Optimierter Einkauf von Übersetzungsdienstleistungen

Der Einkauf von Übersetzungsdienstleistungen ist keine leichte Sache, weiß die Expertin für Sprachdienstleistungen, Vanessa Hirthe-Steinle, Produktmanager für die Online-Plattform crossMarket. Sie erläutert im Gespräch mit der Redaktion Hintergründe und gibt Tipps, wie Unternehmen kostensenkend optimieren können.

 

Frau Hirthe-Steinle, was unterscheidet Übersetzungen von anderen Produkten?

Nun, sie sind selten standardisierbar. Schließlich sind die Quelltexte von unterschiedlicher Natur. Manchmal handelt es sich um vergleichsweise einfache Texte, manchmal um komplexe Gebilde mit zahlreichen technischen Details.

Hinzu kommen die Sprachpaare. Während es vergleichsweise einfach ist, Übersetzer zu finden, die Sprachpaare wie Deutsch-Englisch bedienen, wird es bei Sprachen wie Hebräisch eher schwierig. Außerdem ist es problematisch, die Übersetzungsqualität zu bewerten, da sie in der Regel durch die Anforderungen des Kunden definiert ist.

Hinzu kommt, dass es bei der Definition viele Variablen gibt, so dass es schwierig ist, entsprechende Messgrößen zu bestimmen. Von daher ist die Arbeit qualitativ schwer messbar.

 

Wie können Auftraggeber dem Übersetzungspartner die Arbeit erleichtern und damit möglichst ihre eigenen Anforderungen erfüllen?

Nehmen wir ein einfaches Beispiel. Eine Arbeitsanweisung lautet: „Fußböden in den Büros reinigen!“ Diese ist mehr oder weniger beliebig interpretierbar. Soll der Boden gesaugt, nass gewischt oder versiegelt werden? Welche Reinigungsmittel dürfen/sollen verwendet werden? Muss manuell oder maschinell geputzt werden? M

ein Tipp: Formulieren Sie Ihre Anforderungen so klar und konkret wie möglich! So ergibt sich für den Dienstleister kein Verständnisspielraum.

 

Können Sie das an einem Beispiel aus der Praxis erläutern?

Stellen Sie sich ein produzierendes Unternehmen aus der DACH-Region vor, das pro Jahr ein Übersetzungsvolumen von mehr als 500.000 Euro hat! Die Übersetzungen sind immer eilig und die zuständigen Koordinatoren haben keinen Einfluss darauf, wann die Abteilungen oder Niederlassungen Texte zur Übersetzung anfordern. Der Einkauf hat vorgegeben, dass drei definierte Lieferanten beauftragt werden dürfen und natürlich sollen die Übersetzungen möglichst kostengünstig sein. Die Sprachpaare sind höchst unterschiedlicher Natur.

Damit das Unternehmen über einen Pool geeigneter Übersetzer bzw. Sprachdienstleister verfügt, sollte es u.a. definieren, wie hoch z.B. das Sprachvolumen ist und welche Sprachkombinationen tatsächlich relevant sind. So können die Übersetzungskoordinatoren die Aufträge besser und möglichst preisgünstig vergeben.

 

Wovon hängt denn der Übersetzungspreis ab? Doch nicht nur von der Menge der zu übersetzenden Wörter, oder?

Nein, sicherlich ist der Wortpreis wichtig, aber auch die Zahl der Übereinstimmungen und die Leistungsinhalte. Die Frage lautet nicht, wie sich der Preis reduzieren lässt, sondern vielmehr wie Kleinstübersetzungen vermieden und damit Aufwände reduziert werden können. Denn in der Regel fordern Übersetzer Mindestpreise und die schlagen insbesondere bei Kleinstübersetzungen ins Gewicht.

Hierzu ein paar Beispielzahlen aus der Praxis: Während 26 € für eine Übersetzung von weniger als 60 Wörter durchaus üblich sind, fordern Übersetzer bei weniger als 1.000 Wörter lediglich 50 € als Mindestpreis. Das bedeutet, dass bei weniger als 60 Wörter ein Preis von 0,43 € zu Buche schlägt, sind es bei weniger als 1000 Wörter gerade mal 0,05 € pro Wort. Von daher sollten Unternehmen dafür sorgen, dass Sie erst ab einem gewissen Textvolumen Übersetzer beauftragen.

 

Wie schaut es mit den sogenannten Eilaufträgen aus?

Hier besteht zunächst die Frage, was ein Eilauftrag ist. Sind das max. 2.000 oder 1.500 Wörter pro Werktag? Wann soll der Übersetzer liefern? Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass ein Auftrag in Abhängigkeit von Volumen, Liefertermin und erwartete Leistung in Kombination als eilig definiert werden kann. Der Übersetzungspartner kann hier einen entsprechenden Eilzuschlag fordern.

Im Übrigen spielen hierbei auch die Zeitzonen eine wichtige Rolle. Auftraggeber sind deshalb gefordert, konkret zu definieren, um wieviel Uhr sie nach welcher Zeitzone die Übersetzung erhalten müssen.

 

Was sollten Unternehmen außerdem beachten, wenn sie Übersetzungen beauftragen?

Zum einen sollten sie die Währung berücksichtigen, mit der die Rechnung ausgestellt wird. Schließlich ist sie gewissen Schwankungen unterlegen. Zum zweiten, so unsere Empfehlung, sollte das Unternehmen nur Übersetzer beauftragen, die über eine Translation-Memory-Software verfügen.

Der Grund ist einfach. Hier können Dienstleister auf bereits übersetzte Texteinheiten zurückgreifen. Wir reden hier von entsprechenden Matches, also Übereinstimmungen. Darüber hinaus steigert der Einsatz einer Translation-Memory-Software über eine einheitliche Verwendung der Begriffe die Übersetzungsqualität.

 

Wie können Unternehmen die Kosten für Übersetzungen sonst noch reduzieren?

Das Geld liegt im Prozess. Visualisieren Sie diesen, um mögliche Schwachstellen aufzudecken! Denn, wenn Sie Prozesse optimieren, können Sie weitaus mehr Geld einsparen als durch Preisdiskussionen mit Ihren Lieferanten.

Die Verwaltung und die Administration von Prozessen sind die größeren Kostenverursacher. Eine geschlossene Lieferkette mit passenden Schnittstellen, sodass der Übersetzer die Arbeitsumgebung vorfindet, die er benötigt, hilft, die Aufwände zu reduzieren.

 

Sie sind Produktmanager der Online-Plattform crossMarket, auf der Industrie-Unternehmen passende Übersetzer finden. Bitte beschreiben Sie kurz, was es damit auf sich hat!

Da sich der Übersetzungsmarkt im Allgemeinen eher intransparent und unübersichtlich darstellt, ist die Suche nach passenden Übersetzungspartnern oft eine Herausforderung. crossMarket wurde entwickelt, um Übersetzer, Übersetzungs- und Industrieunternehmen einfacher für gemeinsame Projekte zusammenzubringen.

Unser Online-Netzwerk unterstützt Auftraggeber dabei, sich anhand aussagekräftiger Profile der Übersetzer und Übersetzungsunternehmen schneller ein Bild von deren Kompetenzen zu machen. Sie können beispielsweise auch schnell Übersetzer finden, die eher ungewöhnliche Sprachpaare bedienen.

 

Frau Hirthe-Steinle, vielen Dank für das Gespräch.

 

 

Weiterführende Informationen finden Sie unter:
https://www.crossmarket.net/

 

Unsere Interviewpartnerin

Vanessa Hirthe-Steinle

Vanessa Hirthe-Steinle verantwortet als Produktmanager für die Online-Plattform crossMarket u.a. die Weiterentwicklung des Features Job Board. Zu ihren Tätigkeitsschwerpunkten im Rahmen des Produktmanagements gehören außerdem die internationalen Netzwerkaktivitäten. Nach ihrem Studium der Germanistik, Geschichts- und Politikwissenschaft arbeitete sie mehrere Jahre als Projektmanager und Business Development Manager für Sprachdienstleister in Deutschland und der Schweiz. Vanessa Hirthe-Steinle startete 2013 ihre Karriere bei der Across Systems GmbH als Teamleiter Language Service Providers und betreute dabei internationale Sprachdienstleister in allen Belangen rund um die Across Übersetzungstechnologien.

 

 

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