Agenturen erwarten auch für 2024 stark steigende Ausgaben der Werbetreibenden

Die Ausgaben der Werbetreibenden für Influencer-Marketing steigen aktuell. 2024 sollen die Spendings sogar um rund 20 Prozent anziehen. Beauty und Fashion dominieren, aber künftig wird vor allem in den Bereichen Finanzen, Health und Pharma eine höhere Nachfrage erwartet. Profitieren sollen dabei vor allem Influencer:innen mit bis zu einer Million Follower:innen. Das größte Wachstum unter den Plattformen soll auf TikTok stattfinden. Das sind Ergebnisse einer Expert:innen-Umfrage der DMEXCO im Juni 2023 unter 10 Agenturen mit Sitz in Deutschland, die sich auf das Vermarkten von Influencer:innen und Content Creator:innen spezialisiert haben. 

Das Influencer-Marketing hat sich in den vergangenen Jahren rasant gewandelt und ist weltweit zu einem Milliardenbusiness geworden, das aber weiterhin großes Potenzial hat. Um die aktuelle Stimmung im deutschen Markt zu ermitteln, hat die DMEXCO im Juni dieses Jahres Expert:innen von 10 führenden Influencer-Agenturen in Deutschland um ihre Einschätzung zur Entwicklung des Influencer-Marketings gebeten. Neben den Budgets wurde auch das Wachstumspotenzial für einzelne Influencer-Größenklassen und -Segmente abgefragt. Zudem gibt die Umfrage Einblicke in die Zusammenarbeit von Werbetreibenden und Influencer:innen sowie derzeitige und künftige Trends. Die Ergebnisse der Expert:innenbefragung stehen im Rahmen eines Influencer-Marketing-Specials auf der DMEXCO-Webseite sowie als Whitepaper zur Verfügung.

Höhere Nachfrage und mehr Budget für 2023 und 2024

Sieben von zehn Agenturen bescheinigen für das laufende Jahr eine erhöhte Nachfrage der Werbetreibenden nach Influencer:innen. Nur eine der zehn Agenturen hat in diesem Jahr weniger Budget als 2022 von ihren Kund:innen erhalten. Auch für 2024 erwarten die Agenturen eine positive Entwicklung. Acht von zehn Agenturen prognostizieren ein Wachstum des Budgets für Influencer-Marketing, im Durchschnitt um 20 Prozent. „Die Budgets steigen. Aber auch die Ansprüche der Kund:innen. Von der Belastbarkeit von Prognosen bis hin zu nachhaltigen Umsetzungen fordern die Kund:innen mehr Qualität und Leistungen. Die Zeiten von ‚mal schnell ein Video drehen’ sind lange vorbei,“ kommentiert Björn Wenzel, Gründer und Geschäftsführer von Lucky Shareman. Weltweit, so eine Prognose des amerikanischen Influencer Marketing Hub, sollen in diesem Jahr bereits 21 Mrd. US-Dollar für Influencer-Marketing ausgegeben werden.

Weniger Follower, homogenere Zielgruppen, gezieltere Botschaften 

Im Influencer-Marketing werden die Content Creator:innen nicht nur nach Themen eingeteilt, sondern auch nach verschiedenen Größenklassen. Mit mehr Geschäft rechnen, so die Einschätzung der Fachleute, können künftig die Influencer:innen, die weniger als eine Million Follower:innen aufweisen – die sogenannten Nano-, Micro-, Mid-Tier und Macro-Influencer:innen. „Das hat gleich mehrere Gründe: Diese Influencer:innen fokussieren sich stärker auf die Botschaft, statt nur auf die Zahl der Views. Der Kreis der Follower ist kleiner und somit homogener. Werbetreibende erreichen ihr Publikum damit gezielter. Und: Der Austausch zwischen Publikum und Influencer:innen ist privater, deshalb werden Produktempfehlungen als authentisch wahrgenommen. Last but not least: Viele Unternehmen müssen ihre Mediabudgets in Zeiten von Inflation und Konsumflaute noch effektiver einsetzen. Da sind Micro-Influencer:innen das Mittel der Wahl,” erklärt Josef Raasch, CEO WLO.SOCIAL, das Phänomen.

Die mit Abstand größten Budgets fließen weiterhin in den Segmenten Beauty und Fashion. Wachsen werden aber künftig die Bereiche Finanzen, Gesundheit und Pharma, prognostizieren die Influencer-Agenturen.

Produktfit und Zielgruppe sind wichtiger als gemeinsame Werte 

Besonders wichtig ist den Werbetreibenden (8 von 10 Agenturen) bei der Auswahl eines passenden Influencers die Identifikation mit dem Produkt bzw. der Dienstleistung und die Zielgruppe. Ein gemeinsames Werteverständnis zwischen Kund:in und Influencer:in sowie die Authentizität der Content Creator:innen finden sich bei der Gesamtbewertung immerhin im Mittelfeld wieder. „Während es nach wie vor rein Performance-orientierte Aktivierungen gibt, setzt die Branche – wie ich finde zurecht – den Fokus mehr auf Inhalte und Werte: Der Begriff ‚Authentizität‘ musste in den letzten Jahren oft herhalten. Es wird Zeit, dass er auch wieder Bedeutung erhält,“ sagt Tobias Koppenhöfer, Managing Director bei tkCommunications. Auch Claudia Freitag, CEO bei KABU Artist Management, bestätigt den Trend zur Zusammenarbeit auf Augenhöhe: „Konsument:innen werden stets kritischer gegenüber Influencer-Werbung. Es wird daher immer relevanter, dass Creator:innen komplett hinter den vermarkteten Produkten stehen und diese authentisch über ein langfristiges Storytelling in ihrer Community platzieren. Ansonsten kann die Glaubwürdigkeit der Creator:innen sowie die Werbewirkung sinken.“
Nachhaltigkeit und Diversität spielen in der Praxis dagegen noch kaum eine Rolle und landen auf den letzten Plätzen der Bewertungsskala.

Trends: TikTok, stärkere Communities und langfristigere Partnerschaften

Das größte Wachstumspotenzial sehen fast alle Agenturen auf TikTok. Aber auch YouTube, Twitch und LinkedIn werden angeführt. Helge Ruff, CEO bei OneTwoSocial, begründet diese Entwicklung: „Influencer-Marketing entwickelt sich unwiederbringlich weg von den klassischen Instagram Influencer:innen hin zu Content Creator:innen. Der Trend, komplette Geschichten rund um Produkte herum zu schaffen, kommt von TikTok. Diese kreative Inszenierung innerhalb von Videos ist für Nutzer:innen einfach deutlich spannender.“ Claudia Freitag, CEO bei KABU Artist Management, betont allerdings: „Das Wichtigste ist nicht das Wachstumspotenzial auf einzelnen Plattformen, sondern der plattformübergreifende Aufbau sowie die Stärkung der Communities der Creator:innen.” Dafür sorgen „weiterhin Kurzvideos mit vermehrtem Fokus auf Storytelling und Kreativität. Dadurch wird auch User Generated Content immer relevanter,” so Marie Walowsky, COO bei lookfamed. Eine wichtige Entwicklung ist auch der „Trend hin zu langfristigen Partnerschaften, in denen Influencer:innen mit Werbetreibenden über einen großen Zeitraum hinweg Produkte oder Produktportfolios in den Content einbauen. Insgesamt legen Werbetreibende Wert auf Kooperationen, aus denen authentische Markenstorys entstehen”, ergänzt Josef Raasch, CEO von WLO.SOCIAL. Kund:innen verlangen „nach einer verlässlichen Reichweitenplanung und einem dementsprechend unternehmerischen Erfolg des Invests in Creator-Content,” fasst Katharina Frömsdorf, Geschäftsführerin bei Studio71, zusammen.

Was das Top-Thema Künstliche Intelligenz betrifft, zeigt sich die Influencer-Branche noch verhalten.

KI und AR sind die Innovationsthemen, die sich viele Anbieter im Markt aktuell gerne auf die Fahne schreiben. Allerdings gibt es neben den üblichen Beschleunigungen wie Text-Optimierung und Influencer-Matching bisher noch keine konkreten Einsatzbereiche. Wirklich umgesetzt werden derzeit die Bereiche Automatisierung und Skalierung. Das sind die Themen, die Marken operativ beschäftigen und die es in den nächsten zwei Jahren zu lösen gilt,

so Jan Homann, CEO bei EQOLOT. Während die meisten Agenturen (6 von 10) berichten, dass Werbetreibenden kaum oder gar kein Interesse an virtuellen Influencern haben, vermarkten Studio71 und We Are Social bereits Influencer:innen, die es nur in digitaler Form gibt.

Thomas Mosch, Director Conference:

„Content Creator:innen haben bewiesen, dass sie mit Authentizität und Kreativität die Verbindung zwischen Marken und ihren Zielgruppen stärken können. In einem herausfordernden Marktumfeld verlangen Brands aber glaubhafte Nachweise der Wirksamkeit ihrer Kooperationen. Diese und weitere aktuelle Trends diskutieren wir in zahlreichen Vorträgen und Masterclasses und besonders intensiv am Nachmittag des 21. September im Rahmen unseres DMEXCO Social Talks.”

Prof. Dominik Matyka, Chief Advisor der DMEXCO:

„Influencer-Marketing ist weltweit zu einem Milliardenbusiness geworden, das sich immer weiter ausdifferenziert. Das Gros der Influencer:innen kann nicht hauptberuflich davon leben, aber die Spitze der Content Creator haben sich zu eigenen Marken und/oder Medienhäusern entwickelt. Neben den klassischen Publisher:innen sind die freien Content Creator:innen für viele Marketer mittlerweile eine glaubwürdige und äußerst effiziente Ergänzung im Marketingmix.”

Dirk Freytag,  Präsident des Bundesverbandes Digital Wirtschaft (BVDW):

„Influencer-Marketing gehört heute unbestritten zu den Standardtools des Content-Marketings. Vor allem mit Blick auf junge Zielgruppen zeigt sich, wie die Ansprache über Influencer:innen die klassischen Digitalkanäle sinnvoll ergänzen und verstärken kann. Hier macht sich auch die Professionalisierung dieses Teils des digitalen Ökosystems dank des Engagements vieler Digitalagenturen deutlich bemerkbar, auch wenn das Volumen der Spendings im Vergleich zur Display-Werbung überschaubar ist.“

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