Digitalisiert euch KMU!

Der Digital Shift in der Wirtschaft dauert bereits einige Jahre an. Doch erst in der Coronakrise wurden auch kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) mit begrenzten Finanzmitteln zur digitalen Transformation gedrängt. Darin liegt jedoch ihre große Chance – denn Prozesse digitalisieren zahlt sich buchstäblich aus.

Der Mittelstand wurde 2020 überrumpelt – von Corona und dem damit einhergehenden Digitalisierungsschub. Viele Unternehmen standen plötzlich vor unerwarteten Herausforderungen: Laptops anschaffen, virtuelles Netzwerk (VPN) einrichten, Führen aus der Ferne, Kund:innen abseits der bisherigen Wege erreichen. Alles wurde scheinbar teurer und aufwendiger. So hielten einige KMU zunächst an alten Strukturen fest. Dass das nicht lange gut gehen konnte, zeigten schon bald massive Umsatzeinbußen. Laut einer YouGov-Umfrage im Auftrag von American Express standen Anfang 2021 mehr als ein Drittel (36 Prozent) der befragten Unternehmen vor wirtschaftlichen Herausforderungen und Umsatzeinbußen und hatten in der Folge mit reduzierter Liquidität zu kämpfen.

Im Verlauf der Corona-Monate konnten wir bei American Express beobachten, dass sich das Einkaufsverhalten unserer Firmenkund:innen veränderte. Im Vergleich zum Vorjahr ging das Ausgabenvolumen im Großhandel stark zurück, während sich die Ausgaben für digitales Marketing mehr als verdreifachten. Die IT-Ausgaben stiegen um mehr als 50 Prozent und die Inanspruchnahme von Dienstleistungen wie IT-Beratungen nahmen um mehr als 30 Prozent zu. Die Unternehmer:innen merkten, dass sie neue Einnahmequellen finden und sich an die neue Normalität anpassen müssen.

Gewinner und Verlierer

Diejenigen KMU, die in der Lage waren, sich schnell auf die neue Situation einzustellen, überstanden die Krise besser und konnten in vielen Fällen sogar wachsen. Andere Unternehmen waren von der Geschwindigkeit der Entwicklungen zunächst überfordert. Gerade Kleinunternehmer:innen mit begrenzten finanziellen Mitteln und ohne Zugang zu digitalen Marktplätzen mussten schwierige Entscheidungen treffen: Was wird jetzt am dringendsten benötigt, wo müssen wir sofort investieren, was können wir aufschieben?

Aus den Gesprächen mit unseren Kund:innen konnten wir zwei große Herausforderungen heraushören: Erstens, wie man am besten die unerwarteten Investitionen angeht, und zweitens, dass ihnen Finanzierungsexperten fehlen. Sie suchten regelrecht nach Hilfestellung, nicht zuletzt in Finanzierungsfragen, aber auch in wirtschaftlichen und personellen Belangen. Es war an der Zeit, Prozesse neu zu denken.


„Es gibt viele SaaS-Optionen für KMU, bei denen man mit einer kostenlosen Testphase oder einem Basisplan beginnen und sich schrittweise einarbeiten kann.“

Linh Bergen-Peters

Autorin:

Linh Bergen-Peters,
Vice President & General Manager für das Firmenkundengeschäft Deutschland und Österreich bei American Express

Prozesse von Anfang bis Ende digitalisieren

Eine Digitalstrategie muss immer End-to-End betrachtet werden – also von den internen IT-Prozessen bis hin zu dem, was der Endverbraucher:innen auf seinem Bildschirm sieht. In dieser Strategie muss immer der Mensch – ob Mitarbeiter:in oder Kund:in – im Mittelpunkt stehen. Denn seit einigen Jahren setzt sich ein Trend durch, den die IT-Industrie „Consumerization“ nennt. Internetnutzer:innen sind daran gewöhnt, über Apps mit einem Klick einzukaufen und Geschäfte abzuwickeln. Was auf privater Ebene gelernt ist, erwartet man nun auch als Business-Kund:in. Entsprechend müssen Geschäftsprozesse im B2B-Bereich schlank und digital aufgesetzt sein.

Nehmen wir einen Finanzdienstleister wie American Express: Unsere Kund:innen erwarten, dass sie ihre Kreditkarte per Smartphone online und mit wenigen Klicks beantragen können. Ebenso läuft unsere Personen-Identifizierung per Video-Ident. Niemand muss ein PDF ausfüllen oder gar einen Brief verschicken. Jeder Prozess ist auf maximale Convenience und das beste Kund:innenerlebnis ausgerichtet. Diese Prämisse lässt sich auf nahezu jede Branche anwenden. Unternehmen, die ihre Kundenbetreuung verschlanken und digitalisieren, werden einen doppelt positiven Effekt erzielen: Sie steigern interne Effizienz und bieten gleichzeitig ein verbessertes Erlebnis

Keine Angst vor der Cloud

An einer zukunftsfähigen Digitalisierungsstrategie geht kein Weg an Software-as-a-Service (SaaS) vorbei. Die in der Cloud gehosteten Anwendungen und Projektmanagement-Tools erleichtern Abläufe im Tagesgeschäft. Die immer wieder geäußerten Sicherheitsbedenken gegenüber der Cloud sind unbegründet. Im Gegenteil: Es gibt diverse Server, die in Deutschland gehostet werden, sodass sie potenziell noch sicherer sind als On-premise-Lösungen, also Unternehmen-intern gehostete Server.

Neulinge und Skeptiker:innen können in Sachen Cloud erstmal klein anfangen. Es gibt viele SaaS-Optionen für KMU, bei denen man mit einer kostenlosen Testphase oder einem Basisplan beginnen und sich schrittweise einarbeiten kann.

Digitalisierung schont personelle Ressourcen

In die End-to-End-Strategie gehört auch das Thema Personal. Eine digitale Ausrichtung kann hier wertvolle Ressourcen freischaufeln. Digitalisierte Prozesse ersetzen manuelle Aufgaben, etwa in der internen Finanzabwicklung. Ein Beispiel: Viele Unternehmen verwenden immer noch Papierrechnungen und einfache Excel-Programme, um Ausgaben zu verwalten und Konten zu verfolgen. Durch die Umstellung auf eine digitale Lösung lassen sich Arbeitsabläufe straffen, manuelle Arbeitsstunden einsparen und sicherstellen, dass Rechnungen rechtzeitig an Kunden versandt und pünktlich bezahlt werden. Ein weiterer Vorteil digitaler Buchhaltungssysteme ist die Möglichkeit, Analysen durchzuführen und Reports zur Unternehmensentwicklung zu erstellen.

Smarte Finanzierung mit Kreditkarte

In einem herausfordernden wirtschaftlichen Klima sollte auch immer ein Augenmerk auf dem Liquiditäts- und Finanzmanagement liegen. KMU sollten verschiedene Optionen in Betracht ziehen, um ihre Liquidität sicherzustellen. Denn so bitter es ist: Mangelndes Kapital ist der Hauptgrund für das Scheitern von Unternehmen. Seit Corona gilt mehr denn je, auf verschiedene Finanzierungslösungen zu setzen, einschließlich solcher mit verlängerten Zahlungsfristen. Bei American Express geben wir zwei Monate Zeit, die Rechnungen zu begleichen. Dazu ermöglichen die Karten die kontaktlose Zahlung, die immer stärker gefragt ist. Das waren gerade in den letzten eineinhalb Jahren für viele unserer Neukunden ausschlaggebende Argumente ­– und gab ihnen so ein gewisses Maß an Sicherheit in wirtschaftlich unsicheren Zeiten.

Drei Schlüsselbereiche für die digitale Transformation

Fassen wir zusammen: Die Digitalstrategie muss das gesamte Unternehmen umfassen, individuell aufgesetzt werden und solide finanziert sein. Daraus ergeben sich drei Schlüsselbereiche:

1. Kundenmanagement

Für die effiziente Akquise sowie Bestandskund:innen-Betreuung ist ein digitales Customer-Relations-Management-System (CRM) unerlässlich. Im digitalen Service können zudem verschiedene Servicekanäle, wie Support-Chats, die Optimierung der Kundeninteraktionen unterstützen.

2. Backend-Prozesse

Insbesondere in der Buchhaltung mit ihren wiederholenden manuellen Prozessen wie Rechnungsstellungen und Gehaltsabrechnungen, lassen sich viele Abläufe digital effizienter gestalten. Auch die virtuelle Kommunikation sollte unternehmensweit barrierefrei möglich sein, z. B. via Videokonferenzen und interne Chatrooms.

3. Mitarbeitermanagement

Cloud-basiertes Projektmanagement ermöglicht eine agilere Zusammenarbeit von Teams, zum Beispiel mit Kanbans, virtuellen Whiteboards und Live-Aktualisierung von Dokumenten. Das ist effizienter als das Hin- und Herschicken von Excel-basierten Projektplänen oder Dokumenten per E-Mail. Zu guter Letzt lässt sich mit den entsprechenden Softwaretools die Personalverwaltung effizienter aufstellen.

Digitalisiert euch!

Die vergangenen Monate haben den KMU deutlich vor Augen geführt, dass die Digitalisierung von Prozessen für einen effizienten und effektiven Betrieb unerlässlich ist. Wir beobachten, dass der Digitalisierungswille jetzt so richtig an Fahrt aufnimmt. Die meisten KMU blicken daher zuversichtlich und mit klaren Zielen auf die kommenden Monate: Umsatzeinbußen ausgleichen, neue Geschäftsmodelle und Märkte erschließen, bestehende Produktfelder und Services ausbauen.

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Bild von Gerd Altmann auf Pixabay