Im Interview mit der TREND-REPORT-Redaktion erläutert Jane Greene, Senior Market Advisor für den Bereich Fintech bei Enterprise Ireland, RegTech und das Einsparpotenzial für die Finanzindustrie.
Frau Green, was bedeutet RegTech und welche Rolle spielt KI/AI dabei?
Regtech setzt sich aus „Regulatory“ und „Technology“ zusammen. Ziel ist der intelligente Einsatz von Technologie im Banken- und Finanzumfeld, um bessere Ergebnisse zu erreichen. Denn steigende Anforderungen in der Finanzbranche und immer striktere Compliance-Vorgaben erfordern eine digitale Infrastruktur im Unternehmen, die die bestehenden Ressourcen effektiv erweitert. Die riesigen Datenmengen, über die viele Banken verfügen, sind eine inhärente Stärke und bieten großes Potenzial. Hier leistet Regtech wertvolle Unterstützung: Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz, Maschinellem Lernen, Datenanalyse und Blockchain unterstützt Unternehmen dabei, intelligentere Entscheidungen zu treffen und regulatorische Anforderungen flexibler zu erfüllen.
Wie hoch schätzen Sie das Einsparpotenzial durch RegTech für die Finanzindustrie?
Experten sagen voraus, dass die Regtech-Branche immer schneller wachsen und bis 2020 weltweit Umsätze von 6,46 Milliarden US-Dollar erzielen wird. Regtech trägt dazu bei, die Prozesseffizienz zu verbessern, da Unternehmen Datenanalysen einerseits für die Optimierung bestehender Produkte und Dienstleistungen nutzen können sowie andererseits auch für Aktivitäten und Prozesse innerhalb ihrer Organisation. Dadurch lernen sie ihren Markt und ihre Kunden besser zu verstehen.
In einer aktuellen Umfrage unter Anwendern in der Banken-, Finanzdienstleistungs- und Versicherungsbranche (BFSI) erklärten 19 Prozent der Befragten, dass die Einhaltung von Standards und Regulierungsmaßnahmen eine ihrer drei größten Herausforderungen sei. Neue Technologien eröffnen interessante Möglichkeiten, dem wachsenden Kostendruck und dem Ruf nach mehr Prozesseffizienz zu begegnen. Damit dies gelingt, müssen Banken und Finanzdienstleister vermehrt auf robuste Backends, flexible Prozesse sowie innovative kundenzentrierte Lösungen setzen. Gute Regtech-Anbieter werden so zunehmend zum Wegbereiter für Wettbewerbsvorteile.
Warum zeichnet sich ausgerechnet der irische Markt durch fundiertes regulatorisches Fachwissen aus?
Es gibt eine Reihe von Faktoren, die hierzu beitragen. Zum einen ist Irland sehr tief in der Fondsbranche verwurzelt, denn über 40 Prozent der globalen Hedgefonds-Vermögenswerte werden in Irland betreut. Die Inselnation leistet so einen zentralen Beitrag zur Entwicklung internationaler Industriepraktiken. Der irische Fondssektor spielt des Weiteren eine Schlüsselrolle bei regulatorischen Entwicklungen auf EU-Ebene. Irland vereint so das technische und finanzielle Know-how, das globale Fintech-Kunden suchen.
Darüber hinaus ist Irland aber auch eine wichtige operative Drehscheibe für einige der größten Branchenakteure – von der Bank of America Merill Lynch über Barclays und Sumitomo Mitsui. Die Kombination aus Technologieführerschaft in einem der führenden Enterprise Software-Zentren mit fundierter regulatorischer Expertise hat dazu beigetragen, dass irische KMU von einem besonderen Umfeld profitieren: So lassen sich Lösungen entwickeln und einsetzen, die im Einklang mit den sich schnell entwickelnden Vorschriften in der Branche stehen.
Gute Regtech-Anbieter werden zunehmend zum Wegbereiter für Wettbewerbsvorteile.
Was unterscheidet die irische FinTech-Branche von der Deutschen?
Die Größe spielt hier eine besondere Rolle: Irland ist ein eher kleines Land mit zahlreichen multinationalen Unternehmen und Start-ups, die sich auf einen Bereich konzentrieren. Beispielsweise sind neun der zehn weltweit führenden Technologieunternehmen in Irland ansässig. So hat die florierende Technologie-Start-up-Szene, kombiniert mit etablierten Forschungs- und Entwicklungszentren großer Finanzkonzerne, ein sehr gutes Umfeld für Fintech-Innovation in Irland geschaffen. Dies lässt sich durch erfolgreiche nationale Unternehmen wie Realex und Stripe belegen, die global erfolgreich agieren.
Wichtig ist aber auch, dass Irland als englischsprachiges Land in der Eurozone Fintech-Unternehmen den Zugang zu internationalen Märkten erleichtert. Und außerdem priorisiert die irische Regierung die Entwicklung des FinTech-Sektors, wie aus der Strategie zur Entwicklung des irischen Finanzdienstleistungsbereichs IFS 2020 hervorgeht. Dies untermauert das Engagement der irischen Regierung, die sicherstellen möchte, dass der internationale Finanzsektor Irlands kontinuierlich wächst und sich weiterentwickelt.
Welche Auswirkungen erwarten irische Unternehmen durch den Brexit, und wie bereiten sich diese darauf vor?
Im Verlauf der Brexit-Verhandlungen bleiben angesichts der engen Handelsbeziehungen zwischen Irland und Großbritannien erhebliche Herausforderungen für irische Unternehmen bestehen. Wir von Enterprise Ireland wollen irischen Unternehmen die bestmögliche Absicherung bieten und haben deshalb eine „Brexit Unit“ gegründet. Sie ist darauf ausgerichtet, auf alle Eventualitäten vorzubereiten. Wir beraten Unternehmen, welche Märkte für sie geeignet sind, und helfen ihnen innovativer und wettbewerbsfähiger zu werden.
In einer von uns durchgeführten Umfrage zum Thema Brexit unter über 2.400 Kunden hat sich herausgestellt, dass 85 Prozent der Kunden bereits Brexit-bezogene Maßnahmen ergreifen. Dazu zählen: Diversifizierung der Exportmärkte, Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, Stärkung der Geschäftstätigkeit in Großbritannien, Entwicklung strategischer Partnerschaften, Verbesserung des Finanzmanagements und Investitionen in Forschung und Entwicklung.