So geht Digitale Transformation durch Anwendungsmodernisierung
Dies ist ein Gastbeitrag von Nadine Riederer, CEO bei Avision
Die Anforderungen der Digitalisierung lassen sich oft schon durch die Modernisierung vorhandener Anwendungen erfüllen. Riskante Neuentwicklungen oder -implementierungen sind dann überflüssig. Vorausgesetzt, man geht es richtig an.
Nicht jedes Unternehmen ist ein Technologieführer wie Netflix, Facebook oder Uber, das von Haus aus modernste Software einsetzt; oder ein frischgebackenes Start-Up, das auf der grünen Wiese von Anfang an maßgeschneiderte Softwarelösungen für sich entwickeln kann; und auch kein Early Adopter, der es sich leisten kann, stets den neuesten Trends zu folgen und immer State-of-the-Art-Software zu betreiben. Für das ganz normale Unternehmen ist die Neuentwicklung einer Individualsoftware oder die Einführung einer neuen Standardlösung oft mit zu großen Risiken und zu hohen Aufwänden verbunden.
So sind seine Mitarbeiter etwa an die vorhandenen Anwendungen gewöhnt. Bekommen sie es mit einer neuen Software zu tun, sind oft umfangreiche Anwenderschulungen erforderlich und es kann zu Akzeptanzproblemen kommen. Bei einer Neuentwicklung besteht außerdem immer die Gefahr, dass Fehler passieren. Sie können dazu führen, dass geplante Kosten und Zeiten deutlich überschritten werden und die Software schwere qualitative Mängel aufweist. Nicht zuletzt erfordert eine Neuentwicklung oder Neuanschaffung in der Regel eine komplexe Migration der vorhandenen Daten – und daran ist schon so manches Projekt gescheitert.
Den Anforderungen der Digitalisierung müssen diese Unternehmen aber natürlich dennoch gerecht werden, sonst drohen ihnen Wettbewerbsnachteile gegenüber den Playern, die aktuellste Software nutzen. Das können sie in vielen Fällen durch die Modernisierung ihrer bestehenden Anwendungen erreichen. Damit aber nicht auch hier hohe Kosten und unnötige Risiken entstehen, sollten sie dabei möglichst gezielt vorgehen.
Zuallererst aufs Business schauen
Statt auf Technologien, sollten die Unternehmen zuallererst auf ihr Business schauen. Sie sollten genau analysieren, was ihr Kerngeschäft ausmacht und wie sie dieses durch Digitalisierung in Form von Modernisierung weiterbringen können. Vor allem große Unternehmen können unmöglich alle IT-Bereiche modernisieren; deshalb ist es umso wichtiger, die Anwendungen zu identifizieren, auf die es wirklich ankommt. Ein Handelsunternehmen beispielsweise muss seinen Kunden heute unbedingt einen modernen und mobil optimierten Online-Shop bieten. Ein Versicherungsunternehmen sollte seine Vertreter mit Tablets zu den Kunden schicken können, die mit einer attraktiven Software zur Unterstützung der Beratungsgespräche ausgestattet sind. Die internen Backendsysteme, die jeweils hinter diesen Kundenschnittstellen stehen, müssen dafür aber nicht zwangsläufig State-of-the-Art sein.
Bei der Wahl der Modernisierungstechnologien ist die Gefahr oft groß, aktuellen Hypes zu erliegen. Erfolgversprechend ist das aber nicht, denn nicht jede Technologie eignet sich für jeden Fall. Das zeigt das Beispiel Cloud. Eine Migration in die Cloud gilt gemeinhin als hervorragende Möglichkeit zur Modernisierung von Anwendungen – das ist sie aber nicht per se. Altanwendungen bilden oft monolithische Blöcke und sie als Ganzes in die Cloud zu heben, bringt wenig, weil dadurch viele spezifische Vorteile der Cloud hinfällig werden. Diesen Block Cloud-gerecht aufzuspalten ist technisch zwar möglich, etwa mit Hilfe von Microservices; betriebswirtschaftlich sinnvoll ist das aber nicht, denn die Kosten dafür sind in aller Regel so hoch, dass eine komplette Neuentwicklung günstiger käme. Eine gute Lösung ist die Cloud dagegen in Fällen, in denen ein hybrider Ansatz möglich ist. Das Backend der Anwendung verbleibt dabei im Unternehmen und lediglich das Frontend wird in die Cloud verlagert. Dort kann es ihre spezifischen Features nutzen, beispielsweise Authentifizierungsservices, eine einfache Skalierung bei erhöhten Zugriffen und eine praktisch endlose Bandbreite.
Ähnlich wie mit den Technologien verhält es sich auch mit modernen Organisationstechniken. Die Prozesse und Werkzeuge der agilen Softwareentwicklung beispielsweise können bei der Modernisierung vorhandener Anwendungen wertvolle Dienste leisten – aber nur dann, wenn die Voraussetzungen stimmen. So eignet sich nicht jedes Projekt für Agilität. Vor allem bei Entwicklungsprojekten, bei denen das zu erreichende Ziel klar und der Weg dorthin bekannt ist, hat die klassische Wasserfallmethode Vorteile. Außerdem müssen auch die Firmenkultur und die Mitarbeiter bereit sein. Stark hierarchische Strukturen sind mit Agilität nicht zu vereinbaren und manche Mitarbeiter fühlen sich in klassischen Projekten mit weniger Selbstverantwortung einfach besser aufgehoben. Sind die richtigen Rahmenbedingungen gegeben, sollten Unternehmen ihre Modernisierungsprojekte allerdings agil umsetzen.
Externer Blick kann hilfreich sein
Bei der Entscheidung, was modernisiert werden sollte, und welche Technologien und Organisationstechniken sich dafür am besten eignen, kann ein Blick von außen hilfreich sein. Externe Berater können die Gegebenheiten hinterfragen und dadurch gegebenenfalls neue Lösungsmöglichkeiten sichtbar machen. Aber auch die Teilnahme an Konferenzen oder Fortbildungen können bei diesen Entscheidungen helfen. Bei der Umsetzung empfiehlt sich dann eine Strategie der kleinen Schritte. Dadurch lässt sich am besten sicherstellen, dass alle Beteiligten „mitgenommen“ werden, und die Akzeptanz der Nutzer ist bei kleineren Veränderungen erfahrungsgemäß viel besser. Nicht zuletzt verschlingen große Umbrüche viel Geld auf einmal und haben ein deutlich höheres Risiko, zu scheitern.
Nadine Riederer ist CEO bei Avision, einem auf Software Revival spezialisierten IT-Dienstleister
Weitere Informationen unter:
https://www.avision-it.de/