Die neuen Impact-Unternehmer
Ein Gastbeitrag von Paula Brandt zum Thema „Nachhaltiges Unternehmertum“
„Was mache ich hier eigentlich?“ Diese Frage stellen sich aktuell immer mehr Unternehmer und Unternehmerinnen. Denn nachdem sich die deutsche Wirtschaft in den letzten zehn Jahren in einem permanenten Aufschwung befand, macht sich nun einerseits durch die aktuelle Klimakrise, andererseits durch die Corona-Pandemie ein massiver Wandel bemerkbar. Der laute Ruf nach einer neuen Arbeitskultur, aber auch nach mehr Umweltschutz und gesellschaftlich relevanten Projekten bei Arbeitgebern bringt nun eine neue Generation von Impact-Unternehmern hervor. Starke Persönlichkeiten mit hohen ethischen Werten, die ihren wirtschaftlichen Erfolg und ihr Know-how in die Waagschale werfen und sagen: „I Care!“. Doch um Wandel in einem Unternehmen herbeizuführen, müssen alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Eine starke Vision alleine reicht nicht aus – auch die Mitarbeiter müssen für neue Themen begeistert werden.
Diese Punkte sind dabei zu beachten:
Viele Unternehmer und Unternehmerinnen kommen hochmotiviert zu mir ins Mentoring. Sie brennen für ein Thema und haben eine handfeste Idee für ihr „WHY“. Doch das „HOW“ – die Umsetzung – birgt oftmals Unsicherheiten. Wie also starten auf dem Weg zu mehr Verantwortung, Impact und Beitrag für die Welt? Zuerst einmal brauchen Unternehmer Klarheit: Warum möchten sie etwas ändern, und welche Ziele möchten sie damit erreichen? Warum ist ihnen ihre Geschäftsidee persönlich wichtig? Im nächsten Schritt geht es um das „HOW“. Es gilt, aus der Idee eine Vision zu formen, sowohl das bestehende Team mitreißt, als auch neue Bewerber anlockt. Dabei geht es auch um einen Paradigmenwechsel. Denn Wachstumsfantasien, die rein auf Gewinne abzielen, ohne auf gesellschaftliche Belange einzugehen, werden bald der Vergangenheit angehören. Der beste Beweis: Firmen wie die nachhaltige Suchmaschine Ecosia können sich vor Anfragen kaum retten.
Von der Vision zum Ziel – den Wunsch nach Nachhaltigkeit erfolgreich umsetzen
Wenn es an die Veränderung von bisherigen Geschäftsmodellen geht, braucht es einen Fahrplan für die Transformation. Doch Achtung: Viele Unternehmer greifen dabei gerne auf Methoden aus der Vergangenheit zurück. Ein Beispiel: Muss tatsächlich immer der Chef vorgeben, welcher Umsatz wann erreicht wird? Oder kann er nicht alternativ auch einen Workshop mit dem Team durchführen und fragen: „Welchen Umsatz schaffen wir gemeinsam in Q4?“ Ganz erstaunlich ist: Oft liegt der Wert dabei auf einem ähnlichen Level. Mit dem großen Unterschied, dass das Commitment der einzelnen Teammitglieder, dieses Ziel zu erreichen, sehr viel höher ist. Die Mitarbeiter gehen die so dringend gebrauchte Extrameile freiwillig, denn schließlich haben sie selbst mitentschieden.
Es lohnt sich also für Unternehmer, Neues zu wagen. Sie sollten das Team stärker einbinden und Raum für Kreativität und Innovation schaffen. Zusammen mit den Mitarbeitern entsteht dann Schritt für Schritt das „WHAT“, die Vision wird also zu konkreten Produkten und Dienstleistungen. Dann kann es auch schon mal vorkommen, dass ein 35-jähriger Angestellter zufrieden feststellt: „In dieser Firma möchte ich bis zur Rente bleiben.“ Wer so ein Commitment erzeugt, hat bereits die beste Basis, um einen Wandel im Unternehmen herbeizuführen. Doch wie klappt das ganz konkret?
1. Das Team einbeziehen: Worte spielen eine Rolle. ‘Mitarbeiter mitnehmen’ ist ein Begriff aus der alten Welt. Heute geht es vielmehr darum, Sehnsüchte in ihnen zu wecken. Am Anfang steht immer die Aufgabe, das Team zu begeistern, ein Wir-Gefühl zu erzeugen, den Mitarbeitern Wertschätzung entgegenzubringen, so dass es sie mit Stolz erfüllt, Teil einer größeren Sache zu sein. Kleine Gesten, die nicht viel kosten müssen, schaffen dabei Zusammenhalt. Warum nicht einen sehr guten Mitarbeiter vor Ende der Probezeit zu sich rufen und sagen: „Ich beende Ihre Probezeit sofort vorzeitig. Sie haben sich zu schlecht verkauft – ich zahle Ihnen künftig mehr Gehalt.” Eine solche Wertschätzung verbreitet sich wie ein Lauffeuer in der Belegschaft. Die Folge ist eine Loyalität, die durch nichts zu erschüttern ist. Das Gefühl entsteht: „Die gehen ehrlich mit mir um”, „Ich bin bei einem guten Arbeitgeber.”
2. Zuerst mit kleinen Experimenten starten: Anstatt gleich mit einer großen Transformation zu beginnen, sollten Unternehmer in der ersten Runde auf Leistungsträger setzen, sie in einem Team zusammenzufassen und mit ihnen einige Experimente zu starten, z.B. die Einführung von neuen Produkten in einem Testmarkt. Denn in jeder Firma engagieren sich einige sehr gute Mitarbeiter immer besonders stark, auch mit eigenen Ideen. Oft sind gerade sie auch am begeisterungsfähigsten. Ganz wichtig: Der Unternehmer sollte immer wieder an den Rest der Belegschaft kommunizieren, was gerade in dieser Vorhut passiert. Irgendwann sollte er dann fragen,wer noch mitmachen will. Wenn die Freiwilligen aus dem ersten Team gute Ergebnisse erzielen, wollen die bis dato Zögerlichen auch irgendwann dabei sein.
3. In Weiterbildung investieren: Immer mehr Firmenchefs verstehen ihre Rolle als Chance, um Impulse in die Gesellschaft zu bringen. Beispielsweise bieten sie ihren Mitarbeitern Workshops zu Werten an und ermutigen sie, sich auf die Suche nach ihrem eigenen Kern zu machen. Ihnen ist dabei durchaus bewusst, dass einzelne Mitarbeiter zu der Erkenntnis kommen könnten, ihre Zukunft außerhalb der Firma zu suchen. Das klingt zuerst paradox, erweist sich aber längerfristig als Wettbewerbsvorteil, denn auch so eine Haltung zieht Bewerber an und zeigt dem Rest der Belegschaft, dass man authentisch, ehrlich und fair miteinander umgeht.
Wertschätzung führt zu Wertschöpfung
Die Beispiele zeigen: ‚Mit Verantwortung wachsen‘ ist das Thema der Stunde. Voraussetzung für nachhaltigen Erfolg ist, die besten Köpfe am Markt zu gewinnen. Es gelingt über eine starke Vision, die der Unternehmer dann gemeinsam mit der Belegschaft zu neuen Geschäftsmodellen und Produkten entwickelt und erfolgreich am Markt einführt. Mit einer klar formulierten Vision, gemeinsam festgesetzten Zielen und einem völlig transparenten strategischen Kurs steht der Rahmen, in dem sich die Mitarbeiter entfalten und eigene Kreativität entwickeln können. Nur wer sich mit den Menschen in seiner Firma beschäftigt und ihnen Wertschätzung entgegenbringt, kann letztlich die Wertschöpfung durch sie und damit den Unternehmenserfolg steigern.
Über die Autorin
Paula Brandt ist Expertin für nachhaltiges Unternehmertum, Buchautorin und begleitet als Unternehmercoach ausgewählte Firmenlenker aus dem Mittelstand auf ihrem Weg zu verantwortungsvollem und gesundem Wachstum mit einem positiven Impact auf Mensch und Gesellschaft. Ihr Buch „WHY I CARE“ ist kürzlich im Forward-Verlag erschienen. Als ehemalige Managerin bei Weltmarktführern wie Microsoft und Accenture verfügt Paula Brandt über langjährige Erfahrung und umfangreiches Wissen um die Organisation und Mentalität am Puls der Unternehmensspitze. Ihre leichte Form des Asperger-Syndroms verleiht ihr die besondere Fähigkeit, selbst hochkomplexe Situationen zu lösen und aus einer besonderen Perspektive auf die Herausforderungen der aktuellen Zeit zu blicken.
Weitere Informationen unter:
https://www.paula-brandt.de/