Wie sich im Handel mit den richtigen Marketing-Lösungen das Kaufverhalten der Kunden zielgerichtet steuern lässt, erläutert Michael Bregulla, Head of Client Development bei der Ingenico Marketing Solutions GmbH, im Gespräch mit der TREND-REPORT-Redaktion.
Herr Bregulla, welchen Digitalisierungsgrad haben Loyalty-Programme in Deutschland inzwischen erreicht und welche Trends stellen Sie in diesem Bereich fest?
Allgemein sehen wir in der stationären Handelswelt im Zuge der so vielfältigen Digitalisierungsmöglichkeiten aber auch der Handlungsnotwendigkeit zu Veränderung eine wachsende Bereitschaft zum Ausprobieren und Erlernen neuer Dinge. Allein das stellt schon einen Trend dar, der ganz wesentlich auch auf jegliche Loyalty Ansätze abfärbt, und es ist großartig, zunächst einmal die Vielfalt der Projekte zu sehen und zu erleben!
Karten wie auch Bonus- und Rabattprogramme scheinen bei vielen Händlern und Konsumenten-zielgruppen nach wie vor eine Berechtigung zu haben, jedoch sehen wir mit der Digitalisierung riesige Chancen für eine ganzheitlichere Erfassung von Kundenverhalten und eine weitestgehende Individualisierung jeglicher Kundeninteraktion, um durch Botschaften, Incentives, aber auch Prozesse bis hin zum Kauf geradezu spielerisch zu begeistern! All das kann zu sinnvollen Ergänzungen bestehender Programme, aber auch zu ganz neuen Ansätzen der Kundenbindung führen.
Wieviel Potenzial haben Omnichannel-Loyalty-Programme in Deutschland noch?
Das Potenzial ist erheblich, insbesondere auch bei der Weiterentwicklung bestehender Programme. Die erste und zweite Welle der Kundenbindungsprogramme hat uns eine Vielzahl an proprietären und Multipartnerlösungen beschert, die aber letztlich ihr vollständiges Potenzial nicht oder nicht mehr entfalten. Das beginnt schon damit, dass man historisch den Bindungseffekt wesentlich aus dem Preisvorteil generieren wollte, aber das eigentliche Ziel, nämlich den bis dato anonymen Kunden wirklich kennenzulernen, häufig nicht vollständig umgesetzt hat. Schon heute schlummern bei vielen Händlern riesige Datenpotenziale, die gar nicht wertbringend abgeschöpft werden. Da kann man ran! Zudem hat der Kunde sein Kaufverhalten dramatisch geändert. Er sucht Interaktion, Bequemlichkeit, aber auch Erlebnis und das Gefühl, Teil einer Community zu sein. Wenn ich diese Bedürfnisse erfülle und insbesondere vorhandene Schmerzpunkte beseitige, dann produziere ich Kundenbindung. Das alles ist ein riesiges Spielfeld!
Wie kann dieses Potenzial gehoben werden?
Das ist meiner Meinung nach weniger eine Frage der Werkzeuge, als vielmehr des Mindsets, sowohl beim Handelsunternehmen als auch bei Dienstleistern. Die Bereitschaft, Neugier zu zeigen, Dinge auszuprobieren und auch wieder zu verwerfen, muss sich überall durchsetzen. Letztendlich wissen wir alle nicht, was die perfekten Instrumente und Features sind, um das Potenzial idealtypisch zu heben. Erschwert wird diese Herausforderung zusätzlich durch die Unterschiedlichkeit von Zielgruppen, Positionierungen und letztlich auch der Volatilität von Kundenverhalten.
Was aber schon für den Händler wichtig ist, ist sich technisch und organisatorisch Rahmenbedingungen zu schaffen. Das beginnt mit einer omnikanalorientierten, agil aufgestellten Marketingorganisation, der Nutzung von flexiblen, offenen Loyalty Plattformen als technologischer Grundlage, den Aufbau von Sachverstand und Werkzeugen im Analytikbereich und einer gelebten Netzwerkkultur nach außen. Das ist zunächst ein Riesenanspruch der Transformation!
Welche Technologien stehen zur Verfügung, um Daten aus allen Kanälen im Kontext des Kaufverhaltens zu analysieren, daraus eine intelligente Kundenansprache zu generieren und schließlich ein personalisiertes Kundenerlebnis zu ermöglichen?
Im Backend sind wir heute dazu in der Lage, eine gigantische Anzahl an Rechenvorgängen nahezu real-time abzuarbeiten. Das setzt natürlich voraus, dass eine Datenlage, primär natürlich Kaufinformationen, kanalübergreifend gut aufbereitet vorliegt. Wenn wir uns dann vor Augen halten, dass ein starkes Loyalty Programm vielleicht 1 Mio. aktiver Kunden führt und einen Erfahrungsschatz mehrerer Jahre birgt, dann ist das schon eine Menge! Will ich jetzt nur 1.000 unterschiedliche Angebote zielgerecht platzieren, bin ich schon bei einer Bewertung von 1 Mrd. Affinitäten auf Basis des gesamten Datenschatzes. Das geht bereits in Sekunden!
Wir haben in den letzten 2 Jahren hervorragende Erfahrungen damit gesammelt, diese Fähigkeit in Next Best Offer Ansätze, z.B. im physischen und digitalen Couponing, zu übersetzen. Die Response steigt, wenn ich statt vieler Botschaften genau die passenden ausspiele, ganz erheblich! Die Phantasie wächst natürlich, wenn ich nicht nur Produkte und Botschaften, sondern auch Incentives und angebotene Services komplett individualisieren kann. Damit spare ich Kosten, begeistere den Kunden und schone zudem noch meine Marge!