Arbeiten in Zeiten der Pandemie: Wie der Corona-Virus die Digitalisierung beschleunigt  und welche Voraussetzungen Mensch und Maschine dafür mitbringen müssen​

Man kann ihn nicht sehen, hören, riechen, schmecken oder anfassen und doch stellt er unser aller Leben auf den Kopf. Physical Distancing, Aus­gangs­sperre und (selbstverordnete) Qua­rantäne lauten die Gebote der Stunde. Nur noch die notwendigsten Wege wer­den zurückgelegt – zum Supermarkt, zum Arzt, zur Arbeit. Immer­hin, was in den Niederlanden schon länger Ge­setz ist und Mitarbeitern nur mit trif­tigem Grund verwehrt werden darf, erlebt hier in Anbetracht der Umstände eine Hochkonjunktur – das Home-Office. Dabei ist die Anzahl an Heimarbeitsplätzen so stark angestiegen, dass Netflix zum Zweck der Netzentlastung die eigene Übertragungsrate drosselt.

Damit der Schritt zur Arbeit in den eigenen vier Wänden gelingt und für alle Beteiligten zum Erfolg wird, müssen allerdings die richtigen Voraussetzungen geschaffen werden. Neben einer zuverlässigen Internetverbindung mit genügend Bandbreite und einer praktikablen Hardware gehören dazu auch Videokonferenzsysteme, Kollaborations­tools und passende Cloudlösungen.

Sind die entsprechenden Mittel vorhanden, könnte aus der Not eine Tugend werden, auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel und den War for Talents. „Digital Natives erwarten, dass sie ihre Arbeit zu jeder Zeit an jedem Ort ausführen können und dafür die notwendige einfache Technologie auf den gewohnten Devices zur Verfügung haben“, weiß Günter Sandmann, Head of Central Europe and Nordics bei Workfront. „In der modernen Arbeitswelt geht es nicht um acht Stunden Anwesenheit. Es geht um die Erledigung von Aufgaben zum erforderlichen Zeitpunkt.“

Und genau dabei hilft die Work­front-Plattform, die alle Tools, Anwendungen und Daten rund um die Arbeit und ihre Aufgaben beinhaltet. Sie ist mit anderen Systemen verbunden und synchronisiert Informationen, die für die Ausführung der Aufgaben notwendig sind. „Auch werden andere Anwendungen, wie zum Beispiel Adobe Creative Tools, direkt aus der Workfront-Plattform geöffnet oder es werden in den Adobe Creative Tools Informationen aus Workfront genutzt, ohne die Anwendung zu wechseln“, ergänzt Sandmann.

In der modernen Arbeitswelt geht es nicht um acht Stunden Anwesenheit.

Insbesondere im Projektmanagement ist das Einhalten von Deadlines schon immer wichtiger gewesen als ein Arbeitstag von neun bis fünf. In ihrem Forschungsprojekt „Analyse der Akzep­tanz von Projektmanagement-Software“ befasst sich Dr. Kristin Vogelsang mit den Faktoren, auf welche ineffektive Anwendungen zurückzuführen sind.

Dr. Kristin Vogelsang, Universität Osnabrück

„Um ein kleines Blumenbeet umzugraben, benötigen Sie keinen Bagger“, ver­anschaulicht die Postdoktorandin an der Universität Osnabrück ein typisches Problem. Aufgabe und Software müssen zusammenpassen, wenn die Mitarbeiter darin einen Mehrwert sehen sollen, andernfalls wird diese nicht angewandt. „Nur durch eine Software wird niemand zum Projektmanagement-Experten. Ineffektiv ist die Anwendung dann, wenn die Programme falsch oder gar nicht genutzt werden“, führt sie weiter aus. „Oder um im Beispiel zu bleiben: Der Bagger vor dem Haus macht aus Ihnen noch lange keinen guten Gärtner.“

Dass sie zudem die Mitbegründerin des internationalen Forschungsnetzwerks zur Digitalen Transformation ist, macht deutlich, wie sehr Projektmanagement und Digitalisierung miteinander verflochten sind. „Allein die Einführung digitaler Technologien oder die Umstellung auf digital gestützte Projekte haben einen Projektcharakter“, befindet Vogelsang und

Dr. Ulrich Schnabel, Fraunhofer IAO

Thomas Schlereth, Geschäftsführer der Can Do GmbH, ergänzt: „Die digitale Transformation begünstigt die Relevanz des Projektmanagements in der gegenwärtigen Situation. Zum einen müssen Unternehmen die Digitalisierung jetzt zügig angehen und sind damit wirklich schon spät dran. Zum anderen müssen Unternehmen die Digitalisierung zielstrebig fortsetzen. Dies betrifft vor allem die Zusammenarbeit der Personen, um Vorhaben gezielt schnell und sicher umzusetzen.“

Sein Unternehmen hat eine cloudbasierte Lösung entworfen, die bei der Planung von Projekten hilft. Sie überprüft parallel, ob ausreichend Kapazitäten frei sind und ob Mitarbeiter über die angeforderten Skills verfügen. „Hoch qualifizierte Mit­arbeiter in Unternehmen haben heute ca. fünf bis zehn Fähigkeiten, die sie einbringen. Durch eine langfristige strategische Planung mit Skills kann das Unternehmen den Bedarf an Fähigkeiten, die benötigt werden, vorhersehen und entsprechend langfristig unternehmensweit planen.

Online-Special: Projektmanagement

Braucht die digitale Transformation ein neues Projektmanagement und neue Projektmanager? Genügen für die digitale Transformation die herkömmlichen Instrumente des Projektmanagements? Antworten auf diese Fragen erhalten Sie unter anderem von Gerhard Gudergan vom FIR e. V. an der RWTH Aachen, Dr. Kerstin Vogelsang, Uni Osnabrück und von Thomas Schlereth, Geschäftsführer der Can Do GmbH.

https://www.trendreport.de/projektmanagement/

Welche Fähigkeiten dabei in Zukunft relevant sein werden, weiß Lorenz Berg: „Von überragender Wichtigkeit werden die kognitiven Fähigkeiten sowie die kognitive Flexibilität sein, da diese die Grundlage guten und schnellen Lernens darstellen. Kontinuierliches Lernen ist in der digitalen Welt das Gebot der Stunde. Auch die Agilität, also die Fähigkeit und die Motivation sich auf neue Bedingungen einzustellen und beständig anzupassen, stellt eine Grund­vo­raus­setzung in der digitalen Welt dar.“ Zu guter Letzt hebt der Head of Consulting Germany bei Aon’s Assessment Solutions noch die Bedeutung der Neugier hervor, denn „nur wer neugierig ist, setzt sich proaktiv und mit einer positiven Grundeinstellung mit Innovationen aus­einander“. Durch faire, objektive und valide Online-Assesment-Verfahren können diese Skills bereits im Recruiting entsprechend erfasst werden.

Das Recruiting schafft gewissermaßen die Grundlagen für die digitale Transformation der Unternehmen, in dem es hilft, die passenden Mitarbeiter zu finden, die diesen Weg mitgehen. Vice versa nimmt die Digitalisierung selbst aber auch Einfluss auf das HR-Management. „Alle Prozesse, die sich gut automatisieren lassen, werden zukünftig und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch im HR automatisiert werden“, ist Berg überzeugt. Software aus dem Bereich „Robotic Process Automation“ (RPA) kann Texte, Sprache und Bilder erkennen sowie vordefinierte Regeln befolgen.

„Dadurch werden Prozessgeschwindigkeit bis zu 80 Prozent erhöht, Kosten bis zu 50 Prozent gesenkt“, drückt Dr. Ulrich Schnabel die Vorteile in Zahlen aus. Durch RPA werden wiederkehrende, wertschöpfungsarme Aufgaben automatisiert. „Mitarbeiter müssen rechtzeitig darauf vorbereitet werden, sich neu zu erfinden, um sich als Persönlichkeit neu zu entfalten und ihre Kreativitätspotenziale einzubringen“, mahnt der leitende Projektma­nager und Experte für Führung, Organisationsentwicklung und Transfor­mation für Kunden aus Industrie- und Dienstleistungsunternehmen des Fraun­hofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO. „Routine und Standards übernimmt RPA – Kreativarbeit bleibt beim Menschen.“

Lorenz Berg unterstützt Unternehmen bei dieser Neuausrichtung durch faire, objektive und valide Online-Assessment-Verfahren

Neue Skills für neue Technologien

Günter Sandmann erläutert die Vorteile einer
Plattform für Enterprise Work Management.
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Intelligent Work Management

RPA, IT-Automation, End-to-End-Monitoring – Mario Griffith berichtet über eine intelligente Komplettlösung.
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Mehr als Robotic Process Automation

Eine Rundumlösung und mehr als ein klassisches RPA-Produkt bietet Amdo Soft. „Unsere Software ‚b4‘ hat ein integriertes Tool mit dem Software-Roboter (b4 Bots) und IT-Agents (b4 Agents) aus einem Workflow parallel bedient werden können.“ So Mario Griffith, Geschäftsführer des Münchener Softwareherstellers. „Dabei arbeiten b4 Agents wie ein IT-Administrator im Hintergrund und automatisieren IT-relevante Prozesse, während b4 Bots Geschäftsprozesse prüfen oder automatisieren.“ Zudem beinhaltet die Lösung ein End-to-End-Monitoring, wobei Tätigkeiten echter Nutzer im Hintergrund simuliert und an definierten Messpunkten objektive Daten zu Verfügbarkeit und Leistung von Anwendungen gesammelt, protokolliert und in einem Bericht erfasst werden. „Bei Leistungseinschränkungen oder gar Ausfällen der überwachten Services wird der zuständige IT-Mitarbeiter alarmiert. Idealerweise können dann proaktive Gegenmaßnahmen eingeleitet werden, noch bevor der Endanwender betroffen ist.“

Weiterführende Hintergrundartikel:

Erfolgsfaktoren im War for Talents
Kreativität und aufwendiges Balzverhalten im Kampf um Talente sind gefragt. „Unternehmen müssen Begeisterung bei Bewerbern entfachen“, meint Sabine Hentschel und gibt Tipps zum Gelingen.
https://www.trendreport.de/erfolgsfaktoren-im-balzverhalten-um-die-premium-kandidaten/

Kandidaten wie Kunden adressieren!
Was HR vom Marketing lernen kann: Programmatic Advertising kann ein mächtiges Recruiting-Tool im Kampf um Fachkräfte sein. Wie klassisches Retargeting, Geo-Targeting, Kontext-Targeting und Prospecting im Kampf um Talente zum Einsatz kommen, erläutert David Lange in seinem Gastbeitrag.
https://www.trendreport.de/mit-programmatic-advertising-gegen-den-fachkraeftemangel/

Leider lässt sich diese Lösung nicht auf die politische Ebene übertragen. Mangels eines vorausschauenden Bots gehören Pandemie-bedingte Leistungseinschränkungen oder gar Ausfälle zum Alltag und eingeleitete Maßnahmen dienen längst nicht mehr der Prävention, sondern der Schadensbegrenzung. Immerhin beweist die Krise, dass Home-Office vielerorts möglich ist, weswegen in einer Zeit nach Corona in manchen Unternehmen eine Fortsetzung folgen dürfte. 

von Bernhard Haselbauer

CC BY-SA 4.0 DE

 
 
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