ÖPNV-Kundenbarometer 2023
Fahrgastzufriedenheit 2023 deutlich gestiegen – ÖPNV-Kundenbarometer untersucht landesweite Popularität des öffentlichen Nahverkehrs
- Spitzenplatz belegen Innsbrucker Verkehrsbetriebe und Stubaitalbahn GmbH (IVB) vor Rostocker Straßenbahn AG (RSAG). Auf dem dritten Platz liegt Tübinger TüBus GmbH (TüBus)
- ÖPNV-Nutzung nach der Pandemie und während des Deutschland-Ticket-Zeitraums hat zugenommen. Zufriedenheit mit ÖPNV insgesamt deutlich gestiegen
- Studie untersucht wichtige Bereiche der „Customer Experience“ bei 42 ÖPNV-Anbietern aus Deutschland und einem Teilnehmer aus Österreich.
Kantar untersucht seit 25 Jahren regelmäßig die Zufriedenheit der Fahrgäste mit dem öffentlichen Nahverkehr. Dadurch können die Mobilitätsexpertinnen und Experten von Kantar gut beurteilen, wie die Herausforderungen der letzten Jahre durch den ÖPNV im Zeitverlauf bewältigt wurden. Mehr als 24.000 ÖPNV-Nutzerinnen und Nutzer wurden 2023 ab der Einführung des Deutschland-Tickets von Mai bis August 2023 befragt. Ergänzt wird das ÖPNV-Kundenbarometer durch eine repräsentative Benchmark-Studie, basierend auf 17.500 telefonischen und Online-Interviews mit potenziellen und aktuellen Nutzerinnen und Nutzern des ÖPNV in Deutschland.
Die IVB nimmt unter allen teilnehmenden Unternehmen des ÖPNV-Kundenbarometers 2023 den Spitzenplatz bei Bewertung der Globalzufriedenheit durch die Fahrgäste ein. Auf den Plätzen zwei und drei folgen die RSAG und der TüBus. Auf den weiteren sehr guten Plätzen rangieren der Paderborner PaderSprinter, die Dresdner Verkehrsbetriebe AG (DVB), die ÜSTRA aus Hannover, die Freiburger Verkehrs-AG, die Stadtwerke Münster sowie die Stadtwerke Neumünster Verkehr (SWN).
Bei insgesamt deutlich gestiegenen Fahrgastzahlen von 2022 auf 2023 ist die Zufriedenheit der Fahrgäste im Vorjahresvergleich bei 73 Prozent der teilnehmenden Unternehmen gewachsen. Bei zehn Prozent blieb dieser Wert unverändert und nur bei 17 Prozent hat er sich verschlechtert. Im Jahr 2022, während der Laufzeit des 9-Euro-Tickets, wurde ein gegenteiliger Effekt gemessen: Rasant gestiegene Fahrgastzahlen gingen im letzten Jahr mit einem deutlichen Rückgang der Globalzufriedenheit einher. Inzwischen ist insgesamt jedoch wieder der hohe Zufriedenheitswert aus dem Jahr 2021 erreicht.
Dies fanden die Verkehrsforscherinnen und Verkehrsforscher von Kantar in ihrem ÖPNV-Kundenbarometer 2023 heraus. Insgesamt 43 Nahverkehrsanbieter beteiligten sich 2023 an der größten Vergleichsstudie für den ÖPNV im deutschsprachigen Raum. Es wurden über 24.000 Interviews telefonisch und online durchgeführt, um die Qualitätswahrnehmung der Fahrgäste zu ermitteln. Rund 40 Leistungsmerkmale aus den Kategorien Angebot, Tarif, Sicherheit, Verkehrsmittel, Haltestellen und Kundenbeziehung, die somit alle wichtigen Bereiche der Kundenzufriedenheit im ÖPNV abdecken, standen im Fokus der Untersuchung. Ein besonderes Augenmerk der Studie lag 2023 auf den Auswirkungen des Deutschland-Tickets.
Kantar ermittelte, dass während der Pandemie ein Teil der vormals regelmäßigen Nutzerinnen und Nutzer des ÖPNV damit aus unterschiedlichen Gründen aufgehört haben. Im Laufe der letzten beiden Jahre fand eine starke Reaktivierung dieses Potenzials – durch das 9-Euro-Ticket im Sommer 2022 und durch das Deutschland-Ticket im Jahr 2023 – statt. Nur sehr wenige Fahrgäste wurden durch das Deutschland-Ticket-Angebot komplett neu an den ÖPNV herangeführt.
Christian Jödden, Director bei Kantar Mobility in München, beschreibt die Verkehrsmittelpräferenzen wie folgt: „Während der Pandemie konnten wir beobachten, dass der eigene Pkw als privater und sicherer Rückzugsort viele Fahrgäste von Bussen und Bahnen abzog, weil sie sich dort einfach nicht mehr wohlfühlten. Inzwischen wissen die Menschen die Vorzüge der öffentlichen Verkehrsmittel wieder zu schätzen. Der Wohlfühlfaktor im ÖPNV steigt. Neue Tarifstrukturen und das Deutschland-Ticket machen die ÖPNV-Nutzung zudem günstiger und unkomplizierter“.
Die Fahrgäste sind mit der Umsetzung des Deutschland-Tickets durch die Verkehrsunternehmen und
-verbünde insgesamt sehr zufrieden. Die Beurteilungen erreichen allerdings nicht mehr die hervorragenden Noten, die 2022 noch bei der Bewertung der Umsetzung des 9-Euro-Tickets erzielt wurden. In beiden Jahren gelingt die Spitzenposition innerhalb der Teilnehmenden am ÖPNV-Kundenbarometer den SWN. Auf dem zweiten Platz im Teilnehmervergleich liegt 2023 der PaderSprinter, den dritten Platz teilen sich der TüBus und die Vestische Straßenbahnen GmbH (Vestische).
Die Einordnung des Deutschland-Tickets macht in manchen Tarifsystemen Anpassungen bei den Fahrscheinpreisen und gegebenenfalls beim Fahrscheinangebot notwendig. Dadurch werden auch diese Aspekte durch die Befragten neu bewertet. Bei der Beurteilung des Leistungsmerkmals „Tarifsystem“ ist nach Meinung der Befragten der PaderSprinter am besten, gefolgt von den SWN. An dritter Stelle liegen die „Öffis“ des Nahverkehrs Hameln-Pyrmont (Öffis), knapp gefolgt von den Stadtwerken Biberach (SW Biberach). Diese entscheiden in diesem Jahr die wichtige Frage nach der Bewertung des Preis-Leistungsverhältnisses für sich. Hinter den SW Biberach folgen IVB und die Öffis auf den Plätzen zwei und drei.
Bei der Frage nach der Beurteilung des Fahrkartenangebots generell wird die Innsbrucker IVB
– wohlgemerkt wird hier das Deutschland-Ticket nicht angeboten – von den Fahrgästen am besten bewertet. Auf den Plätzen zwei und drei bei der Bewertung des Fahrkartenangebots folgen der PaderSprinter und die Rostocker Straßenbahn AG (RSAG).
Erstmalig differenziert das ÖPNV-Kundenbarometer in diesem Jahr nach empfundener Zuverlässigkeit eines Verkehrsanbieters einerseits und seiner Pünktlichkeit andererseits. Die Spitzenpositionen dieser beiden Teilnehmervergleiche sind in unterschiedlicher Reihenfolge ähnlich besetzt: Beide Rankings werden angeführt von der IVB, gefolgt bei der Zuverlässigkeit von der SWN und der RSAG auf Platz Drei. Bei der Pünktlichkeit erringt die RSAG die Silbermedaille, den dritten Platz auf dem Siegertreppchen teilen sich die SWN und die ÜSTRA.
„Wenn wir auf die Noten schauen, die die Verkehrsanbieter für diese Angebotsmerkmale von den Fahrgästen erhalten, so zeigt sich, dass die Pünktlichkeit von Bussen und Bahnen bei den meisten Verkehrsanbietern im ÖPNV eine größere Herausforderung darstellt als Probleme mit dem Ausfall von Fahrten“, so Christian Jödden.
„Für ein gutes Gefühl bei der Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel ist die empfundene Sicherheit für die Fahrgäste eine wichtige Voraussetzung. Hier besteht bei vielen Verkehrsunternehmen noch starker Handlungsbedarf, sowohl was die Sicherheit in den Verkehrsmitteln als auch an den Haltestellen und Stationen betrifft“ erklärt Anselm Speich, Studienleiter in der Abteilung Mobility bei Kantar. Gerade in den Abendstunden und nachts vermissen viele ÖPNV-Nutzerinnen und Nutzer ein sicheres Gefühl, insbesondere bei großstädtischen Verkehrsunternehmen in verschiedensten Regionen der Republik. Die besten Werte erhält für das abendliche Sicherheitsempfinden sowohl in den Fahrzeugen als auch an den Stationen und Haltestellen die IVB. Bei der Sicherheit im Fahrzeug teilt sich die IVB diesen Spitzenplatz mit dem PaderSprinter, gefolgt von den Stadtwerken Wilhelmshaven. Die Sicherheit an Haltestellen und Stationen wird am zweitbesten bewertet bei der Mainzer Mobilität und dem TüBus.
„Die Sicherheit an Haltestellen, aber auch die Ausstattung und die Sauberkeit an Haltestellen haben einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das Wohlbefinden der Fahrgäste“
resümiert Anselm Speich. Im Teilnehmervergleich dieser beiden Merkmale sind die Fahrgäste des Spitzenreiters IVB sehr zufrieden. Hinsichtlich Komfort und Ausstattung der Haltestellen belegen den gemeinsamen zweiten Platz die DVB und die RSAG, um Haaresbreite gefolgt von den Stadtwerken Ulm (SWU). Bei Sauberkeit und Gepflegtheit werden von den Fahrgästen hinter die IVB die Haltestellen und Stationen des PaderSprinters sowie der SW Biberach beurteilt.
Die Barrierefreiheit bei Zugang und Nutzung der Haltestellen und Stationen für mobilitätsbeeinträchtige Personen ist innerhalb der teilnehmenden Verkehrsunternehmen und -verbünde unterschiedlich gut gelöst. Von sehr zufriedenstellenden bis hin zu sehr wenig zufriedenstellenden Lösungen ist hier das ganze Spektrum vertreten. Beim Teilnehmervergleich führend ist der PaderSprinter, gefolgt von der Halleschen Verkehrs-AG (HAVAG) auf dem zweiten und der Vestischen auf dem dritten Platz.
Kantar führt das ÖPNV-Kundenbarometer 2024 erneut durch. Besonders spannend dürfte sein, wie die Fahrgäste den ÖPNV nach dem ersten vollständigen Jahr mit dem Deutschland-Ticket bewerten.
Über das ÖPNV-Kundenbarometer
Das ÖPNV-Kundenbarometer erfasst jährlich die Zufriedenheit der Fahrgäste ab 16 Jahren mit dem öffentlichen Nahverkehr. 2023 umfasst die Studie insgesamt über 24.000 repräsentative Telefon- und Online- Interviews mit Nutzerinnen und Nutzern von ÖPNV-Verkehrsmitteln, die in insgesamt 43 Bedienungsgebieten von Verkehrsverbünden und Verkehrsunternehmen erhoben wurden. Die Fahrgäste wurden unter anderem nach ihrem Nutzungsverhalten und ihrer Zufriedenheit mit insgesamt bis zu 40 Leistungsmerkmalen befragt.
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