Homeoffice und Hybride Arbeitsformen: Was sagt das Recht?

Kira Falter, Dr. Daniela Rindone und Paula Wernecke nehmen sich der wichtigsten Fragen rund um „Remote Working“, „New Work“, „Homeoffice“ oder „hybride Arbeitsformen“ an. Diese sind derzeit die augenfälligsten Formen einer Arbeitswelt im Wandel. Die Coronapandemie hat diese Entwicklung deutlich vorangetrieben, doch stellen sich bei der Umsetzung und der Etablierung entsprechender Konzepte einige rechtliche Fragen:

Wer trägt die Kosten, wie weit reichen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates und worauf sollten Arbeitgeber achten?

Auch wenn Homeoffice und mobile Arbeit für nahezu alle Beschäftigten seit Beginn der Coronapandemie zum Alltag gehören, häufen sich die damit einhergehenden Fragestellungen in der täglichen Beratungspraxis. Alle Fragen zu erfassen und gar zu beantworten, würde den Rahmen dieses Beitrags „sprengen“. Daher sollen nachfolgend Aspekte angesprochen werden, die nach unserer Erfahrung besondere Bedeutung haben.

Die Kosten: Nach den gesetzlichen Regelungen muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Kosten für das Homeoffice nur ersetzen, wenn die dortige Tätigkeit überwiegend im Interesse des Arbeitgebers liegt, § 670 BGB. Arbeitet der Arbeitnehmer also ausschließlich von zu Hause und hat gar keinen Arbeitsplatz mehr beim Arbeitgeber, muss der Arbeitgeber die Kosten übernehmen. Gleiches gilt, wenn die Tätigkeit im Homeoffice durch den Arbeitgeber verlangt wird. Hat der Arbeitnehmer aber noch einen Arbeitsplatz im Betrieb und will er von sich aus im Homeoffice arbeiten, hat er grundsätzlich keinen Anspruch auf Kostenübernahme. Es kann zudem eine Pauschale zur Abgeltung der Kosten des Homeoffice vereinbart werden – individuell oder durch eine Betriebsvereinbarung. Alternativ kann geregelt werden, dass konkret angefallene und vom Arbeitnehmer nachzuweisende Kosten bis zu einer bestimmten Höhe ersetzt werden. Grundsätzlich möglich ist aber auch, die Kostenübernahme ganz auszuschließen.

Das Mitbestimmungsrecht: Auch Arbeitnehmer, die im Homeoffice oder mobil arbeiten, gehören weiterhin dem Betrieb an, sodass der Betriebsrat dementsprechende Beteiligungsrechte hat. Dabei hat er zunächst ein Mitbestimmungsrecht bezüglich der Ausgestaltung von Homeoffice, § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG. Allerdings: Mitbestimmungsfrei ist die unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers, ob er überhaupt Homeoffice ermöglicht und welchen Arbeitnehmern er das ermöglicht. Lediglich das „wie“ des Homeoffice, also insbesondere von welchem Ort aus gearbeitet werden darf, welche Anforderungen an die Sicherheit einzuhalten sind und wann der Arbeitnehmer erreichbar sein muss, ist mit dem Betriebsrat zu verhandeln. Für die Arbeitszeit und die Einrichtung sowie Anwendung technischer Einrichtungen im Homeoffice, die geeignet sind, Verhalten oder Leistung zu überwachen, besteht, wie auch sonst, ebenfalls ein Mitbestimmungsrecht, § 87 I Nr. 2 und 6 BetrVG. Gleichsam kann die Beteiligung des Betriebsrates nach § 99 BetrVG geboten sein.

Arbeitsschutz: Auch im Homeoffice gelten arbeitsschutzrechtliche Regelungen. Dies folgt bereits aus §§ 618 BGB, 3 ff. ArbSchG und lässt sich zudem Ziffer 4.2.4 der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel vom 24. November 2021 entnehmen. Die Arbeitnehmer sind danach k auf einzuhaltende Arbeitszeiten, Pausen, deren Dokumentation, die ergonomische Arbeitsplatzgestaltung und die Nutzung der Arbeitsmittel, zum Beispiel korrekte Bildschirmposition, möglichst separate Tastatur und Maus, richtige und wechselnde Sitzhaltung und Bewegungspausen zu unterweisen. Dass die Arbeitstätigkeit außerhalb des Betriebs verrichtet wird, steht dem nicht entgegen, sofern der Arbeitnehmer in die betriebliche Organisationsstruktur – wovon regelmäßig auszugehen ist – eingegliedert ist. Dies bedeutet aber nicht, dass der arbeitsschutzrechtliche Pflichtenkatalog im Betrieb 1:1 auf das Tätigwerden im Homeoffice zu übertragen ist. Vielmehr ist „die Natur der Dienstleistung“ (§ 618 BGB) beziehungsweise „die Art der Tätigkeit“ (§ 3 ArbSchG) bei den Maßnahmen zu berücksichtigen.

Unfälle im Homeoffice: Das Arbeiten an unterschiedlichen Orten, insbesondere im Homeoffice, führt darüber hinaus zu zahlreichen und nicht ganz trivialen Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Unfallversicherungsschutz. Was passiert eigentlich, wenn sich der Arbeitnehmer in seinen eigenen vier Wänden verletzt? Grundsätzlich gilt, dass im Homeoffice das gleiche versicherungsschutzrechtliche Niveau wie im Betrieb gelten muss. So sieht der neugefasste § 8 Abs. 1 S. 3 SGB VII vor, dass der im Homeoffice beziehungsweise mobil arbeitende Arbeitnehmer im „gleichen Umfang wie bei der Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte“ versichert ist. Vor diesem Hintergrund hat auch das Bundessozialgericht in einer aktuellen Entscheidung (BSG v. 08.12.2021 – B 2 U 4/21 R) ausgeführt, dass von einem Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII auszugehen ist, wenn der Arbeitnehmer in seinen privaten Räumlichkeiten beim Hinabsteigen der Treppe zum häuslichen Arbeitsplatz einen Unfall erleidet. Auch unter Zugrundelegung der gesetzlichen Neuregelung ist jedoch in jedem Einzelfall zu prüfen, ob sich der Unfall im Homeoffice im Zusammenhang mit der Verrichtung der Arbeitstätigkeit ereignet hat oder dem privaten Lebensbereich – und nicht dem Anwendungsbereich des § 8 SGB VII – zuzuordnen ist. Es ist daher davon auszugehen, dass die Sozialgerichte auch in Zukunft mit „kniffeligen“ Fragen des Unfallversicherungsschutzes zu tun haben werden.

Zeiterfassung mit Blick auf das Europarecht

Auch das Thema Arbeitszeiterfassung beschäftigt die Unternehmen spätestens seit der aufsehenerregenden Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Mai 2019. Mit seinem Urteil legte der EuGH fest, dass Arbeitgeber ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Arbeitszeiterfassung vorhalten müssen. Diese Verpflichtung müssen die Gesetzgeber in nationales Recht umsetzen, wenn und soweit die gegenwärtigen Regelungen – wie in Deutschland – nicht hinreichend streng gefasst sind. Nach den Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes ist bislang lediglich die Dokumentation von Überstunden vorgeschrieben. Das Bundesarbeitsgericht hat insofern kürzlich mit einem Grundsatzurteil entschieden, dass diese Verpflichtung des Arbeitgebers nur die arbeitszeitrechtliche Komponente betrifft und sich – anders als durch das Arbeitsgericht Emden zuvor in verschiedenen Entscheidungen behauptet – nicht auf die Frage durchschlägt, wie sich die Beweislast verteilt, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Vergütung von Überstunden streiten. Dennoch hängen Arbeitgeber „in der Luft“, wenn es darum geht, ob und wie sie entsprechende Regelungen im Betrieb nach dem EuGH-Urteil anpassen müssen.

Rahmenbedingungen für „Workation“

Auch der Begriff Workation ist derzeit in aller Munde. Die Kombination aus Arbeiten („work“) und Urlaub („vacation“) ist für viele Arbeitnehmer durch die vermehrten Angebote, mobil zu arbeiten, äußerst attraktiv geworden. Warum nicht vor oder nach dem Urlaub noch ein paar Tage Urlaub in der Sonne dranhängen und an einem schönen Ort arbeiten?! Insofern stellen sich zahlreiche Fragestellungen, die nicht nur das Arbeits- und Sozialversicherungsrecht, sondern auch das Steuer-, Aufenthalts- und Melderecht betreffen können. Viele Arbeitgeber würden ihren Mitarbeitern gerne Workation ermöglichen, scheuen jedoch vor den vielen ungeklärten rechtlichen Fragen – insbesondere mit Blick auf das anwendbare Sozialversicherungsrecht – zurück. Auch hier zeigt sich erneut, dass der Gesetzgeber den Entwicklungen der modernen Arbeitswelt „hinterherhinkt“. Aktuell sind die Unternehmen daher gut beraten, wenn sie vor der Ermöglichung von Workation die Abstimmung mit der Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA) suchen.

Fazit

Die relevanten Fragen und Entwicklungen können hier nur überblicksartig und nicht umfassend dargestellt werden. Auch in Zukunft werden sich noch zahlreiche Fragen ergeben, welche die Praxis und die Gerichte zu klären haben. Dabei wird es auch um datenschutzrechtliche Aspekte gehen. Klar ist insoweit, dass der Arbeitgeber auch im Rahmen von mobiler Arbeit der datenschutzrechtlich Verantwortliche bleibt. Diese Pflicht kann nicht auf die Arbeitnehmer – auch nicht die im Homeoffice – übertragen werden. Aber sie unterliegen natürlich Mitwirkungs- und Unterstützungspflichten, die Teil von den arbeitgeberseitig festzulegenden technischen und organisatorischen Maßnahmen sind.

Eins ist jedoch klar, die Entwicklung ist nicht aufzuhalten und bietet auch für den Arbeitgeber Vorteile. Es bleibt ihm jedoch auch nichts anderes übrig als die Entwicklungen mitzugehen, ansonsten bleibt er im Wettbewerb zurück!


Über die Autorinnen:

Kira Falter ist Partnerin und Rechtsanwältin bei der internationalen Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland. Sie berät nationale und internationale Unternehmen im Individual- und Kollektivarbeitsrecht.

Dr. Daniela Rindone ist Counsel und Rechtsanwältin bei der internationalen Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland. Sie berät nationale und internationale Mandanten in allen Fragen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts.

Paula Wernecke ist Counsel und Rechtsanwältin bei der internationalen Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland. Ihr Tätigkeitsschwerpunkt liegt im Arbeitsrecht.


Bildquelle / Lizenz Aufmacher:

Photo by Jan Baborák on Unsplash


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