Windräder

Warum die Förderung von Windkraft überdacht werden muss

Meinung: Gastbeitrag von Dr. Karl Tack, Vorsitzender der Kommission Energiepolitik des Wirtschaftsverbandes „DIE FAMILIENUNTERNEHMER“.

Wer sich für grünen Strom entscheidet, hegt oft folgenden Gedanken: Erneuerbare Energien und ihr Ausbau sind ein wichtiger Baustein für die Energiewende. Doch erstens kann diese Aussage per se bezweifelt werden und zweitens steckt hinter der Förderung der Erneuerbaren ein ganzes Konstrukt an kritikwürdigen Regelungen. Die Windkraft wird aus dem Topf der EEG-Umlage überfördert, die Strompreise bleiben auch wegen der Abgaben hoch. Dies zuzulassen ist, auch mit Hinblick auf die steigende Energiearmut in Deutschland, schlicht nicht vertretbar. Zumal die Branche nach wie vor keinen Beitrag zur Systemstabilität leistet, denn Speicher für überschüssigen Strom sind noch nicht in Sicht.

Förderung trotz Marktreife

Durch die EEG-Umlage erhalten erneuerbare Energien jährlich mehrere Milliarden Euro an Einspeisevergütung. Allein im Jahr 2016 sind laut BMWi über 24 Milliarden Euro an die Betreiber ausgeschüttet worden, für das Jahr 2018 prognostiziert das Ministerium knapp 28 Milliarden Euro1. Die Leidtragenden sind die Verbraucher und insbesondere die industriell geprägten Familienunternehmen, die dieses System über ihre Stromrechnung finanzieren. Was als Starthilfe gedacht war, verkommt heute zu einer Kostenfalle für die, die den Strom beziehen. Allein Privathaushalte zahlen ungefähr 36 Prozent des Jahresbeitrags der festen Vergütung pro Kilowattstunde an eingespeistem Strom2. Diese Vergütung existiert seit dem Jahr 2000. Windkraftanlagen mit Inbetriebnahmezeitpunkt bis Ende 2016 – und über eine Übergangsregelung im EEG 2017 sogar bis Ende 2018 – erhalten sie 20 Jahre lang über ein zweistufiges Modell. In den ersten fünf Betriebsjahren wird der Strom mit einem sogenannten Anfangswert vergütet. Ab dem sechsten hingegen erfolgt die Auszahlung über einen geringeren Grundwert, der für jede erzeugte Kilowattstunde fällig wird. Tatsache ist jedoch, dass der höhere Anfangswert unter bestimmten Voraussetzungen auch über die ersten fünf Jahre hinaus gewährt werden kann. Als Parameter dafür dient der Ertrag der Anlage in den ersten fünf Betriebsjahren. Die tatsächlich produzierte Strommenge wird dazu mit einem Referenzwert verglichen. Anhand dieser Werte wird für die Windkraftanlage die Vergütung für die nächsten 15 Jahre ermittelt. Dabei gilt: Je weiter die tatsächlich produzierte Strommenge unter dem Referenzertrag liegt, desto länger erhält die geprüfte Anlage den Anfangswert der Förderung. Und ist diese Verlängerung erst einmal gewährt, findet in der folgenden Zeitspanne keine weitere Prüfung statt. Damit fallen für bis zu 15 Jahre weitere Kosten an, die unterm Strich vom Verbraucher getragen werden. Selbst mit der Einführung des EEG 2017 reagierte der Gesetzgeber auf diesen Missstand nur halbherzig. Für alle bis 2018 errichteten Anlagen, die nicht am Ausschreibungssystem teilnehmen, wird der Standortertrag spätestens nach 10 Jahren Betrieb noch einmal mit dem Referenzertrag abgeglichen und die Vergütung gegebenenfalls auf den Grundwert reduziert. Danach erfolgt keine Überprüfung mehr.

Dr. Karl Tack ist Vorsitzender der Kommission Energiepolitik des Verbandes DIE FAMILIENUNTERNEHMER.

Dr. Karl Tack ist Vorsitzender der Kommission Energiepolitik des Verbandes DIE
FAMILIENUNTERNEHMER.

Dabei war die erhöhte Vergütung ursprünglich als Ausnahmefall gedacht, bereits 2014
bezogen sie aber fast 60 Prozent aller Windkraftanlagen über die gesamte Förderdauer3. 94 Prozent der Anlagen wurde eine Verlängerung der erhöhten Anfangsvergütung gewährt. Das schließt Windparks sowohl in windarmen wie in windreichen Regionen ein. Jüngste Beispiele aus den Ausschreibungsrunden im Jahr 2017 zeigen jedoch, dass der Betrieb von Windkraftanlagen auch ohne Subventionen auskommt. Das sind nicht die einzigen Punkte, die nachdenklich stimmen sollten. Wie sieht es zum Beispiel mit der Entwicklung von Stromspeichern aus?

Wohin mit überschüssiger Energie?

Erneuerbare Energien sind stark vom Wetter abhängig, was bis dato das Problem einer schlechten Planbarkeit mit sich bringt. Produziert ein Windpark an manchen Tagen kaum Strom, ist es an windreichen so viel, dass mehr Energie generiert wird als benötigt. Ideal wäre es, diesen Überschuss zu speichern. Fakt ist jedoch: Die produzierte Menge an Strom in privaten Haushalten ist in ihrer überschaubaren Menge speicherbar, für größere Dimensionen gilt das dagegen noch nicht. Diesbezüglich informierte der BINE Informationsdienst des Leibniz-Instituts für Informationsstruktur bereits im Jahr 2013 über damalige Untersuchungen eines interdisziplinären Forscherteams zu Möglichkeiten der Zwischenspeicherung4. Die Liste möglicher Methoden für den industriellen Gebrauch ist lang: So sind Pumpspeicherkraftwerke theoretisch in der Lage, Wasser in stromreichen Zeiten in
höher gelegene Becken zu pumpen und später über Generatoren wieder hinunterfließen zu lassen. Druckluftspeicher, die mit überschüssiger Energie Luft komprimieren und sie im Bedarfsfall wieder abgeben, sind eine weitere Alternative. Als bisher vielversprechendstes Projekt gilt das Redox-Flow-Modell, bei dem mit Polymeren gesättigtes Salzwasser Energie aufnimmt und wieder abgeben kann wie bei einer Batterie. Ebenfalls im Forschungsstadium befinden sich sogenannte Power-to-X-Technologien.

Noch keine Lösung in Sicht

Ein Mangel an Möglichkeiten zur Speicherung herrscht offensichtlich nicht. Passiert ist in den letzten Jahren trotzdem wenig. Obwohl Windkraft hoch subventioniert und jedes Jahr mit Milliarden Euro an Einspeisevergütung gefördert wird, gibt es bis heute keinerlei Anreize, überschüssige Energie zu speichern und diese somit am Markt zu verkaufen. In einigen Bundesländern verpufft sogar bis zu 20 Prozent der über Windkraftanlagen gewonnenen Energie, wenn es zu stark weht5. Um einer Überlastung der Netze zuvorzukommen, schalten die Betreiber in diesen Fällen die Windräder ab oder stellen sie gegen die Windrichtung, sodass sie sich nicht mehr drehen können. Eine Förderung erfolgt dennoch. Hinzu kommt, dass die gesicherte Leistung deutscher Windparks nach Meinung von Experten nicht mehr als 1 Prozent beträgt, sodass immer noch ein fossiler Kraftwerkspark als Back-up notwendig ist, der die gesamte Nachfrage decken kann6. Die Branche hat die Marktreife bereits erreicht, streicht trotzdem Fördergelder ein und treibt die Entwicklung von Energiespeichern nur sehr langsam voran. Es stellt sich die Frage: Wie kann das sein?

Model überdenken

DIE FAMILIENUNTERNEHMER sind der Meinung, dass Windkraftanlagen nicht überfördert werden dürfen. Sie müssen nicht nur wirtschaftlich Strom produzieren und einspeisen, sondern auch ihren Beitrag zur Systemstabilisierung, zum Beispiel zur Haltung der Netzfrequenz und Netzspannung, leisten. Obwohl Windenergie diese Systemleistungen inzwischen bieten könnte, gibt es keinerlei Anreize für Anbieter, diese Leistungen auch tatsächlich zu liefern. Auch Kosten der Systemstabilisierung werden ihnen nicht angelastet, stattdessen werden sie zusätzlich gefördert. All das zahlen die Verbraucher. Der gesetzliche Rahmen muss endlich innovative Lösungen anreizen und vor allem deren Umsetzung fordern.
Die Windkraft ist für unsere Zukunft bedeutend. Deren Überförderung und üppige Renditen der Investoren zulasten der Verbraucher sind es keinesfalls.

Über den Autor:

Dr. Karl Tack ist Vorsitzender der Kommission Energiepolitik des Verbandes DIE FAMILIENUNTERNEHMER. In dieser Position macht er sich für eine marktwirtschaftliche und technologieoffene Energiepolitik stark, die auch tatsächlich den Klimaschutz im Fokus hat. Dr. Tack war bis vor Kurzem 28 Jahre lang geschäftsführender Gesellschafter der Gebrüder Rhodius GmbH & Co. KG, eines der größten mittelständischen Unternehmens der Eifel. Im Jahr 2017 wechselte er zugunsten seiner Kinder in den Beirat. Dem Verband der Familienunternehmer gehört er seit 1990 an. Im April 2013 wurde Dr. Karl Tack in das Präsidium des Verbandes DIE FAMILIENUNTERNEHMER – ASU gewählt. Darüber hinaus wurde er im April 2015 und Mai 2017 in den Bundesvorstand des
Verbandes berufen.

 

1 BMWi, EEG in Zahlen: Vergütungen, Differenzkosten und EEG-Umlage 2000 bis 2018.

2 Statista, Zu tragende Kosten aus dem EEG in Deutschland nach Verbrauchergruppen im Jahr 2017 (in Milliarden Euro): https://de.statista.com/statistik/daten/studie/260551/umfrage/kostenanteile-aus-dem-eeg-in-deutschland-nach-verbrauchergruppen/

3 Leipziger Institut für Energie, Marktanalyse – Windenergie an im Auftrag des BMWi.

4 http://www.bine.info/publikationen/publikation/windenergie-unter-tage-speichern/

5 http://www.love-green.de/themen/energie/ueberschuessige-windkraft-nutzen-id7921.html

6 Linnemann, Thomas u. Vallana, Guido S. „Windenergie in Deutschland und Europa. Status quo, Potenziale und Herausforderungen in der Grundversorgung mit Elektrizität. Teil 1: Entwicklungen in Deutschland seit dem Jahr 2010.“ Essen 2017, Seite 70.