Wenn der Chef vom Bett aus lenkt
Obwohl er oft monatelang nicht aus dem Haus gehen kann und wegen seiner schweren Krankheit (CFS -Chronisches Erschöpfungssyndrom) die meiste Zeit im Bett verbringt, leitet Nadeem Arif ein international erfolgreiches Unternehmen mit mehr als 150 Mitarbeitern. Der Gründer und CEO von outsourcing4work ist ein ermutigendes Beispiel für die Kraft des Willens.
Die eindrucksvolle Geschichte des Groß-Gerauers zeigt, wie viel Menschen trotz schwerer Einschränkungen erreichen können. Vor mehr als zehn Jahren fasste der aus Pakistan stammende Unternehmer Khalid Nadeem Arif den Entschluss, sich intensiv mit der Arbeit im Homeoffice zu befassen. Lange vor Corona und den meisten anderen Unternehmen beschäftigte er sich mit den Vorteilen und Anforderungen im Homeoffice und stieß auf eine Marktlücke.
Der Grund dafür, sich auf dieses Geschäft zu fokussieren, lag aber auch in einer Erkrankung, die es Nadeem Arif phasenweise unmöglich macht, das Bett zu verlassen: ihn plagt das so genannte Chronische Erschöpfungssyndrom (CFS). Aber statt seine Firma aufzugeben, baut er sie nach und nach zu einem 100-%-Remote-Unternehmen um.
Inzwischen übernimmt das IT- und Personaldienstleistungsunternehmen outsourcing4work GmbH, Aufträge aus der ganzen Welt und beschäftigt mehr als 150 Mitarbeiter aus 20 Ländern. Sie alle arbeiten remote zusammen – aus der Ferne. Das Unternehmen ist tätig als Vermittler von indischen IT-Fachkräften. Dabei ist die innovative Infrastruktur des Unternehmens auch ein zentraler Kern des Geschäftsmodells. Manchmal ist Khalid Nadeem Arif von seiner eigenen Kraft selbst ein wenig überrascht: „Heute kann ich oft monatelang nicht aus dem Haus gehen und liege die meiste Zeit im Bett“, so Arif.
„Sobald meine Gesundheit es zulässt, fange ich an zu arbeiten, bis ich mich wieder in einem ganz stillen und dunklen Raum erholen muss. Trotz meiner Krankheiten führe ich heute, durch die Gnade Gottes, ein glückliches und sehr dankbares Leben. Mein Unternehmen führe ich seit vielen Jahren hauptsächlich von meinem Bett aus“. Der freundliche Groß-Gerauer wirkt dabei so positiv, dass seine Begeisterung und sein Eifer Menschen in einer ähnlichen Situation anstecken können. Mit seinem Beispiel möchte er aber nicht nur kranken und behinderten Menschen Mut machen, sondern jeden Interessierten dabei unterstützen, die Möglichkeiten der Remote-Arbeit für sich zu entdecken.
Auf die Frage, woher die außergewöhnliche Motivation, trotz schwerer Erkrankung ein Unternehmen zu führen – und sogar eine starke Expansion anzustreben, stammt, antwortet Nadeem Arif: „Ich lebe im besten Land der Welt wo mir alle Möglichkeiten offenstehen, nämlich in Deutschland. Ich profitiere hier vom besten Gesundheitssystem, das ich kenne und lebe hier trotz meiner schweren Erkrankungen ein gutes Leben. Es gibt aber sehr viele Menschen auf dieser Welt, die tagtäglich darum kämpfen genug zu Essen für Ihre Familien auf den Teller zu bekommen. Davon ist leider auch das Land betroffen, in dem ich geboren wurde, nämlich Pakistan. Viele haben dort, trotz einer guten Bildung, kaum eine Chance auf einen guten Job, um damit ihre Familien gut versorgen zu können. Ich möchte einen kleinen Teil dazu beitragen, um einigen dieser Menschen in Pakistan, Perspektiven auf einen gutbezahlen und zukunftsorientierten Job, auf dem internationalen Markt zu eröffnen. Mein großes Ziel ist, die wirtschaftlich sehr zurückgebliebene Stadt Rabwah (Chenab Nagar) in Pakistan, wo ich einige Jahre gelebt habe, bevor ich ausgewandert bin, zu einem IT-Hub für Remote-Arbeit zu entwickeln. In den nächsten 5 Jahren plane ich 1.000 neue Arbeitsplätze in Pakistan zu schaffen.“ Dies werden natürlich in erster Linie Remote-Arbeitsplätze. „Eine der positiven Auswirkungen meiner Krankheiten ist, dass sie mich zu einem Spezialisten für Remote-Arbeit gemacht haben“, erklärt Arif schmunzelnd.
Wie viel Arbeitszeit ist denn einem Menschen in seiner Lage überhaupt möglich? Eine Frage, auf die er ausführlich antwortet: „Ich arbeite pro Woche ca. 80 Stunden. Sie fragen sich jetzt wahrscheinlich, wie kann ein so schwerkranker Mensch so viel arbeiten. Hier kommt die Antwort mit einigen Hintergrundinformationen: Ich habe in meinem Leben schon immer sehr viel gearbeitet. In der Regel immer 60 bis 80 Stunden pro Woche. Um meine 80 Arbeitsstunden pro Woche jetzt zu verstehen, muss man erst meine Aktivitäten und meine Möglichkeiten kennen, um die Zeiten nachvollziehen zu können: Ich bin immer zuhause und liege die meiste Zeit im Bett. Sprechen verbraucht sehr viel Energie und hat oft zur Folge, dass ich anschließend starke Magenschmerzen bekomme. Also versuche ich das Sprechen auf das Nötigste zu reduzieren. CFS hat wahrscheinlich meine innere Uhr beschädigt. Ich kann, wie einige CFS -Patienten, nachts überhaupt nicht schlafen. Also nehme ich seit vielen Jahre starke Schlafmittel ein, um nachts überhaupt schlafen zu können. Trotz der Schlafmittel kann ich an manchen Nächten überhaupt nicht schlafen, an anderen Nächten kann ich erst um 2, 3 oder 4 Uhr einschlafen. Durch die oben beschriebenen Einschränkungen sind meine Aktivitätsmöglichkeiten sehr begrenzt. Sie können sich wahrscheinlich gar nicht vorstellen, wie lang ein Tag und noch länger eine Nacht sein kann, wenn man nicht schlafen und auch nichts unternehmen kann und fast die ganze Zeit im Bett liegen muss. Ich bin in der glücklichen Lage, trotz dieser Einschränkungen eine sinnvolle und produktive Arbeit zu haben. Mein Unternehmen war schon immer meine Arbeit und auch mein Hobby. Also was mache ich mit meinen Möglichkeiten in den Zeiten, in den ich nicht schlafe, esse oder anderen zwingenden menschlichen Bedürfnissen nachgehe? Ich bilde mich über eLearning-Videos fort. In YouTube kann man sich, von seinem Bett aus, über fast alles in der Welt informieren. Man muss heute nicht unbedingt zu Messen, Kongressen, Präsentationen, Diskussionen … gehen. Die Plattform ist eine wahre Goldgrube. Wenn meine Gesundheit es zulässt, arbeite ich sitzend oder liegend. Da ich grundsätzlich an keinen Kunden-, Partner- oder anderen Terminen teilnehme und das komplette Tagesgeschäft an unsere sehr selbstständig arbeitenden Mitarbeiter übertragen habe, bin ich an keine Zeiten gebunden. Ich kümmere mich hauptsächlich um die strategischen Arbeiten im Unternehmen. Diesen Arbeiten kann ich auch dann nachgehen, wenn ich im Bett liege. Dabei nutze ich sehr häufig mein Handy, um Notizen zu schreiben oder kurz mit den Mitarbeitern zu kommunizieren. Wenn ich alle Zeiten für die oben beschriebenen Aktivitäten, die ich als Arbeit betrachte, zusammenrechne, kommt man auf ca. 80 Arbeitsstunden pro Woche.“
Jedem neuen Mitarbeiter erklärt Arif in einem firmeninternen Memo, wie er das Unternehmen trotz massiver gesundheitlicher Einschränkungen führt, wie die Zusammenarbeit mit den Beschäftigten funktioniert und welche weiteren Arbeitsmöglichkeiten bei outsourcing4work bestehen. Auch Außenstehende informieren Khalid Nadeem Arif und sein Team von outsourcing4work über die vielfältigen Möglichkeiten von Remote-Arbeit. Daher veranstaltet das Unternehmen verschiedene Events und führt Webinare unter dem Titel „Remote Arbeit – so können Menschen mit Behinderung davon profitieren“ durch.
Weitere Informationen unter:
https://www.outsourcing4work.de/
https://1000jobs4rabwah.com/
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