Schon immer hat die IT-Branche unter einem großen Ungleichgewicht der Geschlechter gelitten, die Frauen sind klar in der Minderheit. Gerade auch im Kontext des allgemeinen Mangels an Fachkräften für IT-Sicherheit ist dieser Zustand besorgniserregend. Unternehmen müssen folglich Initiativen ergreifen, um dieses Ungleichgewicht zu verringern.

Nach einer aktuellen Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom sind nur 15 Prozent der Bewerber auf eine IT-Stelle in Deutschland weiblich (1). Andererseits möchten 55% der befragten Unternehmen den Frauenanteil erhöhen. Dabei ist es wichtig, dass sie ihren Worten Taten folgen lassen. Sie müssen entschlossen vorgehen und sich bewusst sein, dass es mehrere Jahre dauern kann, bis eine nachhaltige Änderung eintritt.

 

Um den Frauenanteil bei den IT-Fachkräften zu erhöhen, sollten Unternehmen drei Maßnahmen ergreifen.

 

Erstens ist es unabdingbar, die Zusammenarbeit mit Schulen, Hochschulen, Universitäten und Gesetzgebern verbessern. Die Arbeitgeber müssen engere Beziehungen zu den Bildungseinrichtungen aufbauen und mit Angeboten wie Praktika oder Tagen der offenen Tür schon frühzeitig das Interesse junger Frauen wecken. Cybersecurity muss eine attraktive Alternative werden!

Zweitens sollten Unternehmen ihre strikten Einstellungsrichtlinien lockern. Zu oft liegt der Fokus auf Branchenerfahrung, die eine große Zahl potenziell exzellenter weiblicher Kandidaten sofort ausschließt. Wenn man diesem Personenkreis nie die Möglichkeit gibt, Erfahrungen zu sammeln, ist der anhaltende Fokus auf Branchen-Know-how selbstzerstörerisch. „Hire for attitude – not only for skills“ ist ein oft wiederholtes Business-Mantra: Arbeitgeber müssen es jetzt auch auf die Neueinstellung von Mitarbeitern im Bereich Cybersicherheit anwenden. Mit effektiven Umschulungsprogrammen können Sie ihr Sicherheitsteam mit Kandidatinnen aus verschiedensten Bereichen und mit unterschiedlichstem Background verstärken – und damit motivierte Mitarbeiterinnen gewinnen, die immer eine enorme Bereicherung darstellen.

Drittens muss die Unternehmensleitung mit gutem Beispiel vorangehen. Sie darf nicht nur von geschlechtsspezifischer Diversität (Gender Diversity) sprechen, sondern sie muss konsequent danach handeln und sie vorleben. Ein Beispiel wäre die Vorgabe an Personalabteilungen, bei Recruiting-Maßnahmen Kandidatenlisten mit einem Frauenanteil von mindestens 30% zu erstellen. Unternehmen müssen hierzu klare Ziele definieren, diese messen und überwachen und kontinuierlich höhere Ziele stecken.

Wichtig ist auch, dass Unternehmen die Frage stellen: „Bietet unsere Organisationsstruktur überhaupt attraktive Arbeitsplätze für Frauen?“ Vielfach müssen Unternehmen möglicherweise für mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit sorgen, die Unterstützung für Mitarbeiterinnen verbessern, die aus dem Mutterschaftsurlaub zurückkehren, und etwaige Lohnunterschiede beseitigen.

Die bestehende Lücke von Frauen in der Cybersicherheit wird sich leider nicht über Nacht beseitigen lassen. Es bedarf mehr als nur eines Lippenbekenntnisses von Führungskräften, um die Situation nachhaltig zu verändern. Unternehmen brauchen vor allem eine klare Strategie mit messbaren Zielen, bei der Umsetzung aber auch einen langen Atem. Aber – der Aufwand wird sich lohnen. Die Erhöhung des Frauenanteils kann dazu beitragen, den allgemeinen Fachkräftemangel in der Branche zu verringern und eine vielfältigere, vielseitigere Belegschaft aufzubauen.

* Kai Grunwitz ist Senior Vice President EMEA bei NTT Security

(1) https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/IT-Fachkraefte-Nur-jeder-siebte-Bewerber-ist-weiblich

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