Digitale Fabrik
Verstehen, vernetzen, verbessern: Die digitale Fabrik als Teil der ganzheitlichen Digitalisierung
Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, mit denen Unternehmen heutzutage konfrontiert sind, haben sich gewandelt: Eine globalisierte Welt, neue Arbeitsmodelle wie Remote Work, aber auch die steigende Relevanz von Nachhaltigkeitsaspekten – all diese Herausforderungen müssen Unternehmen meistern, um ihre Effizienz, Resilienz und Agilität zu steigern. Die meisten Unternehmen haben inzwischen erkannt, dass genau hier die Digitalisierung greift. Lange Zeit war das Projekt „Digitale Fabrik“ überwiegend großen Konzernen vorbehalten, die die nötigen Kapazitäten und Ressourcen aufwenden konnten. Mittlerweile haben sich Technologien sowie der Zugang zu Softwareangeboten gewandelt – Stichwort Cloud – sodass auch Mittelständlern die Möglichkeiten der digitalen Fabrik offenstehen. Doch was genau versteckt sich hinter dem Begriff?
Eine komplett digitale Fabrik – unmöglich oder kinderleicht?
Etwa um die Jahrtausendwende entstand die Grundidee einer „digitalen Fabrik“ im Markt. Sie beschrieb anfangs jedoch nur die virtuelle Planung im Sinne des Product Lifecycle Managements (PLM) – also lediglich die Modellierung und Simulation des Fertigungsprozesses im virtuellen Raum ohne Bezug zur tatsächlichen Ausführung. Mittlerweile wird darunter die ganzheitliche Betrachtung aller Abläufe innerhalb einer Fabrik unter Berücksichtigung der virtuellen und realen Gesichtspunkte verstanden. Was zu Beginn abstrakt und schwer nachzuvollziehen klingt, ist in der Praxis relativ simpel: Alle beteiligten Maschinen, Menschen, Werkzeuge und Ressourcen sollen im Endergebnis, basierend auf einem virtuellen Modell, real miteinander vernetzt sein und miteinander kommunizieren. Es geht demnach um die Digitalisierung von Abläufen. Die Kernfrage lautet: Wie kann ich Prozesse in der Fertigung durch den Einsatz von Software unterstützen und optimieren?
Aller Anfang ist schwer: Auch kleine Schritte führen zur digitalen Fabrik
Um die eigene Fertigung fit für die Zukunft zu machen, ist es keinesfalls notwendig, die gesamte Fabrik in einem Zug zu digitalisieren. Zielführender ist es, schrittweise vorzugehen und drängende Bereiche zu priorisieren. Dieser Ansatz bricht das hochkomplexe Projekt auf greifbare Prozesse sowie Arbeitsschritte herunter. Alle Aktivitäten zahlen trotzdem auf das große Gesamtziel einer möglichst digitalen Fertigung ein. Einen konkreten Startpunkt definieren Unternehmen demnach individuell entlang der gesamten Wertschöpfungskette: Für Firma A kann das die Verzahnung von Konstruktion und Produktion sein, Firma B möchte die Zusammenarbeit mit Zulieferern optimieren, während Firma C eine neue Fertigungslinie am 3D-Modell plant.
Prozessketten virtuell abbilden
Eine Möglichkeit, wie digitale Abläufe die Effizienz erhöhen, ist die Simulation von Produktionsvorgängen. Üblicherweise müssen Roboter, Maschinen oder Anlagen manuell programmiert und für diese Zeit aus dem Betrieb genommen werden. In einer digitalen Fabrik ist es möglich, virtuell abzubilden, wie sich die Bewegungen dieser Ressourcen verhalten und die Arbeitsschritte bereits am Computer zu simulieren. Der Code wird dann lediglich auf die Maschine übertragen, ohne dass die Produktion längere Zeit unterbrochen werden muss.
Die ganze Fabrik als virtuelles Modell
Die Digitalisierung in der Industrie lässt sich aber auch auf die Fabrik selbst – also die Fertigungslinien – anwenden. Häufig erstellen Unternehmen ein 3D-Modell ihrer bestehenden Hallen, um virtuell ein neues Layout zu planen. Mithilfe von speziellem Equipment, das per Laser und Kamera die Halle einmal komplett scannt, wird der Status Quo abgebildet. Das Modell berücksichtigt alle Parameter des aktuellen Fabriklayouts: vom Grundriss über Abmessungen der Maschinen und Freiräume bis hin zu Lüftungsmöglichkeiten und Medienanschlüssen. Bevor neue, kostenintensive Fertigungslinien tatsächlich angeschafft werden, können Architekten und Fabrikplaner nun anhand des 3D-Modells zusammenarbeiten. So können sie nicht nur sicherstellen, dass die Maschinen im Layout auch wirklich Platz finden, sondern auch die optimale Platzierung wählen, um Laufwege zu verkürzen und Abläufe zu beschleunigen.
Mit digitalen Lösungen zur nachhaltigen Fabrik
Das Thema Nachhaltigkeit spielt für Unternehmen in vielerlei Hinsicht eine elementare Rolle: Veränderte Kundenerwartungen, Regularien der Politik, steigende Energiepreise – die Liste ist lang. Hier kommen digitale Lösungen ins Spiel. Sie können dabei helfen, Prozesse und Produkte nachhaltiger zu gestalten. „Nachhaltigkeit“ im Unternehmenskontext lässt sich somit von verschiedenen Seiten beleuchten. Dabei stehen die Bereiche nicht nur für sich, sondern beeinflussen sich gegenseitig.
Nachhaltige Produkte
Wie klimafreundlich Produkte sind, schlägt sich insbesondere in der Wahl der verwendeten Materialien nieder. Entsprechende Softwaretools können bereits in einer frühen Phase der Entwicklung Informationen darüber anzeigen, welche Bauteile in der Konstruktion und im Betrieb am meisten CO2-Ausstoß verursachen. Auf Basis dieser Daten ist es dann möglich, Änderungen am Produkt vorzunehmen, beispielsweise ein umweltfreundlicheres Material zu wählen. Ein Beispiel ist die Softwarelösung „Sustainable Innovation Intelligence“ von Dassault Systèmes, die Unternehmen dabei unterstützt, Umweltauswirkungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu minimieren und Kreislaufwirtschaft zu fördern.
Nachhaltiges Wirtschaften
Unter diesem Punkt, der sogenannten „Business Sustainability“, ist die Fähigkeit eines Unternehmens zu verstehen, seine Geschäftsziele zu erreichen und den langfristigen Unternehmenswert zu steigern, indem es wirtschaftliche, ökologische und soziale Aspekte in seine Geschäftsstrategien integriert. Für viele Unternehmen ist ein nachhaltiger Ansatz mehr als nur ein Trend. Es ist Teil einer Strategie zur Verbesserung von unternehmerischer Nachhaltigkeit. Sie versuchen den negativen Einfluss auf Umwelt und Gesellschaft zu minimieren und sicherzustellen, dass künftigen Generationen die entsprechenden Ressourcen für ihre Bedürfnisse zur Verfügung stehen. Dazu zählen qualifizierte Fachkräfte und lebenslanges Lernen genauso wie Investitionen, die langfristig wirtschaftliche, ökologische, aber auch soziale Kosten vermeiden. Im Rahmen einer digitalen Fabrik lassen sich beispielsweise über das das Lebenszyklusmanagement der Maschinen selbst alle Vorgänge in der Fabrik transparent darstellen. Mit der Unterstützung von Predictive Maintenance, also der vorausschauenden Wartung, erkennt die Software Muster im Verhalten von Maschinen. So können sich Unternehmen rechtzeitig um Reparatur oder Ersatz kümmern – ohne, dass die Kontinuität des Betriebs gefährdet ist – und sind nicht mit plötzlichen Störungen konfrontiert.
Einheitliche Datenplattform für reibungslose Zusammenarbeit und dynamische Optimierungen
Der Grundbaustein einer digitalen Fabrik, um Prozesse zu digitalisieren und dadurch zu optimieren, sind umfassende Informationen über Maschinen, Abläufe und Ressourcen. Hier kommt der Plattformgedanke ins Spiel. Eine Datenplattform, wie beispielsweise die 3DEXPERIENCE Plattform von Dassault Systèmes, bildet die ‚Single Source of Truth‘ für alle relevanten Elemente der digitalen Fabrik und fügt das Puzzle letztendlich zu einem Gesamtbild zusammen. Sie verwaltet also nicht nur Daten zentral, sondern bündelt auch Softwareapplikationen, die in den unterschiedlichsten Prozessen zum Einsatz kommen. Gleichzeitig ermöglicht die Plattform einen Datenrückfluss: Informationen zu laufenden Prozessen werden erfasst und analysiert. Die Auswertung wird dann mit den ursprünglichen Plänen verglichen und ermöglicht Aussagen darüber, welche Prozesse Optimierungspotenzial bieten. Informationen sind auf der Plattform stets aktuell, sodass alle Mitarbeitenden auf dieselbe Datenbasis zugreifen. Zudem können die Beteiligten ortsunabhängig und dennoch kollaborativ arbeiten – ein großer Wettbewerbsvorteil, den Unternehmen besonders in Zeiten zunehmender Remote-Arbeit zu schätzen gelernt haben.
Aus der Praxis: Effizienteres Ramp-Up mit dem virtuellen Zwilling
Wie virtuelle Fertigungslinien die Produktionsleistung erheblich verbessern können, beweist der französische Automobilzulieferer Faurecia, ein Unternehmen der FORVIA Gruppe. Schon vor Beginn der Entwicklung und Produktion der ersten Automobilteile kamen der 3DEXPERIENCE Twin sowie die Simulationssoftware DELMIA auf der 3DEXPERIENCE Plattform von Dassault Systèmes zum Einsatz, um einen virtuellen Zwilling der anstehenden Produktion zu fertigen. Virtuelle Tests deckten Störungen und Stellschrauben zur Optimierung auf, was sich letzten Endes positiv auf die finale Inbetriebnahme auswirkte: reduzierte Produktionsanlaufkosten und ein sichtbar effizienteres und schnelleres Ramp-Up.
Digitalisierung ist jetzt
Die aktuelle wirtschaftliche und gesellschaftliche Lage verdeutlicht, dass Unternehmen jetzt handeln und die Digitalisierung anstoßen sollten, um langfristig am Markt erfolgreich zu bleiben. Fakt ist: An welcher Stelle ein Unternehmen damit beginnt, ist individuell. Der zunehmend einfache Zugang zu Daten – der Grundlage aller digitaler Aktivitäten – sowie preiswerte Software- und Servicelösungen, machen die vernetzte Fabrik zu einem immer beliebteren Konzept. Und auch der Mittelstand greift verstärkt auf entsprechende Methoden und Werkzeuge wie Simulation, Robotik, MES-Systeme oder Virtual Reality-Anwendungen zurück. Kein Wunder, denn die Vorteile liegen auf der Hand: Digitale Prozesse unterstützen die ressourcenschonende Produktion für mehr Nachhaltigkeit, stellen Transparenz über die Abläufe in der eigenen Fabrik sicher und optimieren dadurch Arbeitsweisen hin zu mehr Flexibilität, Effizienz – ein Mehrwert für Mitarbeitende und das Unternehmen.
Weitere Informationen unter: https://www.3ds.com/de/