Kai Brüning, Senior Portfolio Manager, apo Asset Management erläutert im Hintergrundgespräch das Wachstumspotenzial neuer KI-Technologien im Gesundheitswesen.
Herr Brüning, inwieweit wirkt sich die Künstliche Intelligenz (KI) als zentraler Wachstumstreiber im Bereich Digital Health aus?
Wir erwarten, dass der Einsatz künstlicher Intelligenz zu einer effizienteren Gesundheitsversorgung führen kann. Es wird oft davon gesprochen, dass verschreibungspflichtige Medikamente die Kosten in die Höhe treiben. Fakt ist aber, dass diese nur 10% bis 15% der Gesundheitskosten ausmachen – und das seit Jahren recht stabil. Mit Verfahren, die sich der KI bedienen, lassen sich zum Beispiel unnötige Eingriffe vermeiden und teure Medikamente da einsetzen, wo sie die höchste Wirkung erzielen bzw. wo sie überhaupt wirken. Bekommt ein Patient zur Behandlung seiner Arthrose ein Medikament verschrieben, das er zusätzlich zu seiner Bluthochdruckmedikation einnehmen muss, so kann man mittels KI beispielsweise sehr schnell negative Wechselwirkungen der beiden Medikamente ausschließen. Der Patient bekommt die Medikamentenkombination, die gemeinsam die höchste Wirkung ohne unerwünschte Nebenwirkungen erzielt. Folgebehandlungskosten können so deutlich reduziert werden. Für Unternehmen, die solche Verfahren erfolgreich einsetzen, wirkt der Kostendruck im Gesundheitswesen deshalb nicht als Bremse, sondern sogar als Wachstumstreiber.
Kommt KI heute schon im Digital-Health-Sektor zum Einsatz? Und welche Szenarien werden in Zukunft möglich?
Die Bereiche, in denen wir kurzfristig den größten Mehrwert sehen werden, sind die bildgebende Diagnostik und die Medikamentenentwicklung. Es gibt schon eine Reihe von Softwareanwendungen, die den Arzt bei der Analyse sehr vieler CT- oder MRT-Aufnahmen unterstützen. Sie analysieren diese sehr schnell und geben dem Arzt Hinweise, welche Veränderungen oder Details er für seine Diagnose besonders genau prüfen sollte. In der Medikamentenentwicklung kann KI dabei helfen, Probandengruppen für klinische Studien optimal auszuwählen und von Beginn an ein neues Medikament nur an den Patienten zu testen, bei denen die höchste Erfolgswahrscheinlichkeit besteht. Dadurch wird die Entwicklung schneller und günstiger.
Welche Unternehmen sind es, die ihre KI-Lösungen im Digital-Health-Sektor verbreiten wollen?
Die Gesundheitsversorgung und Prophylaxe gehören zu den wichtigsten Themen für die Bevölkerung, sind dafür aber im Vergleich zu anderen Sektoren eher unterdigitalisiert. Ändern möchten dies vor allem die klassischen Technologie-Unternehmen und Gründer, die einen technologischen Hintergrund haben. Auf diesem Markt herrschen jedoch eine komplexe Regulierung und hohe Qualitätsstandards. Der finanzielle Aufwand wird dabei häufig unterschätzt. Unserer Erfahrung nach sind hier diejenigen Unternehmen erfolgreich, die technologische Innovation mit dem speziellen Know-how des Gesundheitsmarktes verbinden.
Welche Rolle spielt der Innovationsstandort Deutschland dabei?
Es ist erfreulich, dass in Deutschland viele öffentliche und private Programme im Bereich Digital Health vorhanden sind. Trotzdem besteht das Risiko, dass hoffnungsvolle Projekte und Entwickler in wesentlich finanzstärkere Regionen wie die USA abgeworben werden. Dazu kommt, dass auch China große Pläne im Bereich der Digitalisierung mit all ihren Facetten hat. Formuliert man es positiv, so kann der Druck von außen einen neuen Innovationsschub für Deutschland bringen.
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