Datengetriebene Attribution: Mar-Tech-Experte Jörn Grunert im Gespräch mit der TREND-REPORT-Redaktion.

Herr Grunert, können Sie uns bitte kurz und prägnant in einem Satz erläutern, was Marketing Attribution ist?
Marketing Attribution beschäftigt sich mit der Analyse der Customer Journey und bemisst dabei wie groß der Einfluss der einzelnen Kontaktpunkte zwischen Käufer und Marke auf die Conversion war.

Was müssen Verantwortliche heute beachten, um eine erfolgreiche Marketing-Strategie zu erstellen und welche Rolle spielen in diesem Kontext Introducer, Influencer und Closer?
Um heutzutage eine erfolgreiche Marketing-Strategie zu erstellen, sollten Werbetreibende vor allem die Synergien innerhalb der verschiedenen Kanäle, aber auch die Wechselwirkung zwischen den klassischen und digitalen Kanälen berücksichtigen. Verantwortliche müssen zunächst verstehen, welche Kontaktpunkte zwischen Kunde und Marke entstanden sind und welchen Einfluss sie auf die Kaufentscheidung hatten. Kunden bewegen sich auf immer mehr Endgeräten und wechseln innerhalb des Kaufprozesses regelmäßig zwischen diesen.

Für Vermarkter bedeutet das komplexer werdende Customer Journeys. Um Konsumenten zur richtigen Zeit mit der richtigen Botschaft zu erreichen, benötigen sie einen Multi-Channel-Ansatz, welchen neben den Synergien innerhalb der Kanäle auch äußere Effekte wie Saisonalitäten, die sich ebenfalls auf die Kaufentscheidung auswirken, berücksichtigt. Lange Zeit wurden diese Synergien von statischen Attributionsmethoden, wie Last-Cookie-Wins, völlig außenvorgelassen, indem nur der Closer, also der letzte Kontakt vor der Conversion vergütet wurde.

Die Relevanz von Introducer- und Influencer-Kontakten wird erst in einem Multi-Touch Attributionssystem deutlich. Exactag setzt hier auf die datengetriebene Attribution, welche alle Kontakte einer Journey misst und jedem seinen tatsächlich geleisteten Wertbeitrag zuweist.

Was sind die aktuellen Herausforderungen bei der Attribution denen sich Marketingverantwortliche stellen müssen?
Immer mehr Werbetreibende erkennen heutzutage das Potential und die Notwendigkeit von Marketing Attribution. Aber trotz der Tatsache, dass Attribution bei Marketingentscheidern schon hoch priorisiert wird, bleiben immer noch Herausforderungen. Das liegt nicht zuletzt an der Komplexität von geräteübergreifenden Kampagnen, der Qualität von vorhandenen Daten oder der Verwendung von veralteten Attributionsmodellen.

Einige Werbetreibende nutzen immer noch positionsbasierte Modelle oder traditionelle Modelle wie First Click oder Last Click. Ein Grund dafür könnte die Einfachheit dieser Methodik sein, denn die Zuordnung der Conversion zum letzten Klick ist unkompliziert und leicht verständlich. Entsprechend ist dieser Ansatz immer noch weit verbreitet, obwohl dabei wichtige Faktoren der gesamten Customer Journey unberücksichtigt bleiben.

Zudem arbeiten Marketingabteilungen oft noch in Silos und verschiedene Teams nutzen unterschiedliche Datenquellen zur Analyse. Für effektives Marketing braucht es allerdings einen ganzheitlichen Blick auf alle Maßnahmen. Um Marketing Attribution erfolgreich im Unternehmen zu etablieren, müssen Silos aufgelöst werden und Teams verschmelzen. Die Daten aller digitalen Kanäle laufen in einem zentralen System zusammen und ermöglichen einen ganzheitlichen Blick auf das Marketing. Die Werbewirkung kann so genauestens bestimmt werden. Unsere Kunden brechen damit das Silodenken auf und wir wollen auch alle anderen Unternehmen dazu aufrufen.

„Im Vergleich von der tatsächlichen Verteilung der Wertbeiträge und der Analyse mit der datengetriebenen Attribution, sehen wir oft, dass den falschen Kanälen zu viel Effizienz zugerechnet wird,“ erläutert Jörn Grunert, Managing Director von Exactag.

Wie können heute Marketing-Entscheider mehr über ihre Kunden und Produkte in Erfahrung bringen?
Jeder Konsument hinterlässt mit einem Online-Werbekontakt oder dem Besuch einer Website seine digitalen Fingerabdrücke. Darüber erfahren Werbetreibende über Interessen, Abneigungen oder Absichten des Users. In Theorie bietet das Internet somit schon ausgezeichnete Möglichkeiten, um potentielle Kunden zielgerichtet mit relevanten Werbebotschaften und über die richtigen Kanäle zu erreichen.

Allerdings ist es für viele Werbetreibende eine große Hürde den Kunden auch über verschiedenste Plattformen und Geräte wiederzuerkennen. Um die heutigen vernetzten Verbraucher zu erreichen, müssen Mobile, Desktop und Offline Kanäle zusammenarbeiten, um das Markenbewusstsein der Konsumenten zu stärken und die Nachfrage zu steigern. In diesem Szenario kann jeder Kanal, egal ob Online oder Offline, potenziell den gleichen Einfluss auf einen Kauf ausüben.

Wie gelingt es Unternehmen Werbekampagnen kanalübergreifend analysieren und neue Erkenntnisse für Entscheidungen daraus generieren?
Ist das Verständnis für die Customer Journey durch ein vollständiges Tracking entlang aller Kanäle und Geräte da, gilt es, die Effizienz der Marketingkanäle für bestimmte Kampagnen zu bewerten. Zur Evaluierung sollten klar definierte Ziele und Kennzahlen herangezogen wie z.B. Produktverkäufe (Sales) oder Registrierungen (Leads). Die Bewertung kann anhand verschiedener Attributionsmodelle erfolgen. Sinnvoll ist hier aber ein dynamisches, rein datengetriebenes Modell, um alle Kanäle ganzheitlich bewerten zu können. Regelbasierte Modelle liefern zwar ansatzweise erste Antworten über die Wirksamkeit von Werbekampagnen, das Ergebnis wird allerdings durch die fest vorgegebenen Regeln manipuliert.

Im Gegensatz dazu beruht die Analyse der dynamischen Attribution auf Daten und berechnet für die Journeys den Wertbeitrag jedes Touchpoints neu. Das Modell lernt mit jedem neuen Datensatz dazu und entwickelt sich selbstständig weiter. So wird gewährleistet, dass das Modell immer die aktuelle Situation erfasst und automatisch Veränderungen erkennt. Die Ergebnisse der Analyse sind dadurch präziser. Die Kenntnis darüber, welche Kanäle und Maßnahmen am effektivsten sind bilden die Grundlage für die weitere Marketingplanung und einen optimierten Budgeteinsatz.

Welche Medien und Kanäle müssen dabei berücksichtigt werden? Welche weiteren Erkenntnisse im Kontext der Conversion brachte Ihre Studie hervor?
Alle Kanäle und Medien, die für die Kommunikation genutzt werden, sollten bei der Analyse berücksichtigt werden. Nur so entsteht ein ganzheitliches Bild. Im Vergleich von der tatsächlichen Verteilung der Wertbeiträge und der Analyse mit der datengetriebenen Attribution, sehen wir oft, dass den falschen Kanälen zu viel Effizienz zugerechnet wird.

Im Branchendurchschnitt bekommen bei der datengetriebenen Attribution die Upper-Funnel Kanäle mehr Conversion Anteile zugerechnet, wobei die klassischen Closer-Kanäle an Wertbeitrag verlieren. Durch die Analyse einer dynamischen Attribution werden bspw. dem Kanal Video 163% zusätzliche Conversions zugeordnet. SEO verliert 22% des bisherigen Conversion-Volumens.

In der Retail Branche ist auffällig, dass vor allem die Kanäle Content und Blog einen größeren Erfolgsfaktor zugewiesen bekommen als bei einem regelbasierten Attributionsmodell. Diese Kanäle sind also wertvoller als sie von einem last-Touch Modell eingeschätzt werden, da sie typischerweise nicht die Conversion abschließen. Umso wichtiger ist es beurteilen zu können, welchen Wertbeitrag sie an der Conversion haben. Das datengetriebene Attributionsmodell von Exactag ist in der Lage diese Maßnahmen zu messen und deren Effizienz zu beurteilen.

Attribution Study – Branchenfokus Retail

Die Studie befasst sich mit der Analyse der Customer Journey und der Optimierungspotentiale in der Retail Branche durch Attribution im deutschsprachigen Raum.

Mit übergreifenden Analysen auf Basis von 100 anonymisierter Kunden, liefert die Studie eine übersichtliche Aufschlüsselung, wie die heutigen Customer Journeys aussehen, wie man die einzelnen Kundenkontaktpunkte fair bewertet und wie Marketingkanäle sowie Budgets mit den Erkenntnissen optimiert werden können.

Wie können Marketing-Entscheider von Ihrer Lösung profitieren und Wettbewerbsvorteile generieren?
Das Bedürfnis von Werbetreibenden alle Online und Offline Marketing Maßnahmen übergreifend abzubilden und zu bewerten wird immer größer. Als Experte für Attribution Modeling ist es unser Ziel, diese Entwicklung voranzutreiben. Wir setzen dort an, wo andere Ansätze enden und kombinieren die Analyse der klassischen Marketingkanäle mit datengetriebener Attribution. So decken wir Wirkungszusammenhänge kanal- und geräteübergreifend auf und bilden die Basis für eine effiziente Budgetoptimierung.

Mit unserem neuen Feature „Attribution Push“ sind wir weltweit der erste Attributionsanbieter der die Daten aktiviert und Performance Marketing Kampagnen automatisiert optimieren kann. Das Feature übermittelt die durch Exactag attribuierten Daten direkt in den Bid-Manager des Kunden und optimiert die Algorithmen zur Kampagnensteuerung ohne manuelle Anpassungen. Unser Kunde Eurowings konnte mit der Funktion die KUR von Googles Smart Bidding um 13% senken. Die Anbindung an weitere Kanäle und Anbieter folgen in 2019.

Welche Synergien ergeben sich zwischen Analytics und Marketing Attribution?
Während Analytics untersucht, wie sich der User auf einer Seite bewegt und primär das Onsite-Verhalten analysiert, prüft Marketing Attribution welche Kanäle oder Werbemaßnahmen den User überhaupt erst zu der Seite bringen. Wird online ein Kauf abgeschlossen, weiß das Analytics Tool genau, welche Produktdetailseiten sich der Kunde vorab angesehen hat und wie lange er jeweils auf der Seite verbracht hat. Marketing Attribution analysiert allerdings alles, was offsite passiert und welche Marketingkontakte und Werbeformen den User letztendlich zum Kaufen überzeugt haben. Beide Systeme ergänzen sich also gegenseitig und sind wichtiger Bestandteil im MarTech-Stack eines Werbetreibenden.

Während Google Analytics auch teilweise Informationen bereitstellt, über welche Kanäle der User zu der Seite kam, bewegt es sich weiterhin innerhalb seines eigenen Walled Gardens und kennt nur die Google-Kanäle. Eine Marketing Attribution ist daher sehr viel genauer und wichtig für die effiziente und übergreifende Optimierung von Marketingkampagnen und Verteilung von Werbebudgets.

Inwieweit unterstützt Ihre Lösung Ihre Kunden dabei, einen Blick in die Zukunft zu werfen?
Wir versuchen für unsere Kunden immer voraus zu denken und unsere Attributionsplattform stetig weiter zu entwickeln und um wertvolle neue Features zu erweitern. Mit dem AdSpend Optimizer ist es unseren Kunden bspw. möglich „Was-wäre-wenn-Analysen“ bzgl. der Budgetvergabe durchzuführen. Dabei kann der Werbetreibende verschiedene Szenarien testen und den idealen Mix des Werbebudgets zu ermitteln, um den angestrebten ROI zu erreichen.

Thomas Cook hat auf Basis der Empfehlungen des AdSpend Optimizers eine Re-Allokation des Budgets vorgenommen. Die dabei entstandenen Umsatzprognosen aus dem Modell waren sehr präzise und stimmten zu 95% mit den IST-Werten überein.

Zur Person

Jörn Grunert ist Managing Director von Exactag und verantwortet die strategische Ausrichtung in allen Geschäftsbereichen des Unternehmens. Mit über 20 Jahren Erfahrung als Führungsrolle in digitalen Adtech- und Martech-Startups, stellt er die Weichen für innovative Technologien.

Zuvor war er Managing Director bei Experian Deutschland. Innerhalb weniger Jahre stieg sein verantworteter Unternehmensbereich deutscher Marktführer im Bereich des Email Service Providing mit einem Wachstum von 8 auf 100 Personen an. Darüber hinaus war er Co-Founder und Geschäftsführer bei weiteren digitalen Pionieren wie Falk eSolutions, die heute Teil von Google sind. Sein reichhaltiges Wissen und die Erfahrungen in der Marketing Technologie Branche lässt er nun bei Exactag einfließen und revolutioniert den Blick auf die Marketing-Effizienz.

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

CC BY-ND 4.0 DE

 

 

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