig ein „Wir“-Gefühl im Team Bestand hat, bietet es sich an, Guidelines und regelmäßige Maßnahmen gemeinsam zu entwickeln und verbindlich zu vereinbaren, damit Teams und ihre Mitglieder auch in der virtuellen Welt wieder greifbarer werden und „ein Gesicht bekommen“.

Sinnhaftigkeit aufzeigen: Es ist immer und grundsätzlich wichtig, dass Mitarbeiter sich ihrer Bedeutung für das Unternehmen bewusst sind und wissen, welchen Beitrag sie zur Erreichung der Unternehmensziele leisten. Das sorgt für die nötige Motivation, um auch in schwierigen Zeiten am Ball zu bleiben und alles zu geben. Dies wird umso bedeutender, wenn sich, ausgelöst etwa durch strategische Veränderungen während der Pandemie, der Purpose des Unternehmens jetzt in andere Richtungen entwickelt. Hier braucht es Orientierung, Information und Kommunikation in alle Richtungen, damit der psychologisch-materielle Kontrakt zwischen Mitarbeitern und Unternehmen aktiv erneuert werden kann.

Eine Experimentier- und Lernkultur leben: Unsichere Zeiten haben es an sich, dass gewohnte Prozesse und Strukturen nicht mehr verlässlich zum gewünschten Ziel führen. Kurioserweise wird dennoch häufig an gelernten Verhaltensmustern festgehalten, auch wider besseres Wissen. Wer sich in einer Umgebung befindet, die nicht nur zulässt, sondern aktiv einfordert, dass neue Wege eingeschlagen, Ungewöhnliches ausprobiert und aus Rückschlägen gelernt wird, der hat es leichter Erfolge zu erzielen und Chancen zu nutzen, die sich aus veränderten Rahmenbedingungen ergeben. Das motiviert, schweißt zusammen und ist auch noch gut für den Erfolg des Unternehmens. Digitale Plattformen zum Austausch und zur interdisziplinären Arbeit an übergreifenden Fragestellungen, ggf. mit augenzwinkernden Anreizen zum internen Wettbewerb können hier gute Dienste leisten.

Erfolgsfaktoren Perspektive Mitarbeiter: In der digitalen Welt ein „Wir“ erhalten, Sinnhaftigkeit aufzeigen, eine Experimentier- und Lernkultur etablieren

Führungskräfte und ihre aktuellen Herausforderungen

Führungskräfte stehen vor der Herausforderung, ihr Team durch die Krise zu führen, auch wenn die Mitarbeiter durch überwiegende Online-Kommunikation scheinbar weniger greifbar sind. Nun geht es darum den Unternehmenserfolg sicherzustellen – Wie das gehen kann? Durch die aktive Gestaltung der Beziehungen zu Kunden wie Mitarbeitern, als Grundlage zukunftsgerichteter Kollaboration. Aus all dem was dabei wichtig ist, seien die folgenden Aspekte hervorgehoben:

Die eigene Vision vermitteln: Auch wenn es wichtig ist, dass sich Führungskräfte jetzt intensiv mit den, möglicherweise in vielen Teilen heterogenen, persönlichen Bedürfnissen ihrer Mitarbeiter beschäftigen, diese erkennen und sensibel darauf reagieren, ist es ebenso wichtig, dass sie das große Ganze in den Blick nehmen und ihre Zukunftsvision vermitteln. Das gibt allen Kraft und stiftet Orientierung. Dass sich der Weg zum Ziel und möglicherweise die Vision selbst weiterentwickeln und damit verändern, zum Beispiel auf Grund sich rapide verändernder Kundenbedürfnisse, ist weniger problematisch, als es bisweilen empfunden wird. Wichtig ist, dass es eine Vision gibt und dass alle diese kennen, damit sie ihr Handeln darauf ausrichten können.

Resilient bleiben: Resilienz ist weniger als eine Fähigkeit zu verstehen, als eine bestimmte Haltung zu den Herausforderungen des Lebens. Resiliente Führungskräfte bleiben in der Krise handlungsfähig und wirksam. Soziale Aspekte, die hier eine Rolle spielen sind beispielsweise Einfühlungsvermögen, welches es ermöglicht die Perspektiven anderer einzunehmen und zu integrieren. Des Weiteren spielt der Grad der eigenen Anpassungsfähigkeit eine Rolle. Wer Unveränderliches akzeptieren kann und das eigene Handeln daran anpasst, der ist auch in der Lage anderen Möglichkeiten aufzuzeigen und so zu motivieren. Das bewahrt vor Stagnation und Paralyse.

Commitment stärken: Der psychologisch-mate­rielle Kontrakt zwischen Mitarbeitern und Führungskräf­ten ist derzeit sensibler und auch instabiler denn je. Nicht nur in Bezug auf Kunden braucht es Fokussierung, es geht auch um eine neue Art von Mitarbeiter-Centricity. Führungskräfte haben die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Mitarbeiter die aktuelle Situation verstehen und erkennen, in welche Richtung es geht, wie das Unternehmen mittelfristig mit den Herausforderungen der Pandemie umgeht und was dies für die Mitarbeiter persönlich bedeutet. Es ist wichtig, dass Führungskräfte sich die Zeit nehmen, ihr Team über Veränderungen aufzuklären, ein positives Zukunftsbild zu vermitteln, positive Nachrichten rasch zu teilen, aber auch individuelle Schwierigkeiten anzuerkennen. Führungskräfte sollten auch die Frage stellen, ob ihre Mitarbeiter das nötige Rüstzeug haben, um mit der Situation umgehen zu können, bzw. ob bestimmte Fähigkeiten und Haltungen noch gefördert werden müssen. Müssen beispielsweise neu eingeführte Online-Kommunikations-Tools geschult werden oder neue Abstimmungsmethoden erklärt werden? Der Umgang mit Unsicherheit und die damit einhergehende Notwendigkeit zur andauernden Bewältigung von Herausforderungen führt im besten Fall zu kontinuierlicher Weiterentwicklung. Führungskräfte sollten diesen Lernprozess unterstützen und würdigen. Es gilt Strukturen zu schaffen, die gewährleisten, dass ausprobiert werden kann, aus Fehlern gelernt wird und dass neues Wissen ins Team übertragen wird. Dabei ist auch klar abzustecken, was Mitarbeiter gestalten dürfen, welche neuen Verantwortungen entstehen, zum Beispiel durch das vermehrte Arbeiten im Homeoffice und wo auch Grenzen sind.

Erfolgsfaktoren Perspektive Führungskräfte: Die eigene Vision vermitteln, resilient bleiben, Commitment stärken

Die Corona-Pandemie ist noch nicht vorbei, jedoch hat sie unwiderruflich das Zeitalter des „New Way of Work“ eingeleitet. Die Arbeitswelt ändert sich drastisch und in vieler Hinsicht unumkehrbar. Es liegt an uns, ob wir in der Corona-Pandemie eine Krise sehen, welche nicht nur kurzfristig negative Auswirkungen auf die Arbeitswelt hat oder ob wir darin die Chance sehen, die Arbeitswelt zu revolutionieren. Treiber für eine langfristige positive Auswirkung auf Kunden, Mitarbeiter und Führungskräfte sind in jedem Fall ein aktives Beziehungsmanagement und intensive Kollaboration. In Zeiten von Isolation, Homeoffice und Ausgangsbeschränkungen braucht es mehr denn je ein „Wir“ und es liegt an uns, dieses „Wir-Gefühl“ in einer neuen, digitalisierten Arbeitswelt zu gestalten.

Über die Autorinnen

Daniela Sommer unterstützt Organisationen und Führungskräfte, wenn es um Unternehmensentwicklung geht. Ihre Schwerpunkte sind „The Human Side of Digital Transformation“, innovative Führungskräfteentwicklung sowie Beratung für das richtige Maß an Agilität. Sie ist systemische Organisationsberaterin und hat mehr als zehn Jahre Managementerfahrung in verschiedenen Bereichen großer Industrieunternehmen.

Franziska Nemmer hat International Business and Strategy an der Lancaster University Management School studiert und arbeitet bei KPMG im Management Consulting. Sie beschäftigt sich damit, wie internationale Unternehmen agieren müssen, um langfristig und gerade in Zeiten von Veränderung zukunftsfähig zu bleiben.

CC BY-ND 4.0 DE

 

 

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