Usability-Studie: Banken im mobilen Stresstest

Der Siegeszug des Smartphones hat die Digitalisierung von Produkten und Serviceleistungen in allen Branchen enorm beschleunigt. Im Bankgeschäft lässt sich dieser Trend an der sprunghaften Zunahme von Kunden ablesen, die Mobile Banking nutzen. Wie gut sind die Banken darauf eingestellt?

An den Ergebnissen der Usability-Studie von Sevenval Consulting ist klar zu erkennen, dass klassische Filialbanken bemüht sind, ihr bisheriges Produktangebot in die Online-Welt zu übertragen.

Die Usability-Untersuchung folgt dabei einer vollständigen Customer Journey. Bewertet wird unter anderem der Einstieg via Google-Suchergebnissen, die mobile Darstellung der Service- und Produktinformationen und die Beantragung eines Girokontos,
Im Ergebnisüberblick wird deutlich: Während Direktbanken wie die ING-DiBa ihre Produkte für den Online-Vertrieb optimiert haben, fällt es Instituten mit traditionellen Vertriebsstrategien schwer ihre komplexen Produkte online verständlich und vorteilhaft zu präsentieren.
Auch FinTech-Startups wie NUMBER26 sind bei der wachsenden mobilen Internetnutzung im Vorteil: Sie treten ohne Ballast aus herkömmlichen Bankgeschäften auf und können ihr Angebot für den mobilen Internetnutzer maßschneidern.

Zur Methodik der Studie

Die Benchmarkstudie „Usability mobiler Produktdarstellungen und Abschlussprozesse bei Banken in Deutschland, Österreich und der Schweiz“ analysiert 13 ausgewählte Banken (siehe Logoübersicht) anhand von 23 Kriterien mit zahlreichen Detailaspekten in fünf Untersuchungsfeldern.
Um diese Auswahl zu treffen, wurden die mobilen Webangebote von 46 Banken aus Deutschland, Österreich und der Schweiz untersucht. Berücksichtigt wurden solche Anbieter, die Neukunden die Produktrecherche und Beantragung von Girokonten in für Smartphones optimierter Form ermöglichen.
Viele namhafte Banken erfüllten die Voraussetzungen nicht und wurden daher nicht in die Studie aufgenommen:  Dazu gehören auch Großbanken wie die Deutsche Bank, die Commerzbank, Postfinance und die UBS.

Zusammenfassung der Ergebnisse:

Die Mehrheit der Anbieter weist erhebliche Usability-Mängel auf
Nur drei Banken errangen im Test eine weitgehend ordentliche Usability-Beurteilung: Die Zürcher Kantonalbank (ZKB), das FinTech-Startup NUMBER26 und die Direktbank ING-DiBa verpassten nur knapp das Gesamturteil „gut“. Bei allen anderen Anbietern identifizierte die Studie zum Teil erheblichen Optimierungsbedarf.

Responsive Web Design ist kein Garant für gute Usability

Mangelnde Optimierung der desktop-lastigen Layouts für die Nutzung auf dem Smartphone führt bei einigen Anbietern mit OneWeb-Ansatz zu unübersichtlichen und schwer navigierbaren Start- und Produktseiten. Der OneWeb-Ansatz ermöglicht den Zugang via einer URL. Eine Geräteerkennung sorgt im Anschluss für eine für das jeweilige Endgerät aufbereitete Darstellung – diese ist jedoch den meisten Banken im Test nur unzureichend gelungen. Weitere Anzeichen für unzulängliche Anpassungen sind unverständliche Icon-Leisten und abgeschnittene Text- und Seitenelemente.

Mobile Antragsprozesse sind nicht State of the Art

Viele Anbieter im Test weisen zum Teil eklatante Schwächen beim Design des Antragsprozesses auf. Fehlende Fortschrittsanzeigen, unzureichende Unterstützung bei Fehleingaben, unübersichtliche oder fehlende Zusammenfassungsseiten und mangelnde Optimierung der Eingabefelder für mobile Nutzung sind nur einige der häufig beobachteten Probleme. Die Banken sollten sich diesbezüglich an den großen Onlineshops orientieren, die Formular- und Workflowdesign der mobilen Bestellprozesse weitgehend optimiert haben.

„Klassische Filialbanken tun sich am schwersten damit, Online und Mobile als Vertriebskanal effektiv zu nutzen. Dabei könnten sie mit einer wirksamen Cross-Channel- oder No-Line-Strategie ihre Stärken gegenüber reinen Onlinern deutlich besser ausspielen. Das es auch Traditionsbanken zu einer ordentlichen Usability auf mobilen Endgeräten bringen können, zeigt das erfreuliche Beispiel der Zürcher Kantonalbank.“

Sascha Langfus,
Vice President Consulting

Hohe Anzahl an Angaben und verschleierte Offline-Prozesse

Dem Nutzer möglichst wenige Eingaben abzuverlangen ist ein wichtiger Beitrag für die Steigerung mobiler Produktverkäufe. Die Anzahl der Pflichtangaben variiert bei den Antragsprozessen von Anbieter zu Anbieter erheblich. Hier scheint es für einige Banken noch großes Optimierungspotential zu geben.

Auf der anderen Seite begnügen sich andere Antragsprozesse mit rudimentären Informationen. Die BAWAG PSK lädt den Kunden gar unverblümt zum obligatorischen Beratungsgespräch ein – den Ausdruck seiner zuvor mobil eingegebenen Angaben soll er mitbringen. Sinn und Mehrwert eines „Online-Abschlusses“ stehen bei solchen Prozessen in Frage.

Erheblicher Nachholbedarf bei der Ladeperformance

Von den getesteten Websites unterschreitet mit der Sparkasse Hannover lediglich ein Anbieter die entscheidende 5-Sekundenschwelle beim Laden der Seite mit einer Mobilfunkverbindung. Nach diesem Zeitfenster bricht bereits ein signifikanter Anteil der Nutzer den Besuch auf einer Seite ab – dies ist durch verschiedene Studien belegt. Mit der Comdirect und NUMBER26 gibt es nur zwei weitere Anbieter, die unter 10 Sekunden bleiben. Die Erste Bank aus Österreich bildet mit fast 46 Sekunden Ladezeit das Schlusslicht der Untersuchung. Insgesamt gibt es für die Banken also noch deutliches Verbesserungspotenzial, um die Besucherzahlen und Conversion Rate ihrer mobilen Plattformen nicht durch mangelhafte Ladeperformance zu beeinträchtigen.
Für die Messung der Performance wurde über sieben Tage dreimal täglich die Startseite der getesteten Webangebote aufgerufen. Dabei wurde der Zugriff mit einem Apple iPhone 6 und eine Mobilfunkverbindung auf UMTS-Niveau simuliert.

Weitere Informationen unter:
www.sevenval.com

 

Bildquelle / Lizenz: Sevenval

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