Der Vertrauensarbeitsplatz wird greifbar
Dinko Eror ist in der Branche eine feste Größe. Mit über 25 Jahren in leitender Stellung von EDS über HP und EMC, war er zuletzt vier Jahre Senior Vice President und Managing Director von Dell/EMC in Deutschland mit Verantwortung für über 3.000 Mitarbeiter. Mitten in der Corona-Krise begann einer seine Position als COO bei Matrix42. Wir hatten die Gelegenheit zu einem ausführlichen Interview.
Herr Eror, was meinen Sie, wie hat die Situation rund um Corona die Unternehmen in Deutschland verändert?
Ich möchte weder die gesundheitlichen noch die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise kleinreden, aber meiner Meinung nach sind auch drei positive Dinge passiert, die unbezahlbar sind:
- Als erstes bemerkte ich bei mir selbst, meiner Familie und in meinem Freundeskreis, dass viele von uns den Reset-Knopf gedrückt haben. Wir sind fokussierter geworden, wir haben uns Gedanken gemacht, was für uns persönlich im Leben wichtig ist. In meinem Fall: Familie, Freunde und Hobbies. Wir haben uns vielleicht auch etwas mehr besinnt. Wir haben den überzogenen Konsum hinterfragt und vielfach auch etwas mehr Zeit für schöne Dinge wie Kochen, Lesen, Spaziergänge oder was auch immer gehabt. Das ist das eine, was ich wirklich als positiv empfinde.
- Und noch etwas hat Corona gezeigt, und da spreche ich jetzt als jemand, der immer auch technisch gedacht hat: Corona hat uns gezeigt, wie abhängig wir im Positiven wie auch im Negativen von Technologie sind. Es ist uns klar geworden, was auf der einen Seite alles mit Technologie möglich ist: Etwa alle Mitarbeiter schnell und produktiv ins Homeoffice zu schicken. Aber es hat uns auch gezeigt, dass Technologie eine Seite unseres Lebens ist, mit der wir uns vielfach nicht wohl fühlen. Sie ersetzt beispielsweise nicht vollständig den persönlichen, menschlichen Kontakt.
- Der dritte Aspekt, der mir als Manager klar geworden ist, ist, dass ich die Hauptaufgabe habe, mit Mitarbeitern, Kunden und Partnern gerade während der Corona-Krise den Dialog aufrecht zu erhalten und mich mit ihnen noch besser als sonst abzustimmen. Damit das funktioniert, muss man Menschen, Kunden, Partnern und ganz besonders Mitarbeitern eine Vision vermitteln. Man muss ihnen signalisieren, dass Licht am Ende des Tunnels ist.
Mit diesen Erkenntnissen habe ich mich in den letzten Wochen stark beschäftigt. Wir werden in Zukunft verstärkt merken: „die Arbeit ist da, wo ich bin“. Ausnahmen wie z. B. im Gesundheitswesen oder der Pflege bestätigen die Regel. Persönlich wünsche ich mir eine möglichst flexible Arbeitswelt, damit ich für mich den Dreiklang Beruf, Familie und Hobbies besser unter einen Hut bringen kann. Wenn ich die Arbeit als flexible Komponente gestalten kann, wird sie mich zufriedener machen. Wenn wir als Gesellschaft lernen, dass Arbeit flexibel und die Wahl der Art der Arbeit frei sein kann, dann haben wir viel erreicht.
Einige Unternehmen haben ihre Mitarbeiter von jetzt auf gleich ins Homeoffice geschickt und dieser Prozess war häufig „hemdsärmelig“. Aber letztendlich ging es ja doch. Nun geht es darum, dass man die richtigen Strukturen schafft, um das in der Krise gelernte dauerhaft zu etablieren. Dabei geht es aber doch nicht nur um Technologie, oder?
Diese Frage möchte ich auf zweierlei Weise beantworten. Einerseits generell, andererseits spezifisch. Selbstverständlich ist es generell zu kurz gegriffen ist, nur über Technologie zu sprechen. Denn – vielfach wurde dieser Satz schon gesagt – es geht nicht nur um Technologie, sondern auch um Prozesse und Menschen. Ab diesem Punkt wird es nun spezifisch und für jedes Unternehmen fällt die Antwort anders aus.
Nachdem sich nun der laufende Betrieb etwas eingependelt hat, für ausreichend Sicherheit gesorgt wurde und sich die Mitarbeiter mit der Arbeit im Homeoffice arrangiert haben, gilt es jetzt, sie bestmöglich in ihrem neuen Arbeitsalltag zu unterstützen. Unternehmer sollten das Momentum nutzen und eine digitale Arbeitsplatz-Strategie entwickeln. Der Zugriff von außen sorgt dafür, dass für Mitarbeiter mehr denn je Software eine entscheidende Rolle spielt und damit andere Punkte wichtig werden. Ich rate dazu: Stellen Sie die Employee Experience in den Mittelpunkt, steigern Sie die Arbeitsplatzzufriedenheit. Dabei helfen unter anderem Self Service Portale und Chatbots, die gleichermaßen die IT-Abteilung entlasten. Denn mit diesen Tools können wiederkehrende leichte Anfragen direkt beantwortet werden. Bei komplexeren Themen besteht die Möglichkeit zur automatisierten Weiterleitung an den Service Desk.
Die Corona-Krise führt bedauerlicherweise in den meisten Unternehmen zu erheblichen Umsatzeinbußen. Wie lernt man aus einer Krise, wenn Sparen angesagt ist, wenn eigentlich in IT-Ressourcen investiert werden muss? Mit Orchestrierungstools behalten Unternehmen die Kosten im Blick und können vorhandene Ressourcen optimal nutzen. Hinsichtlich Cloud-Services kommt es zum Beispiel durch die einfache Bereitstellung von Cloud Workloads häufig zu einem unkontrollierten „anschwellen“. Um hier sämtliche Cloud-Dienste und IT-Kosten im Blick zu behalten sowie Cloud-Ausgaben und Lizenzkosten zu optimieren, ist Transparenz gefragt. Deshalb ist nicht nur in der aktuellen Krisensituation ein optimiertes Cloud Lizenzmanagement zu empfehlen. Optionen zur Optimierung, Verlängerung und Kündigung sollten mit einfachen Mitteln und auf Knopfdruck möglich sein.
Wie Sie sehen, wir sprechen über Technologie, sollten dabei aber Menschen und Prozesse im Blick haben. Prozesse können überprüft, Menschen motiviert, Unternehmen neu strukturiert werden. Ausgangspunkt der Überlegungen muss aber der Mitarbeiter und seine tägliche Arbeit sein. Bei jeglicher Digitalisierung gilt: nur was ich gerne nutze, nutze ich häufig.
Auf der Cloud setzen sämtliche Zukunftstechnologien auf, sei es KI, Data Science und Co. Welche Entwicklungen erwarten Sie da in den nächsten zwei bis drei Jahren?
Künstliche Intelligenz und Technologien für maschinelles Lernen verändern moderne Arbeitsplätze. Sie organisieren, strukturieren und automatisieren Prozesse und führen zu einer höheren Effizienz. Chat-Systeme kommen bereits gut in Unternehmen an – so bieten Virtual Support Agents eine besondere Unterstützung für moderne Arbeitsplätze – damit sich Beschäftigte auf kreative und komplexere Aspekte ihrer Arbeit fokussieren können. Zukunftsfähige Chatbots basieren auf Künstlicher Intelligenz (KI) und lernen beständig dazu. Wichtig ist, dass Chatbots nicht nur Lösungsvorschläge entwickeln, sondern diese anschließend auch selbstständig durchführen. Beispielsweise bei Problemerkennung schon selbstständig im Hintergrund einen Support Prozess starten bzw. das Problem automatisiert lösen. Zu achten ist bei allen Formen von KI-Lösungen auch auf eine einfache und benutzerfreundliche Mensch-Maschine-Kommunikation, die möglichst menschlich wirkt.
Ich bin politisch, technologisch und in wirtschaftlichem Sinne sehr demokratisch. Der Anwender, die Firma, der Kunde, die IT – Sie müssen freie Wahl bei der Geräteverwaltung haben. „Cloud only“ wird hier nicht funktionieren, hier macht es der Mix aus physischen, virtuellen und mobilen Anwendungen. Der Mixed Workspace wird sich im Jahr 2020 weiterhin als Standard etablieren. Der Trend zum Outsourcing in die Cloud ist ungebrochen und wird über die nächsten Jahre weitergehen. Der richtige Weg für die Unternehmens-IT ist hier „Cloud first“, aber nicht „Cloud only“.
Last but not least ist die Gewissheit der Einfachheit entscheidend. Eine moderne IT-Abteilung braucht heute Software, die wie ein guter Concierge agiert, der einem Gast gute Tipps für den gesamten Aufenthalt gibt. So fühlt sich auch Digital Workspace Management von Matrix42 an. Mit einer nahtlosen User Experience sind Hochverfüg-barkeit, synchronisierte Daten sowie einheitliche Designs und Funktionalitäten verbunden. Alles sicher, alles einfach, auch im Homeoffice. Wir werden jetzt und in Zukunft den digitalen Arbeitsplatz weiter mitgestalten.
Möchten Sie etwas zu Ihrer Aufgabe und den Zielen für die ersten 100 Tage sagen?
Ich bin einer der Menschen, die in Corona-Zeiten auf einer neuen Position in einem neuen Unternehmen angefangen haben. Ich bin gerade dabei herauszufinden, wie meine Kollegen im Management-Team ticken, wer unsere Kunden, Partner und Mitarbeiter sind und wie ich in meiner Position als COO aktiv zu deren Erfolg und dem Unternehmenserfolg von Matrix42 beitragen kann.
Was wir als Matrix42 produzieren, Software für Digital Workspace Management, ist Teil eines Ökosystems der modernen Unternehmens- bzw. Arbeitswelt. Deshalb sind mir Customer Service, moderne Technologien wie Cloud und die Beziehung zu unseren Partnern und Kunden sehr wichtig. Ich möchte, dass Matrix42 Software überall zu New Work beiträgt und Teil eines Unternehmens wird. Produkt, Kultur, Geografie und Ökosystem sind die Punkte bei Matrix42, auf die ich mich konzentriere, um eine umfassende und großartige Customer Experience – einen Wow-Effekt – bei unseren Kunden zu schaffen. An diesem Erfolg lasse ich mich gerne messen.
Abschließend eine Frage: Was halten Sie vom Begriff „Vertrauensarbeitsplatz“?
Der Vertrauensarbeitsplatz ist eine gute Sache. Ich zum Beispiel liebe Parks und habe mir jetzt ein neues Hobby erwählt. Ich gehe jede Woche in einen anderen Frankfurter Park. Ich schäme mich etwas für die 29 Jahre Zeit, in denen ich hier lebe, und kaum einen Park besucht habe. Jetzt finde ich einfach eine Parkbank, setze mich – respektiere dabei natürlich Social Distancing – und arbeite dann von dort aus. Ich bin gerne aktiv, ein Park ist kein Homeoffice und trotzdem funktioniert es. Das ist Flexibilität und Vertrauensarbeitsplatz, das ist New Work!