Wie ein digitaler Marktplatz einen Warendistributor zum Lösungs- und Technolgieanbieter macht und dadurch eine ganze Branche transformiert, verrät Daniel Nill, CEO der Turbine Kreuzberg GmbH, der TREND-REPORT-Redaktion.

Sourceability ist ein unabhängiger Distributor, der als Intermediär zwischen Lieferanten und Einkäufern der Elektronikbranche agiert. Das US-amerikanische Unternehmen verfügt über 18 Büros und global verteilte Lager in Asien, den USA, Mittelamerika sowie Europa. Das Geschäftsmodell besteht darin, Angebote bei Dutzenden Lieferanten einzuholen, Preise zu vergleichen, Liefertermine abzustimmen und die Qualität zu sichern und so schließlich den Kunden eine Menge Aufwand zu ersparen.

Mitarbeiter von Sourceability nahmen Produktanfragen, die in der Branche nicht selten mehrere Hundert Artikel umfassen, vom Kunden zum Teil noch per Fax entgegen. Sie ermittelten händisch aus bis zu 50 Portalen – und nicht selten durch den Griff zum Hörer – weltweit die günstigsten Preise sowie die zugehörigen Lieferzeiten.

Die Kunden erhielten die gewünschten Informationen in Form einer Liste und konnten daraufhin über den Distributor ordern. „Um 50 bis 100 Bestellungen zu generieren, mussten Mitarbeiter von Sourceability bis zu 100 000 Artikel recherchieren“, verdeutlicht Daniel Nill die Dimensionen.

Das Problem: Kaum war das Angebot geschrieben, hatten sich manche Preise schon wieder geändert. „Es musste also eine technische Lösung gefunden werden, die einen Katalog von 550 Millionen Artikeln in Echtzeit durchsuchbar macht und es außerdem ermöglicht, Preise und Verfügbarkeiten mehrerer Hundert Artikel gleichzeitig abzufragen“, fasst der Digitalisierungsexperte die Problematik zusammen.

Um die Herausforderungen zu bewältigen, entwickelte Turbine Kreuzberg in nur neun Monaten Sourcengine. Über die Beschaffungsplattform für Elektronikkomponenten lassen sich nicht nur Stückpreise sowie Verfügbarkeiten eigenständig und in Echtzeit recherchieren, sondern auch benötigte Artikel direkt aus dem ERP-System heraus bestellen. Einkäufer generieren durch den nutzerfreundlichen Beschaffungsprozess eine große Zeitersparnis und werden effizienter. Dabei ermöglicht die Plattform den Zugriff auf das Angebot von inzwischen rund 1 400 Lieferanten weltweit, wodurch sie nun in der Lage sind, internationale Warenbestände zu vergleichen und insbesondere die länderspezifische Preispolitik verschiedener Hersteller zu durchschauen. Lieferanten wiederum erhalten über Sourcengine Zugang zu Kunden auf der ganzen Welt.

Das Team von Daniel Nill entwickelte eine Platt­form, die in einem 400- Milliarden-Dollar-Markt „erstmalig globale Trans­parenz hin­sicht­lich Preis und Liefer­zei­ten“ gewährt.

„Das ist ein echter Fortschritt für den Handel mit Elektronikkomponenten, der historisch eher regional geprägt ist“, betont Nill. Auch der Zweitverkauf überschüssiger Bestände durch Hersteller und Fertiger wird dank der Live-Trading-Plattform leichter. „Darüber hinaus können kleine Händler und Hersteller via Sourcengine ihre Waren online anbieten, was innerhalb der klassischen Strukturen bisher nicht wirtschaftlich war“, ergänzt Nill. Für Sourceability selbst liegt der Mehrwert in den durch gesenkte Aufwände freigewordenen personellen Kapazitäten. Die Mitarbeiter haben jetzt mehr Zeit, Kunden und Hersteller individuell zu betreuen sowie sich um die Entwicklung neuer Geschäftsfelder zu kümmern.

Sourcengine wurde auf Basis von Spryker Commerce OS entwickelt. Die etwa 550 Millionen Artikel werden in speziellen Datenbanken gespeichert und können innerhalb von zehn Sekunden durchsucht werden. Zudem wurde die Plattform als sogenanntes Headless System programmiert, das eine Anbindung an bestehende ERP-, CMS- oder PIM-Systeme von Einkäufern und Lieferanten ermöglicht. Statt sämtliche Artikel einzeln zu suchen, ermöglicht das entwickelte Feature fastQuote den Einkäufern, die in der Beschaffung üblichen Stücklisten, sogenannte Bills of Materials, bequem als CSV- oder Excel-Datei in das System zu laden. Sämtliche enthaltenen Artikel werden automatisch im Angebotskatalog gesucht und verfügbare Angebote in Abhängigkeit von Preis und Lieferzeit angezeigt.

Die Plattform transformierte einen 400-Milliarden-Dollar-Markt, der zuvor von manuellen Prozessen und lokal orientierten Lieferketten bestimmt war, und schafft jetzt erstmalig globale Transparenz hinsichtlich Preis und Lieferzeit. „Ein Konzept“, so Nill, „welches sich auch auf andere Branchen übertragen lässt.“

Lesen Sie im ausführliche Interview mit Daniel Nill mehr zur Live-Trading-Plattform Sourcengine.

https://trendreport.de/so-geht-b2b-beschaffung-4-0-heute